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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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vorhin ihre Freundin eingetroffen. Jetzt sitzen sie auf den gepolsterten Stühlen in der Ecke. Ich sehe sie nicht wirklich gut, eigentlich nur ihren Stiefel, den sie manchmal übers Knie schwingt, und trotzdem ist ihre Anwesenheit wie ein Scheinwerfer, der schonungslos auf meine Sehnsucht nach Nähe gerichtet ist.

4/4 – Samstag

    Wenn mich niemand ansieht, existiere ich nicht, insbesondere, wenn ich niemanden sehe, der mich ansieht. Deshalb habe ich lange einfach vor mich hin gestarrt, bis ich bemerkte, dass das kleine Mädchen, das mit seiner Mutter neben mir saß, mit mir sprach. Ich sah sie an, ihre Augen waren klug und konzentriert, sie wollte wissen, was ich hier eigentlich mache. Ihre Mutter antwortete für mich, nahm die Hände ihrer Tochter, beugte sich über sie und raunte ihr zu, dass ich lese und sie mich nicht stören solle.
    Sie war wahrscheinlich vier oder fünf Jahre alt, und ihren unruhigen Füßen und ihren Pausbäckchen zufolge hatte sie sich gerade ein Stück Schokotorte in den Mund geschoben. Sie schleckte und schmatzte, sah sich die Leute an, die überall saßen und standen, bevor sie wieder zu mir sah und fragte, wie ich heiße. Die Mutter lächelte. »Markús. Und du? // Alda, wie die Oma. // Schön. Ich bin nach niemandem benannt, den ich kenne. // Echt? // Ja. Wahnsinn, was für ein schönes Kleid du da anhast. Hat Oma Alda es genäht? // Sie heißt Oma Addí. // Okay. Hat Oma Addí das Kleid genäht? // Nein, meine Mama. // Wow. Ist es wohl eher violett oder pink?« Sie guckte ihr geringeltes Kleid an und streckte einen Finger aus, sah, dass er ganz schokoladig war und passte daher auf, beim Zeigen nichts zu berühren: »Das ist pflaumenrot, das ist lila, das ist weinrot und das ist tauweiß. Weißt du denn gar nichts?« Sie fragte das weder sauer noch irritiert, sondern mitleidig, sie sah mich an, als wäre ich ein Lamm mit zwei Köpfen. »Doch, ein bisschen vielleicht. Mein Pulli ist zum Beispiel dunkelgrau, nicht schwarz. // Dein Pulli ist koksgrau.«

6/4 – Montag

    Vielleicht habe ich die Kellnerin zu lange angeguckt?
    In diesen Tagen bezahle ich auch für den Kontakt zu Menschen, Dienstleistungen der simpelsten Art, und dabei möchte ich für mich natürlich das meiste rausholen. Es hat mir erbärmlich viel gegeben, der Kellnerin dabei zuzusehen, wie sie nach dem Gebrauch die Aufschäumdüse der Kaffeemaschine mit einem Tuch abgewischt hat. Ich sage nicht, dass ich im gleichen Rhythmus den Stift auf- und zugemacht habe, aber ich hielt ihn in der Hand und rieb mit dem Daumen fest über das glatte Gold.
    Da hörte ich einen unterdrückten Aufschrei. Ich hatte sie gerade nicht beobachtet, sondern in einer Zeitschrift gelesen, blickte aber sofort auf und sah die Kellnerin ein großes Messer von sich werfen und ihren Finger anstarren, und als ich glänzende Blutstropfen aus dem Nagel quellen sah, steckte sie den Finger in den Mund und kniff die Augen zu. Während sie an ihm lutschte, sogen sich ihre Wangen ein, und unbewusst fing auch ich an zu saugen, bis sich plötzlich Blutgeschmack auf meiner Zunge ausbreitete und vom Mund in die Nase stieg, und auch jetzt noch schmeckt es in meinem Mund nach Eisen, obwohl ich ihn mit einer zweiten Tasse Kaffee ausgespült habe und sie ins Hinterzimmer gegangen ist und ein gelbes Micky-Maus-Pflaster auf die Wunde geklebt hat. Deshalb habe ich vorhin überlegt, ob ich sie vielleicht zu oft und zu starr angeguckt habe, wenn dadurch schon die Grenzen zwischen den Individuen angefangen haben, sich aufzulösen.
    Gründonnerstag

    Gegen Mittag hat Vésteinn angerufen, um nachzufragen, ob der vorgestrige Abend ein paar Zeilen im Buch abbekommen hat. Ich meinte ja. Er ruft fast wöchentlich an, um sich zu erkundigen, wie es mit dem Werk vorangeht, und ich frage dann ohne zu antworten zurück, wie es mit seinem Leben vorangeht, um mir dann anzuhören, wie er gewissenhaft von seiner Doktorarbeit, vom Unterricht oder seiner Freundin in Edinburgh und der Sehnsucht erzählt, die manchmal jeden Quadratmeter zwischen ihnen ausfüllt, oft aber auch unangenehm wenig präsent ist.
    Nach langer Funkstille habe ich vorgestern eingewilligt, ihn zu treffen, wir haben vereinbart, etwas Leichtes zu essen und zu trinken, und ich wollte ihm endlich von Harpa erzählen. Obwohl es schon sieben Uhr war, war es noch hell, als ich die Straße entlanglief. Früher hatte ich immer das Gefühl, dass der Frühling ausgebrochen ist, wenn ich im Hellen ausgegangen bin, und auf dem Weg

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