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Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition)

Titel: Barcelona. Eine Stadt in Biographien: MERIAN porträts (MERIAN Digitale Medien) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfhart Berg
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Viertel besonders unter den intellektuellen Anarchisten in Mode kommt. Und er hat erste Liebschaften. Was macht den Reiz dieses scheinbar so unscheinbaren Mannes aus? »Er hatte nichts Verführerisches (…) Allerdings, sein seltsam eindringlicher Blick erzwang die Aufmerksamkeit (…) verliehen ihm eine Art Magnetismus« , so beschreibt seine spätere Freundin
Fernande Olivier
den Frauenhelden Picasso.
    DER FREUNDESKREIS IM ELS 4 GATS
    Mit 19 hat Pablo sich schon einen Namen gemacht, seine Blaue Periode wird von einigen Industriellen sogar als langfristige Geldanlage beurteilt. Depressive Stimmungen aus dieser chaotischen Zeit eines jungen Genies ( 1901 – 1903 ) sind heute in der Eremitage von Sankt Petersburg (»Absinth-Trinkerin«), im Kunstmuseum von Chicago (»Alter, blinder Gitarrist«) oder Guggenheim Museum New York (»Die Büglerin«) zu sehen.
    Im Jahr 1900 verkauft er bei seiner ersten Galerieausstellung in Barcelona zwar nur ein Bild, investiert das Geld aber sofort in eine kurze Reise zu Künstlerfreunden nach Paris. Dort lernt er Henri de
Toulouse-Lautrec
kennen, der ihn später noch nachhaltig im Expressionismus beeinflussen wird. Noch mehr beeindruckt ihn sein engerer Freundeskreis in Barcelona, der elegante Porträtist und Grafiker
Ramon Casas
, der Straßenmaler
Isidro Nonell
, der Kunstkritiker und Kneipenwirt
Pere Romeu
und der Dichter
Jaume Sabartés
.
    Treffpunkt ist das Café-Restaurant
Els 4  Gats
12 ( ▶ G 5 ) in einem 1896 vom Modernisme-Architekten Puig i Cadafalch pompös mit neogotischen Elementen verschönten Backsteinbau in der
Carrer de Montsió no 3
. Schriftsteller, Journalisten, Musiker, Schauspieler, Dandys, Kaffeehaushocker, Maler und Nachtschwärmer wie Picasso träumen, trinken und debattieren hier im Jugendstilinterieur fast täglich über Dekadenz, die angenehmen Seiten des Sittenverfalls und über die Verbesserung der Welt. In jedem Fall geht es immer gegen das geldstrotzende Bürgertum. Lesungen, Klavierkonzerte, Anarcho-Vorträge und Maskenbälle machen das Lokal zum intellektuellen Mittelpunkt der Stadt. Pablos Clique ist Ersatzfamilie, die verrückte Boheme will unter sich bleiben.
Quatre Gats
heißt zwar »vier Katzen«, gemeint sind aber damit »nur ein paar Typen«. Die pflastern die Wände mit ihren Bildern voll, damals alle im Original und noch gegen eine Lokalrunde zu haben. Pablo stellt eigene Porträts aus, er zeichnet unter dem radförmigen Kronleuchter auf den Marmortischen jeden originellen Gast.
    1903 , da ist Picasso schon auf dem Sprung nach Frankreich, schließen die Amigos ihre »Vier Katzen« wegen schlechter Kassenführung. Erst drei Jahre nach Francos Tod, 1978 , darf dieses Künstlerlokal im Originalstil wieder eröffnet werden. Seitdem fotografieren Touristen den Zauber der Dekadenz und genießen preisgünstige katalanische Küche. Die Empore im Ballsaal ist erhalten, der Flügel steht auch wieder an seinem Platz. Allerdings ist die wandgroße Zeichnung, die Pablos Freunde Casas und Romeu auf einem Tandemfahrrad zeigt, nicht mehr das Original. Ebensowenig wie einige Picasso-Porträts, die als Millionenwerte im
Museu Picasso
25 ( ▶ H 5 ) in der
Carrer Montcada no 15 – 23
hängen. Diese elegante Straße hat ihre eigene Geschichte: Barcelonas Graf Ramon Berenguer  IV schenkte sie 1148 dem reichen Kaufmann Ramón de Montcada, weil der ihm die Rückeroberung der Stadt Tortosa finanzierte. Montcada baute seine geschenkte Gasse mit luxuriösen Palästen zu, die zur Straße hin mit Mauer und Großportal verschlossen wirken, drinnen aber mit weiträumigen Patios, breiten Marmor-Treppenaufgängen und kunstreichen Festsälen protzen. In fünf dieser mittelalterlichen Aristokraten-Anwesen sind heute über 2200  Arbeiten Picassos zu sehen, darunter der weltberühmte »Harlekin«, 1917 gemalt, seine neue Interpretations-Serie in 44  Teilen zu Velázquez’ »Las Meninas« ( 1957 ), das Porträt seiner Mutter
María
( 1896 ), das Porträt seiner zweiten Ehefrau
Jacqueline Roque
( 1957 ) und »Dächer von Barcelona« ( 1903 ). Auch mehrere Bilder aus Picassos zweiter Barcelona-Zeit 1916 / 1917 sind zu hier sehen. Damals kam er aus Paris zurück und begleitete seine große Liebe und erste Ehefrau, die Ballerina
Olga Khokhlova
, während ihres Gastspiels in der katalanischen Hauptstadt.
    In den Jahrzehnten danach war aus dem unpolitischen Künstler in Frankreich ein kritischer Oppositioneller gegen das diktatorisch regierte Spanien geworden. Als Picasso

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