BattleTech 21: Kalkuliertes Risiko
beobachtete, schossen zwei weitere Kurzstreckenraketen aus den Rohren und flogen auf Carsons Heuschreck hinab.
Die Raketenabwehrkanone im linken Fügelstummel des vogelähnlichen Heuschreck spuckte Feuer. Eine der KSR wurde von den Geschossen zerfetzt und explodierte hoch in der Luft. Die andere erreichte ihr Ziel. Sie schlug ins linke Bein des Heuschreck ein und zertrümmerte die Fiberstahlpanzerung. Der kleine Mech wankte eine Sekunde, hielt sich aber aufrecht.
»Zwo, Meldung.«
»Nur Panzerungsschaden, Skipper. Kein Problem.« Deb Carson klang so selbstsicher wie immer. »Was nun?«
»Ich kümmere mich drum, Zwo.« Peter senkte das Fadenkreuz über den Turm. Der rechte Arm seines JägerMech kam hoch. Peter hatte sich für den Einsatz der Autokanonen entschieden, denn der Energiestrahl eines Lasers hätte die Brennsätze der noch in den Rohren steckenden Raketen auslösen können. Diese Explosion hätte ausgereicht, sämtliche hölzernen Gebäude des Dorfes in einem Feuersturm zu verschlingen, und das war das letzte, was Peter wollte. Wenn ihn sein Glück nicht ganz verlassen hatte, mußten die AK-Granaten in der Lage sein, den Turm zu zerstören, ohne die Raketen detonieren zu lassen.
Er zog das Fadenkreuz ein wenig tiefer, um den Turm runde fünf Meter unterhalb der Raketenwerfer zu treffen, dann überprüfte er noch einmal das Gelände im Hintergrund. Er schaltete kurz auf Infrarot um, erhielt aber keine Anzeige. »Achtung, Engel, der Turm kommt runter.«
Als Peter die Autokanone auslöste, stieg ein Geräusch halbwegs zwischen einem Schrei und einem mechanischen Kreischen aus der Waffe. Der Metallhagel, der aus ihrem Lauf schlug, zerteilte den Kirchturm wie eine gigantische Kreissäge. Die obere Turmhälfte hing eine Sekunde in der Luft, dann kippte sie langsam um und löste sich im Sturz in ihre Bestandteile auf.
Peter erlebte einen Moment des Hochgefühls, bevor die Katastrophe kam. Er sah den Turm zu Boden krachen und einen Raketenwerfer davonwirbeln. Während die Waffe scheinbar in Zeitlupe durch die Luft taumelte, gingen Peter die Richtlinien für die Bergung von Explosivstoffen aus Wohngebieten durch den Kopf. Bitte, geh nicht in die Luft!
Der Werfer explodierte nicht.
Aber das Gebäude hinter ihm.
Die Fenster des Kirchenschiffs leuchteten rotgolden auf, dann flogen sie davon. Flammen schlugen mit lautem Knall aus den Fenstern, stiegen zum Himmel und verschlangen das gesamte Gotteshaus. Ein wabernder Feuerball brach durch das Dach und ließ das mitternächtliche Bellerive taghell erstrahlen. Er schien eine Ewigkeit wie ein böses Omen über dem Ort zu hängen.
Lange blieb er nicht allein. Sechs weitere Häuser gingen in Flammen auf. Wie eine Epidemie, die sich durch das ganze Dorf ausbreitete, brachen immer neue Feuer aus und verstreuten brennende Trümmer ringsum. Die Trümmer entzündeten andere Häuser, und keine zwanzig Sekunden nach Peters Feuerstoß war Bellerive ein Raub der Flammen.
»Mein Gott! O mein Gott!« Peter starrte auf das brennende Dorf hinab. »Was habe ich getan?«
Zürich
Mark Sarna, Vereinigtes Commonwealth
»Ja, ich bin Dr. Lear.« Deirdre verbeugte sich reflexartig vor dem Mann, der aus dem Stuhl vor Rick Bradfords Schreibtisch aufstand. »Kann ich irgend etwas für Sie tun, Mr –?«
»Feng. Mein Name ist Feng Chiang. Zu Diensten, Doktor.« Der kleine Mann lächelte höflich und verbeugte sich mit einer Präzision, von der Deirdre wußte, daß sie großen Respekt ausdrückte.
»Rick? Ist das wieder so eine Mediensache?«
Bradford schüttelte den Kopf. »Nein, Deirdre. Mr. Feng ist den ganzen Weg von Solaris gekommen, um mit Ihnen zu reden. Die Nachricht über Ihre Heldentat ist bis dorthin gedrungen.«
Kai? Sie verdrängte ihre Furcht und hielt sich gerade. »Was führt Sie zu uns, Mr. Feng?«
»Mein Meister bat mich, Ihnen seine Grüße zu übermitteln. Er bittet Sie um die Ehre, Sie als Gast auf seinem Landgut willkommen heißen zu dürfen. Sie und Ihren Sohn.« Feng neigte entschuldigend den Kopf. »Er hat den Wunsch, Sie für Ihre Leistung im Dienste des Hospitals zu belohnen.«
»Sie können Kai Allard-Liao von mir ausrichten, daß wir uns vor Jahren auf Alyina bereits alles gesagt haben, was es zu sagen gab.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging zur Tür.
Fengs Stimme hielt sie auf. »Nein, Doktor, mein Meister ist nicht Kai Allard-Liao. Nicht er hat mich geschickt.« Der kleinwüchsige Chinese zog zischend die Luft zwischen den Zähnen ein, als habe er
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