Barakuda der Wächter 1&2 - Pasdan (Die Waffenschmuggler von Shilgat & Die Mördermütter von Pasdan)
sich ab und trat durch den Torbogen in den Innenhof.
Auch diesmal waren keine Pelzballen unter den aufgetürmten Packlasten. Eines der P’aodhus im ersten Innenhof begann bei Dantes Eintreten zu blöken. Sofort fielen die anderen ein. Höfe und Gänge hallten wider vom Geschrei. Treiber kamen, gossen Wasser über die runden Köpfe oder traten in die Kehlen der Beingelenke, bis die zotteligen Tiere sich beruhigten und niederlegten.
Das Serai war ein Komplex aus zehn quadratischen Höfen mit Brunnen und Trögen. Zur Straße lag eine zwei Meter hohe Mauer, zum Fluß das dreistöckige Gebäude mit Schankräumen und Schlafgemächern; zwischen den Höfen befanden sich zweigeschossige Zwischengebäude mit Arkaden: unten Warenlager, oben wiederum Unterkünfte.
In dem Gewirr von Menschen, Tieren und Lasten suchte Dante einen der älteren Händler. Er fand den Mann im Schankraum. Der Shil trug eine Art Burnus in der dunklen Olivfarbe seiner Haut und trank Importschnaps. Er winkte.
»Fünfzig Tage trage ich ihn.« Der Shil reichte Dante einen Brief. »Aber du weißt, mein Freund, wie die Eile des Langsamen beschaffen ist.«
Barakuda schlug ihm auf die Schulter. Mit einem Glas Eistee setzte er sich auf eine Terrasse über dem Flußufer und las den Brief. Er war in der komplizierten Kalligraphie der Banyashil abgefaßt und wimmelte von Ornamenten und mehrdeutigen Zeichen.
»Gortahork, Fürst aller Banyashil, Vater der Tausend Stämme, an Dante Barakuda, Auge und Ohr von Cadhras.
Lebst du? Aber - wer lebt schon in Steinstädten?! Wir sollten wieder Bären jagen, Bruder. Ich schreibe in Eile, daß der Bote noch die Karawane erreiche, ehe sie Arameq verläßt. Befremdliches raschelt zwischen den Gräsern. Großer-Töter, den du Nobrega nennst, bläht seinen Namen mit vielen Leben meines Volks. Die Frage, ob außer ihm noch ein großer Räuber mordet, beunruhigt mich. Noch ein Drittes bekümmert meinen Irreal-Nicht-Körper, doch will ich den deinigen, der weich ist, nicht besorgen, ehe ich nicht weiß, was ich nicht weiß. Mit vielen Jägern bin ich aufgebrochen, es herauszufinden. Sobald ich es weiß, werde ich dir einen schnellen Boten senden - vielleicht hat er dich schon erreicht, bis die Karawane diesen Brief bei dir abliefert. Ich will nicht einen eurer Residenten durch die Luft sprechen lassen; sie hat vielleicht Ohren. Ein Teil des erstrebenswerten, wenn auch unvollkommenen Chaos der Steppe ist in Gefahr, einem unersprießlichen Irrealen-Nicht-Chaos zu verfallen. Aber die Wege der munaks in die Steppe sind versperrt.
Kühle in heißen Nächten die Füße deiner Freundinnen, daß sie dich winters wärmen. Denn: Nichts ist ohne Erwiderung. Wir sollten, außerdem, wieder Bären jagen. In Eile -
dein Bruder Gortahork.«
Lachend steckte Barakuda den Brief ein. Aber unter dem Lachen wuchsen die Fragen. Zu viele Fragen. Was war das dritte Problem, von dem der Fürst nicht sprechen wollte? Wieso mutmaßte Gortahork, die Luft könne Ohren haben? Bei aller Kontrolle ließ sich natürlich nicht völlig ausschließen, daß etwa Nobrega oder einer seiner Leute ein paar Funkgeräte aus Cadhras gestohlen hatte, aber wie kam der Fürst darauf? Außerdem schrieb er, er sei mit Jägern aufgebrochen, und Dante kannte seinen Freund zu gut, um an eine Unachtsamkeit zu glauben. Bei großen Unternehmungen ritten Jäger und Jägerinnen zusammen - wieso also nur Jäger? Und was machte Tremughati, von der bisher jeder Brief mit unterzeichnet worden war? Nicht einmal Grüße. Tröstlich war immerhin, daß die Nomaden offenbar jedem Kontakt zwischen den Sektierern in Banyadir und den Banditen ein Ende gesetzt hatten; dennoch hätte Dante sich wohler gefühlt, wenn er genau gewußt hätte, was diese Kontakte waren und welchem Zweck sie dienten. Und wenn der Brief nicht überhaupt mehr Fragen als Antworten enthalten hätte.
Langsam schälten sich aus dem Weiß des Tages andere Farbtöne heraus. Die hellen Bungalows am Hang oberhalb des Serai waren wieder von Grün umgeben, die Mauern des Gebäudes lösten sich gelblich aus dem grellen Licht. Barakudas Gedanken schweiften vom Brief ab und befaßten sich mit der Frage, wie stark das Gefühl des Schwitzens und der Hitze von den Wahrnehmungen der Augen abhängt.
Im Schwemmland, jenseits des Flusses, wuselten dunkle Punkte: Menschen mit breiten Hüten, Gemüsebauern. Barakuda dachte an ein Bad im Meer, am Abend, wenn Shalga untergegangen sein würde. An Abenden nach Tagen, an denen die Ebene
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