Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir
»Immer, wenn du Gefühle hast, passiert etwas.«
Saravyi nickte. »Deshalb sollten wir Wachen aufstellen. Vielleicht ist es nichts, aber … Ich kann sowieso nicht schla fen. Ich werde wachen.«
Savinnik gähnte. »Ich wache mit – wenn Sie mir beim Wachen Geschichten erzählen.«
»Versprechen Sie ihm nichts, Saravyi«, sagte Nazim Bo gai. »Sonst wachen wir am Ende alle, nur um Ihre Geschichten zu hören.«
»Da wir gerade dabei sind …«, murmelte Savinnik. Er stand auf, verschwand im Niedergang zu den Kajüten und kehrte mit einer Tasche zurück. Töröcsik und Yagur, der zweite Shil, räumten den Tisch ab. Savinnik steckte einen Filzstift hinter sein rechtes Ohr und wühlte in den Papieren und Fotos, die er aus der Tasche gezogen hatte. Dann schaltete er das kleine Tongerät ein. »Das ist der erste Abend vor Anker, gewissermaßen«, sagte er, als wolle er sich entschuldigen. »Bisher war immer soviel zu erledigen … Ich habe viele Fragen. Darf ich?«
Saravyi nickte. Barakuda runzelte die Stirn, nickte dann aber auch.
»Also, ich weiß nicht so recht, was ich mit dem ganzen Material anfangen soll«, sagte Savinnik.
»Verbrennen«, schlug T’unga vor.
»Pah. Das hier ist ja nur ein Teil. Ich stelle mir das im Moment so vor – entweder wird es ein Buch über Shilgat allgemein, mit Anekdoten und schönen Bildern und so, oder eine Geschichte der beiden Krisen, Pasdan und Gashiri, mit Blick auf Hintergründe und Nebenschauplätze, und mit den Biographien der wichtigsten Personen.« Er blickte Barakuda an, fast vorwurfsvoll. »Wenn nicht ein paar von denen so überaus zurückhaltend wären, könnte ich viel weiter sein.«
Dante hob sein Weinglas; Begheli betrachtete ihn amüsiert. »Was wollen Sie mit Biographien?« sagte Barakuda. »Die Ereignisse sind wichtig, die Personen austauschbar. Bis auf Saravyi, natürlich.«
Der alte Shil verzog keine Miene. Er starrte zum Feuer moos hinüber und schien dem aufgeregten Lärm der zahllo sen Zimtschrillen im Gesträuch zu lauschen.
Savinnik klopfte auf den Papierstapel und nahm den Filz stift, um ihn wie eine Waffe auf Barakuda zu richten. »Da mit untertreiben Sie, Mann. Was ist mit Ihnen und der Gouver neurin, den Frauen und Männern der Garnison, nicht zu re den von den Fürsten der Banyashil und der Königin von Kelgar la?«
»Sie sprechen von nichtexistenten Amtsträgern«, sagte Dante. »Die Ämter galten dem Notfall. Nach Pasdan ist das Fürstentum der Banyashil erloschen, nach Gashiri die Königinnenwürde von Kelgarla.«
»Ich weiß, ich weiß. Sie haben mir ja genug Vorträge gehalten. Aber verstehen Sie – die nackten Fakten sind fein und aufregend, nur reichen sie nicht aus. Ich brauche Personen aus Fleisch und Blut, mit denen sich die Leser identifizieren können.«
Barakuda blickte auf den Fluß hinaus, in dessen Wasser Sterne glitzerten. »Ich glaube, Sie sollten bei einer Planetenbeschreibung bleiben. Die meisten Leser werden ohnehin Schwierigkeiten haben, sich mit sich selbst zu identifizieren; wozu dann noch mit anderen?«
Savinnik seufzte und schob ihm einen Zettel hin. »Da. Ih re Daten, soweit ich sie hier und da habe zusammentragen können. Was soll man damit anfangen? Es ist zu dünn, viel zu dünn.«
Dante nahm das Blatt und überflog es ohne großes Inter esse. Dante Barakuda, geb. 14-6-425 CT auf Kolchis, Myrna IV, Praesepe-Sektor; Eltern?; Waisenhaus in Corvi na (Kolchis-Süd, Bez. DCXVI) bis 436; Internat Tri-Tonai, Corvina, bis 443; Commonwealth-Flotte (Risikokommando der Abwehr); bei Einsatz gegen Diktatur auf Tartagal als legat verwundet (452); Beförderung – kapitán – und Versetzung zum Raumhafendienst, Abwehrzentrale, Atenoa, Gaia. Nach Unfalltod seiner Frau 459 Versetzung nach Shilgat, dort als tribún im Sonderdienst Leiter des Sekretariats für Sicherheit; koordinierte 466 Aktionen gegen Banditen und Matriarchat, dabei erneut verwundet; 467 nach Ende der Pasdan-Krise ausgeschieden mit Rang und Abfindung eines supraetor; gründete mit ehemaligen suldás und suldaus Karawanengesellschaft TraPaSoc in Shontar, Cadhras- Nord; sorgte Ende 467/Anfang 468 (?) für Aufdeckung der Gashi ri-Pläne; Teilnahme an Zerstörung von Tag’gashir’dir 468.
Barakuda schob das Blatt zurück und schnitt eine Gri masse. »Viel zu viel. Lassen Sie mich da raus.«
Savinnik schüttelte heftig den Kopf. »Ich denke nicht daran. Und es ist viel zu wenig. Ich wüßte zum Beispiel gern, woher Ihre Narbe stammt, und was mit Ihrer Kindheit
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