Bateman, Colin
Reparatur war ausgeschlossen.«
»Und doch ist sie gesehen
worden, als sie die Royal Avenue hinuntergeflitzt ist.«
»Wir haben davon gehört. Wir
können nur davon ausgehen, dass jemand sie aus der Mülltonne hinterm Geschäft
gefischt und wieder zusammengeflickt hat.«
Sofort hakte ich nach. »Ich
dachte, eine Reparatur war ausgeschlossen?«
»Jedenfalls an den Standards
gemessen, die wir bei einer Reparatur anlegen. Wie dicht ist Ihr Zeuge denn an
die Hose rangekommen? Wahrscheinlich sieht sie aus der Nähe aus wie
Hundefutter. Mr. Block ... Larry, hören Sie, die Hose ist futsch, wir haben
dafür bezahlt, und zwar weit mehr, als das Ding wert ist, und ich finde, Sie
sollten die Sache endlich vergessen - solange Sie noch dazu in der Lage sind.«
Seine Worte hingen einen
Moment lang in der Luft.
Dann unterbrach ich die
Verbindung. Ich warf den Hörer hin und stand wie angewurzelt da, einigermaßen
geschockt über diese unerwartete Wendung. Solange Sie noch dazu in der
Lage sind. Das
war eine Warnung. Ja, eine Drohung. Und nicht mal eine versteckte. Sie war
ganz offen ausgesprochen worden, wenn auch oberflächlich kaschiert, so als
hätte sich ein Killer Fäustlinge übergestreift.
Das Telefon klingelte, und ich
dankte Gott für die Ablenkung. »Hallo, hier Kein Alibi.«
Dieselbe Stimme sagte: »Ist da
Larry?«
Unschuldig und ein paar
Oktaven höher säuselte ich: »Larry?«
»Larry Block. Ich hab vor
einer Minute mit ihm gesprochen, aber wir sind unterbrochen worden. Die Nummer
stand auf meinem Display, ich hab auf Rückruf gedrückt, und jetzt habe ich Sie
an der Strippe.«
»Nein, tut mir leid, hier gibt
es keinen Larry.«
»Wie heißt Ihr Laden nochmal?«
»Welcher Laden?«
»Sie haben sich gemeldet und
gesagt, hallo, hier ist kein Dingsbums.«
»Ach so. Nein. Das haben Sie
missverstanden. Ich habe gesagt, hallo, Kain. Kain Abel. So heiße ich. Ein Name
mit biblischem Hintergrund. Ich entwerfe Hüte. Rufen Sie wegen eines Hutes an?«
Das schien seinen Zweck zu
erfüllen. Rasch entschuldigte er sich und beendete das Gespräch. Als ich den Hörer
beiseitelegte, waren meine Hände feucht, das Hemd klebte mir am Körper, und
mein Herz raste wie verrückt.
Zweimal wöchentlich
beschäftige ich einen Studenten namens Jeff, damit er auf mein Geschäft
aufpasst, während ich hinten im Büro hocke und mich mit der Buchhaltung abquäle.
Er besitzt einen kritischen Geist, verfasst Gedichte und ist Mitglied bei
amnesty international, aber auch er wird eines Tages aus diesen Dingen
herauswachsen. Mein Büroraum liegt nahe bei der Theke, so dass ich hören kann,
was im Laden vor sich geht. Das ist besonders wichtig, wenn Jeff wieder einmal
das Telefon missbraucht, um entweder seine Freundin anzurufen oder irgendeine
Behörde, die verhindern soll, dass ein politischer Gefangener nach Sierra Leone
ausgeliefert wird. Angesichts der Drohung vom Vortag erwog ich kurz, Jeff zu
untersagen, überhaupt den Hörer abzunehmen, doch ein flüchtiger Blick auf meine
Bilanzen verriet mir, dass ich es mir nicht leisten konnte, potenzielle Kunden
zu vergraulen. In einer Art Kompromiss instruierte ich ihn, jeden eingehenden
Anruf mit einem französischem Akzent zu beantworten, den er ganz passabel
hinbekam, und nur vage Auskünfte zu erteilen, bis er sich über die wahren
Absichten des Anrufers im Klaren war. Ehrlich gesagt bedeutete es für Jeff
keine allzu große Herausforderung, sich vage zu äußern. Außerdem ließ ich ihn
den Namen Kain
Abel so
lange wiederholen, bis er ihn aus dem Effeff beherrschte. Weiterhin wies ich
ihn an, sämtlichen Personen, die nach einem Larry verlangten, zu antworten:
»Hier gibt es keinen Larry. Wollen Sie einen Hut kaufen?«
Um die Mittagszeit herum
glaubte ich schon, die ganze Aufregung sei umsonst gewesen. Vier Anrufe waren
den Vormittag über eingetrudelt, alles entweder Kunden oder Verlagsvertreter.
Doch dann folgte der fünfte Anruf, und mein sorgsam ausgehecktes Tarnmanöver
drohte wie ein Kartenhaus in sich zusammenzubrechen. Ich hörte Jeff sagen:
»Hier Kain Abel, möchten Sie gerne einen Hut kaufen?«, und dann: »Ja, Hüte
aller Art.« Und dann: »Nein, hier gibt es keinen Larry Block.« Ich hastete
hinter meinem Schreibtisch hervor und trat in den Verkaufsraum. »Nein, einen
Lawrence Block haben wir hier auch nicht.« Offensichtlich fühlte sich Jeff zu
einer kleinen Improvisation animiert, denn er fügte hinzu: »Da müssten Sie
schon in einen Krimibuchladen gehen, um einen
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