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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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Mann. Ich verfüge über große Reichtümer in fernen Ländern.«
    »Mein Gott«, stöhnte Strass. »Gleich werden Sie sagen, guten Tag, ich komme aus dem Morgenland und bringe goldene Gaben. Ich halte es nicht aus!«
    »Schweigen Sie!« herrschte Amery ihn an. »Es ist meine Rolle. Ich spiele sie, ich gestalte sie. Ich bin Amery. Haben Sie das schon vergessen?«
    »Die Frau ist jung, aber sie ist nicht naiv. Sie ist intelligent und einigermaßen gebildet. Der Umgang mit reichen und schwerreichen Großkunden ist ihr vertraut. Sie können unmöglich mit dieser Märchenprinznummer kommen.«
    »Wir waren uns einig, daß es mir überlassen bleibt, wie ich die Rolle anlege.«
    »Dieser Anzug. Das ist übelste Schmierenkomödie. Fehlt bloß noch der Panamahut!«
    »Dann sagen Sie Ernst doch, er soll es selbst machen«, sagte Amery kalt.
    Strass schwieg. Amery wußte, weshalb. Ernst hatte es selbst versucht und war gescheitert. Jetzt war er am Zuge. Er würde es besser machen. Er war unerreicht. Es würde die Rolle seines Lebens werden.
    »Sie werden nie wieder in Ihrem Leben einen Vorhang haben, wenn Sie es versauen.« Strass bediente sich von einer Platte mit Petit fours, die auf einem Glastisch neben seinem Sessel stand. Er schob sich zwei der zuckrigen Häppchen gleichzeitig in den Mund und schmatzte laut.
    »Hat Ernst das gesagt?« wollte Amery wissen.
    Strass hob die Schultern, mit vollen Backen kauend.
    Amery betrachtete ihn angewidert. »Wo steckt er überhaupt? Wird er auch dabeisein?«
    »Nein, diesmal nicht. Er hat sich in einem kleinen Hotel in der Nähe einquartiert. Er wird Ihnen am Abend davor noch mal letzte Instruktionen geben. Sie sollten sich über jede Einzelheit Notizen machen, damit Sie nichts durcheinanderwerfen.«
    Amery maß ihn mit vor Verachtung schmalen Lippen. »Ich habe ein eidetisches Gedächtnis, Sie Kretin.«
    »Was ist das schon wieder?« wollte Strass argwöhnisch wissen. »Was ich höre, merke ich mir. Für immer.«
    »Nein, ich meine das andere. Was Sie da am Schluß gesagt haben.«

    Hildas Hand hielt mitten in der Bewegung inne, unmittelbar vor ihrem geöffneten Mund. Die rotlackierten Nägel quetschten das Marshmallow zusammen, und eine Sekunde lang spiegelte sich in ihren Augen das kindliche Verlangen, sich die Süßigkeit zwischen die Zähne zu stopfen und herunterzuschlingen. Sie spürte hilflos, wie sich der Speichel in ihrem Mund sammelte. Mit einer schnellen Bewegung legte sie das Marshmallow neben ihre PC-Tastatur, dorthin, wo Johanna es nicht sehen konnte.
    »Guten Morgen«, sagte sie und räusperte sich. Sie haßte sich für den devoten Ton in ihrer Stimme. Sie konnte nichts dagegen tun. Immer, wenn Johanna zusammen mit ihr in einem Raum war, kam sie sich minderwertig vor, so als seien sie beide zwar aus demselben Rohstoff, aber von unterschiedlicher Qualität. Johanna war der geschliffene Diamant, sie war das Stück Kohle. Sie war vierunddreißig, sechs Jahre älter als Johanna. Sie war groß und brünett, hatte ein herzförmiges, hübsches Gesicht und einen üppig gerundeten Körper, den sie abwechselnd mit Süßigkeiten mästete und mit Diäten quälte.
    Johanna, die in der geöffneten Tür stand, sah durch sie hindurch. »Morgen, Hilda. Anrufe?«
    »Ein neuer Kunde. Will eine Zweimillionen-Stiftung von Todes wegen errichten, was für Jagdunfallopfer.«
    »Jagdunfallopfer«, wiederholte Johanna geistesabweisend. »Verrückt, oder? Baron von Sowieso, ich hab’s notiert. Letztes Jahr wurde bei einer Treibjagd sein bester Hund erschossen. Wenn Sie mich fragen, war er’s selbst und will’s auf diese Weise büßen.« Hilda fuhr mit dem Zeigefinger über ihre Notizen. »Dann ein Anruf aus München. Vom Finanzamt für Körperschaften. Betrifft die neue Blindenstiftung. Die sehen Probleme bei der Ausstellung der Nichtveranlagungsbescheinigung. Ein paar Formulierungen beim Stiftungszweck gefallen ihnen nicht. Ich hab gesagt, Sie rufen heute noch zurück.«
    »Danke. Und Post? Was Besonderes da?«
    Hilda schüttelte den Kopf. »Bloß das Übliche. Ach nein, es ist etwas von einem Staatsanwalt Jäger dabei. Ein Fax. War heute früh schon da, als ich kam. Ist gestern abend durchgegeben worden.« Sie stand auf, nahm einen Stapel Papiere aus dem Posteingangskorb auf ihrem Schreibtisch und brachte ihn ihrer Chefin. Ihrer unauffälligen Musterung entging nicht, daß Johanna seit dem Tod Klingenbergs an Gewicht verloren hatte. Sie war noch zarter als sonst, fast kindhaft mager. Unter

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