Band 5 - Blutlied
war nicht besonders gut darin, mir selbst einzureden, dass ich etwas nicht haben konnte, wenn ich es aber haben wol te.
Minias' Blick wanderte durch mein Zimmer, während ich in Unterwäsche auf meinem Bett saß und versuchte, nicht zu zittern. »Du hast so interessante Gedanken«, sagte er leichtfertig. »Kein Wunder, dass Hexen so vergänglich sind.
Ihr treibt euch selbst in den Wahnsinn. Du sol test einfach tun, was du wil st, ohne al diese Gewissenserforschung.«
Seine Ziegenaugen richteten sich wieder auf mich, und ich fühlte, wie mein Magen sich verkrampfte. »Auf lange Sicht ist das einfacher, Rachel Mariana Morgan.«
Mein Puls verlangsamte sich, und ich fing an zu glauben, dass ich das überleben würde. »Einfach nur Rachel ist in Ordnung«, sagte ich, weil ich es nicht mochte, dass er meinen zweiten Vornamen aussprach.
Er hob eine einzelne Augenbraue. »Du scheinst in Ordnung zu sein. Irgendein Drang, unter dem Mond zu laufen?«
Ich weigerte mich zurückzuweichen und ließ ihn nah genug kommen, dass ich deutlich den Geruch nach verbranntem Bernstein wahrnehmen konnte. »Nein. Wo ist der Fokus?«
»Verspürst du das Verlangen, anderen Leuten die Kehle herauszureißen?«
»Nur deine. Wer hat den Fokus? Du hast ihn herausgenommen, wo ist er?«
Er richtete sich auf, und mir fiel auf, wie groß er war. »Ceri hat ihn herausgeholt, nicht ich. Und wenn es einen Weg gegeben hätte, dafür zu sorgen, dass sie es falsch macht, hätte ich es getan.«
»Sag mir einfach, wer den verdammten Fokus hat«, rief ich, und er kicherte.
»Dein Alpha«, sagte er, und mein Magen wurde ein einziger Knoten. David? Wir sind wieder ganz am Anfang.
»Er hat sich in ihm niedergelassen, als wol te er dorthin«, fügte der Dämon hinzu, und mein Herz schien auszusetzen.
David hatte nicht den Fokus in seinem Besitz, sondern der Fokus hatte Besitz von ihm ergriffen? So wie er es in mir getan hatte?
»Wo ist er?«, fragte ich und sprang von meinem Bett. Aber ich konnte nirgendwo hin.
»Woher sol ich das wissen?« Minias nahm eine Flasche, schnüffelte daran und verzog angewidert das Gesicht. »Er geht besser damit um als du. Er wurde für einen Werwolf gemacht, nicht für eine Hexe. Ihn in dich aufzunehmen war dumm. Als hättest du ein Stück metal isches Sodium in einen Eimer Wasser geworfen.« Die Flasche landete mit einem Klicken wieder auf dem Tisch.
Ich bewegte mich unruhig und wusste nicht, ob ich ihm glauben sol te. »Er ist in Ordnung?«
»Mehr als das«, erklärte Minias lang gezogen und spielte weiter mit meinen Parfümflaschen. »Dass du den Fokus den Werwölfen gegeben hast, wird noch zurückkommen und dich in den Hintern beißen, aber es hat das bewirkt, was du wol test.« Seine ziegenartigen Augen suchten wieder meine, und meine Anspannung stieg. »Die Werwölfe sind glücklich, und die Vampire denken, er ist zerstört. Richtig?«
Richtig. »Mir geht's prima«, sagte ich knapp und versteckte meine Angst hinter Frechheit. »Du kannst jetzt gehen.«
»Die Elfe hat es getan«, sagte er und schüttelte den Kopf.
»AI ist ein besserer Lehrmeister, als ich gedacht hatte. Er hat sie sehr gut unterrichtet, wenn sie fähig war, einen Fluch wie diesen zu entwinden und dich. . relativ unbeschadet zurückzulassen. Kein Wunder, dass er sie tausend Jahre lang behalten hat.«
Mit angewidertem Gesicht roch er an noch einer Flasche und stel te sie wieder ab. »AI rast vor Wut«, sagte er beiläufig, und damit verschwand sogar mein aufgesetzter Mut. »Sie haben ihn erwischt, Sekunden nachdem du ihn auf unsere Seite der Linien geworfen hast. Er steckt in seiner persönlichen Höl e. Und du schuldest ihm immer noch einen Gefal en.« Er schnüffelte an einem dritten Parfüm und schaute mich eindringlich an. »Ich frage mich, was es werden wird?«
»Mir geht's gut. Raus«, wiederholte ich.
»Kann ich das haben?«, fragte er und hielt eine Flasche hoch.
»Wenn du verschwindest, kannst du sie al e haben.«
Der Flakon verschwand aus seinen Fingern. »Eine letzte Sache noch«, sagte er mit einem seltsamen Glitzern in den Augen. »Der Fokus?«
Ich versteifte mich, und Angst breitete sich in meinem gesamten Sein aus. »Yeah?«
»Das war es nicht, was Newt gesucht hat, als sie deine Kirche auseinandergenommen hat.«
Er fing an zu verschwinden, und ich trat verängstigt einen Schritt nach vorne. »Wonach hat sie dann gesucht?«
Ich habe nicht die leiseste Ahnung, hörte ich in meinen Gedanken.
»Warte!«, schrie ich.
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