Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)
widmet. Eine erzkonservative katholische Bruderschaft hatte ihm 1883 gerade wegen seines religiösen Eifers, aber auch wegen seiner strahlend blauen Augen den Bauauftrag erteilt. Doch die ersten 25 Jahre geht es nur schleppend voran, die Paläste für die Reichen sind für Gaudí zunächst die lukrativeren Spielwiesen. Doch zunehmend gehen ihm die reichen Freigeister Barcelonas auf die Nerven. Ab 1909 widmet sich der Büßer Gaudí nur noch seiner gotischen
Sagrada
.
Er kombiniert neueste technische Errungenschaften mit künstlerischem Sinn für Kubismus. Parabole und Hyperbole bestimmen sein Denken. Und Gott, der Überirdische! Der Mensch bewege sich zweidimensional, die Engel in einer dreidimensionalen Welt, sagt er. Die tragenden Säulen in seiner
Sagrada
plant er als Bäume. Jede Säule im Mittelschiff verzweigt sich nach oben und endet in einem Blätterhimmel. Über den Torbögen schweben flügellose Engel mit bronzefarbenen Trompeten. Gaudí investiert sein gesamtes Geld in den Büßertempel und muss trotzdem bei Sponsoren betteln gehen. Denn Barcelonas Bürgertum spendet der Kirche nicht mehr so viel. Die
Sagrada
halten sie sowieso für kitschigen Unsinn. Am Ende seines eremitischen Lebens hat der begnadete Utopist nur die Krypta, die Apsis, die gewaltige Weihnachtsfassade und einen der 18 skizzierten Türme fertiggestellt.
EINE TRAMBAHN ÜBERFÄHRT DAS GENIE
Als Antoni Gaudí i Cornet am 7 . Juni 1926 nach seinem Morgengebet in der Kirche Sant Felip Neri auf dem Weg zu seiner
Sagrada
-Baustelle in Gedanken versunken die Gran Vía Ecke Carrer Bailen ( ▶ G 3 ) überquert, wird er von einer Straßenbahn erfasst. Ein Polizist findet keine Papiere im verschmutzten Anzug des Bewusstlosen, ein Taxifahrer lehnt den Transport des vermeintlichen Bettlers ab. Ein Krankenwagen bringt ihn dann ins Hospital de Santa Cruz. Drei Tage später stirbt er. Erst danach wird entdeckt, dass es sich um Gaudí, Spaniens größten Architekten aller Zeiten, handelt. Da erst trauert die ganze Stadt um ihn, beigesetzt wird er in der Kapelle der
Sagrada Família
39 ( ▶ G 1 ) .
Die Unvollendete! Erst 1990 wird die Passionsfassade fertiggestellt. Heute stehen immerhin schon acht Türme, jeder einzelne mit Keramikmosaiken verkleidet, die ein biblisches Gebet abbilden. Zwei weitere sind im Bau, eingerüstet gen Himmel wie die Raketen von Cap Canaveral. So um das Jahr 2095 sollte der Bau dann 18 Türme haben. Ein frommer Wunsch? Zwölf für die Apostel, vier symbolisieren die Evangelien, ein Turm stünde dann für die Jungfrau Maria.
Der Höhepunkt der
Sagrada Família
soll bereits bis zu Gaudís 100 . Todestag als monumentaler, 170 Meter hoher Kirchturm Jesus am Kreuz symbolisieren. Zukunftsmusik, die keinen religiösen Eiferer wie Gaudí als Antreiber hat, sondern weltliche Sponsorengelder benötigt sowie die Eintrittsgelder und Souvenirkäufe der täglich rund 4000 Besucher.
Bevor man an der
Plaça de la
Sagrada Família
die Kathedrale mit dem Dom-Museum bei der Krypta und der Grabstatt von Gaudí betritt, sollte man sich die ganze suggestive Macht der Unvollendeten von außen vergegenwärtigen, entweder von den Cafés entlang der Avinguda de Gaudí aus oder über die Carrer de la Marina hinweg aus dem kleinen Park an der Plaça Gaudí heraus. Der Anblick dieses Monuments verführt jeden wie einst auch Salvador Dalí, Hundertwasser oder Joseph Beuys.
Und hätten sich Gaudí und der bayerische König Ludwig II . kennenlernen können – was wäre das für eine märchenhafte Gaudi für zwei genial verrückte Träumer geworden!
PABLO PICASSO
1881 – 1973
Er war der größte Maler des 20 . Jahrhunderts. Die Welt lag ihm zu Füßen. Am Ende seines reichen Lebens sagte er: »In Barcelona hat alles angefangen. Dort habe ich verstanden, wie weit ich gehen kann.«
P ablo Picasso kurz vor seinem Tod 1973 im südfranzösischen Mougins. Er ist 91 Jahre alt und immer mehr in seinen Jugenderinnerungen gefangen. Denn sein Aufenthalt in Barcelona ist für Pablo die prägendste Zeit, in charakterlicher wie auch in künstlerischer Hinsicht. Seine Geburtsstadt aber ist
Málaga
. Nachdem er am 25 . Oktober 1881 in der andalusischen Metropole das Licht der Welt erblickt, taufen ihn seine Eltern
José Ruiz
und
María Picasso
auf den aussagekräftigen Namen Pablo Diego José Francisco de Paula Juan Nepomuceno María de los Remedios Crispiano de la Santísima Trinidad Ruiz Picasso .
So ein Name klingt katholisch, traditionsbewusst
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