Die Attentäterin
zogen wird. Ein zweites Drahtbündel verbindet gewisse farbige Kabel der Bedienungselemente mit einem kleinen, handflächengroßen Monitor, der neben dem Comp hängt. Der Monitor liefert ein Bild des Bereichs direkt hinter den Fahrstuhltüren, und zwar über die gebäudeeigenen Überwachungskameras.
Es gibt zwei Fahrstühle, einer ist in Betrieb, der andere nicht. Der Fahrstuhl, über den Tikki gebietet, wartet mit geschlossenen Türen auf der Ebene des unterirdischen Parkhauses.
Der Moment des Tötens nähert sich.
Auf ihrem Monitor sieht Tikki eine lange schwarze Limousine, einen Nissan Ultima V, in das Parkhaus gleiten und sanft vor den Fahrstühlen ausrollen. Einen Augenblick später hört sie einen leisen Gong links von sich. Das ist der andere Fahrstuhl, derjenige, der in Betrieb ist, und der jetzt auf ihrer Etage, dem unterirdischen Parkhaus, ankommt. Sie zählt die Sekunden... eins, zwei, drei. Ein Lämpchen flammt an dem tragbaren Comp auf. Ihre Ohren nehmen ein leises Rumpeln wahr. Auf dem Monitor sieht sie, wie sich die Türen des anderen Fahrstuhls öffnen. Eine kleine Gruppe von fünf Personen tritt heraus. Diejenige, auf die sie wartet, ist ein schlanker Asiat mit den Merkmalen hohen Alters: schütteres weißes Haar, stark verrunzeltes Gesicht, zerbrechlich wirkende Hände. Sein Name ist Ryokai Naoshi, und er ist einer von mehreren hochrangigen Yakuza-Bossen, die als Zielpersonen für Attentate auserkoren wurden.
Ryokais Stellung innerhalb der Yakuza wird ihn nicht retten. Tikki weiß über die Yakuza Bescheid, weiß, daß diese Organisation große Macht besitzt und über viele Soldaten verfügt. Aber das spielt für sie keine Rolle und ist kein Grund, auf die heutige Arbeit zu verzichten. Jedes Tier hat seine Waffen, manche verfügen über mehr als andere. Der erfolgreiche Jäger weicht den Gefahren aus, die von seiner Beute ausgehen, und schlägt rücksichtslos zu, sobald er sich einmal festgelegt hat.
Ryokai und seine Begleiter gehen auf die Limousine zu.
Tikki drückt auf eine Comp-Taste.
Als die Türen vor ihr aufgleiten, hält sie eine Vindicator Minikanone im Anschlag, eine große und klobige Waffe mit sechs rotierenden Läufen, die bereits vor sich hin surren. Tikki hat keinen Grund, den Fahrstuhl zu verlassen. Der Wagen steht vor ihr, kaum fünf Meter entfernt und etwas nach links versetzt. Ryokai, seine zwei Leibwächter, ein weiterer Pinkel und eine modisch-elegant herausgeputzte Frau haben die Limousine fast erreicht. Einer der Leibwächter dreht sich abrupt um und sieht in Tikkis Richtung, aber selbst er ist zu langsam, und seine Reaktion kommt zu spät.
Alle fünf stehen in ihrer Schußlinie.
Tikki zieht den Abzug durch.
Die Vindicator röhrt auf, die rotierenden Läufe spucken Feuer, das Schnellfeuerhusten der Waffe steigert sich zu einem rauhen Stakkatodonnern. Panzerbrechende Granaten reißen die Limousine der Länge nach auf, zerschmettern Scheiben, durchlöchern Reifen und zerfetzen die weichen Leiber der Menschen wie dünne Fleischfolie. Auf Limousine und Betonboden regnet es Blut und Glas. Die Leiber zucken, werden herumgewirbelt und sacken zusammen. Tikki konzentriert die letzten Schüsse des Fünfzigermagazins der Vindicator auf ihr Hauptziel, auf Ryokai. Danach sieht die Leiche wie ein verwester, zerfetzter Matschklumpen aus, und das ist höchst zufriedenstellend.
Ihr Kontrakt für den heutigen Abend verlangt ausdrücklich, daß der Hit auch wie ein Hit aussieht, und daß er mit sehr viel Lärm und überwältigender Zerstörung verbunden sein muß.
Kontrakt erfüllt.
Sie tippt etwas in den Comp ein. Der Fahrstuhl setzt sich abwärts zu den Wartungsebenen in Bewegung. Von dort aus wird sie durch verschiedene Versorgungstunnel verschwinden.
Alles läuft nach Plan.
Null Problemo, wie die Menschen sagen.
2
Das letzte, was ihm überhaupt noch real vorkommt, ist der plötzliche krampfhafte Druck von Jennifers Hand an seinem Ellbogen und ihr jäher, leiser Ausruf, eher ein Keuchen.
Dann beginnt der Alptraum.
Ein Grollen wie Donner liegt in der Luft, Feuer blendet ihn, dann kommen die Schmerzen, ein Ozean der Schmerzen, eine Galaxie der Schmerzen, mehr Schmerzen, als zu erleiden er für eine einzige Person je für möglich gehalten hätte, Qualen, unerträglich, endlos, grenzenlos. Dringen aus allen Richtungen auf ihn ein. Hämmern in seinen Schädel. Toben durch seinen ganzen Körper. Irgendein Teil von ihm kann nicht glauben, daß eine Person derartige Qualen
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