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Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan

Titel: Barakuda der Wächter 02 - Die Mördermütter von Padan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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wandte sich nicht um; die beiden Kompanien mußten hinter ihr sein. Sie durfte sich nicht umwenden.
    Mit Absicht hatten sie den Projektor nicht auf den Hafen, sondern auf das östlich davon gelegene Ufer gerichtet. Die Prophezeiung wollte, daß die Hüterin vor die Stadt reite und keinen Einlaß finde; der Hafen gehörte bereits zum Stadtbereich. So näherte sie sich dem Osttor von Pasdan. Auf den Mauern standen dichtgedrängt die Bewohnerinnen der Stadt, und Lydia Hsiang seufzte. Aber dann atmete sie erleichtert auf; offenbar entsann man sich in Pasdan der Prophezeiun gen und begann, überhastet die Mauern zu leeren.
    Saravyi und Sarela McVitie warteten. Endlich gab das Funkgerät den vereinbarten Codespruch von sich.
    »Die Küste ist bestimmt leer; alles ist in Pasdan und schaut zu«, sagte Saravyi.
    Das Funksignal zeigte an, daß die übrigen Schiffe die Kü ste nordöstlich von Pasdan erreicht hatten und mit dem Ausschleusen der Besatzungen begannen. Nur die drei »Geisterschiffe« mit den Heilern und den restlichen Steinen und einer ausgewählten Besatzung junger Frauen aus den Mischlingsdörfern waren hinter dem Flammenvorhang zurückgeblieben.
     
    Lydia Hsiang zügelte die Schimmelstute und richtete sich in den Steigbügeln auf. Sie hatte den ausersehenen Platz kurz vor dem Osttor erreicht und betete, daß nicht ausgerechnet nun ein Gerät, eine Kamera oder ein Beobachter ausfallen möge. Dann hob sie die linke Hand.
    »Aber mit Vergnügen, Madame«, sagte Gerames. »Der Zünder. Sehr wohl, sofort.«
    Die zahlreichen kleinen, hochwirksamen Kapseln, die Bondak und Vanzuid an die entsprechenden Stellen gelenkt hatten, detonierten. Im Norden, Osten und Westen von Pasdan schien die Erde die Brust zu wölben und Luft zu holen; langsam bewegten sich die Massen der Wälle, Mauern und Tore, dann stürzte alles in einem gewaltigen Krachen zusammen.
    Lydia Hsiang ritt in die Stadt Pasdan. Hinter ihr gingen zweihundert Wehrhafte Jungfrauen mit blitzenden Waffen.
    Später entsann sie sich der folgenden Stunden nur un deutlich. Etwas war bei ihr und half. Dieses Etwas half ihr, die – vermutlich – erwarteten Worte zu sprechen und sich jener Untersuchung zu unterziehen, die beweisen sollte, daß sie Mutter und doch nicht Mutter, Jungfrau und doch nicht Jungfrau war. Sie entsann sich tiefster körperlicher und seelischer Erniedrigung und des Traumgefühls, als sie neben der Scharlachprim auf den großen Platz vor dem Tempel trat und diese ihr Knie beugte und rief: »Die Hüterin!«
    Wieder und wieder hatte sie in Cadhras die Aufnahmen betrachtet, die die starren, maskenhaften Züge der disziplinierten Kriegerinnen und der befehlenden Mütter zeigten, und zu ihrer großen Erleichterung sah sie nun auf ein Meer entspannter, lachender Frauen hinab. Sie traten zur Seite, bildeten eine Gasse und knieten nieder, als sie langsam zum Hafen ging. Dort hob sie wiederum die Hand.
    Nach einem Moment der atemlosen Stille brandete Jubel auf. Die gespenstischen Schiffe, auf denen die Steppe wucherte, vergingen; die Flammenwände auf dem Meer fielen in sich zusammen, der Nebel verzog sich; dann waren auch die unheimlichen Steine verschwunden. Gerames starrte mit angehaltenem Atem auf die Schirme. »Sie tragen sie im Tri umph zum Tempel«, sagte er ungläubig – und gestand sich erstmals ein, daß er tief im Herzen keine Sekunde lang an einen Erfolg geglaubt hatte.
     
    Lydia Hsiang hob wieder die Hand; die Menge vor dem Tempelhügel verstummte.
    »Seht«, rief sie, »was ich euch bringe.«
    Sie wies nach Osten, wo gleichsam aus der wirklich auf gehenden Sonne drei Schiffe das Ufer erreichten, das an die ser Stelle flach war.
    Sarela McVitie steckte das Fernglas weg und wandte sich Saravyi zu. Sie hatte Tränen in den Augen. »Es geht gut«, sagte sie, fast schluchzend. »Die Gouverneurin in Weiß steht vor dem Tempel, die Mauern sind zerstört.«
    Über der Stadt erschien noch einmal der Ring mit den beiden Kreuzen. Saravyi nickte und streichelte Sarelas Wange. »Dann gehöre ich jetzt unter Deck«, sagte er. »Wir wollen das Fest nicht durch Anwesenheit von Männern stö ren.«
    Sarela blickte hinter ihm her, nestelte an ihrer ungewohn ten Tracht einer Wehrhaften Jungfrau und hielt sich an ei nem Tau fest.
    Knirschend rollten die drei »Geisterschiffe« an Land. Die Kunstwerke der Techniker hielten. Riesige Holzräder an stählernen Achsen trugen die Seegefährte auf die Stadt zu. Die letzten grünen Steine trieben die komplizierten

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