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Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo

Titel: Bartimäus 04 - Der Ring des Salomo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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bildeten eine Pfütze oder ein Portal auf den Steinfliesen. Die Flüssigkeit breitete sich unter dem heruntergefallenen Mumienkopf aus, dann versank der Schädel darin. Die Pfütze lag unbewegt da und leuchtete in den unzähligen Farben des Anderen Ortes, aber stumpf, wie hinter Glas.
    Dann kräuselte sich die Pfütze. Etwas näherte sich.
    Ich drehte mich rasch um und schätzte die Entfernung zu dem Loch in der Decke ab, durch das immer noch Sand in die Kammer rieselte. Mein Tunnel hatte inzwischen bestimmt dem Gewicht des Sandes nachgegeben. Es würde einige Zeit dauern, bis ich mich an die Oberfläche gewühlt hatte – Zeit, die ich nun wirklich nicht hatte. Solche Zauberfallen wirken schnell.
    Wohl oder übel wandte ich mich wieder dem Portal zu. Die Pfütze waberte jetzt und zwei kräftige grüne, mit dicken Adern überzogene Arme drangen daraus hervor. Klauenbewehrte Finger kratzten über die Tempelwände. Muskeln schwollen und ein albtraumhaftes Ungeheuer ragte vor mir auf. Der Kopf war der eines Menschen, 6 auf dem Schädel wucherte eine schwarzlockige Mähne. Es folgte ein breiter Brustkasten, der aus demselben grünen Zeug bestand. Die untere Körperhälfte, die als Nächstes auftauchte, schien eher zufällig zusammengestellt. Die mit Muskelsträngen bedeckten Beine gehörten einem wilden Tier, einem Löwen oder anderen gefährlichen Raubtier, endeten jedoch in Adlerklauen. Das Hinterteil der Kreatur war gnädigerweise von einem Wickelrock bedeckt, allerdings spross aus dem Schlitz ein langer, bösartiger Skorpionschwanz.
    Unheilvolle Stille trat ein, als die Erscheinung ganz aus dem Portal trat und sich aufrichtete. Sogar die letzten paar Untoten wirkten eingeschüchtert.
    Das Gesicht des Wesens glich dem eines sumerischen Herrschers: olivfarbene Haut, markante Züge, volle Lippen und dazu ein rechteckig gestutzter, geölter Kinnbart. Nur die Augen fehlten. Zwei gähnende Löcher waren auf mich gerichtet.
    »Du bist… Bartimäus, stimmt’s? Hast du die Falle ausgelöst?«
    »Hallo, Naabash. Leider ja.«
    Das Wesen reckte die Arme, dass es knackte. »Aaaah! Warum hast du das getan? Du weißt doch, was die Priester mit Dieben und Eindringlingen anstellen. Sie werden Hackfleisch aus dir machen. Beziehungsweise… ich soll das für sie übernehmen.«
    »So wichtig ist der Schatz den Priestern nicht mehr, Naabash.«
    »Meinst du?« Die leeren Augen schauten sich im Tempel um. »Ganz schön staubig hier. Ist schon ‘ne Weile her, was?«
    »Länger, als du glaubst.«
    »Trotzdem bin ich an meinen Auftrag gebunden, Bartimäus, da lässt sich nichts dran drehen. Solange Stein auf Stein steht und unsere Stadt überdauert… Du kennst ja den Spruch.« Der Skorpionschwanz zuckte ungeduldig rasselnd in die Höhe, der schwarze Stachel krümmte sich über Naabashs Schulter. »Was hältst du da eigentlich in der Hand? Doch wohl nicht die geheiligte Schlange?«
    »Kann schon sein.«
    »Ah, sehr schön, ausgezeichnet. Du hattest schon immer eine große Klappe, Bartimäus, hast dich immer für was Besseres gehalten. Ich kenne niemanden, der dafür so oft Dresche bezogen hat. Du kannst die Menschen mit deinem Gequatsche richtig auf die Palme bringen.« Der sumerische Edelmann entblößte lächelnd eine Doppelreihe spitz gefeilter Zähne. Gleichzeitig spannte er unauffällig die Hinterläufe an und bohrte die Adlerklauen in den Steinfußboden. Ich behielt die sprungbereiten Beine ebenso unauffällig im Auge. »Welchen Arbeitgeber treibst du denn derzeit in den Wahnsinn?«, wollte Naabash wissen. »Die Babylonier, nehme ich an. Die waren auf dem aufsteigenden Ast, als ich zuletzt hier war. Und sie hatten es schon immer auf das Gold von Eridu abgesehen.«
    Der dunkeläugige Junge fuhr sich durch die Locken. Ich rang mir ein Lächeln ab. »Wie gesagt, es ist länger her, als du glaubst.«
    »Länger oder kürzer, das ist mir egal«, erwiderte Naabash sanft. »Ich halte mich an meinen Auftrag. Die geheiligte Schlange bleibt hier im Tempel, wo ihre Macht den gewöhnlichen Menschen verborgen bleibt.«
    Ich hatte noch nie von dieser Schlange gehört. Für mich war sie nicht mehr als der übliche Schnickschnack, über den sich die antiken Städte ständig in die Wolle gerieten, ein kitschiger kleiner Goldpinöpel. Aber man weiß natürlich gern, was man da eigentlich klaut.
    »Was für eine Macht?«, fragte ich. »Was vermag die Schlange denn?«
    Naabash lachte in sich hinein. In seiner Stimme schwang Wehmut mit. »Ach, nichts

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