BattleTech 39: Heimatwelten
bemühen. Er ließ mit stoischem Gleichmut traditionelle japanische Theateraufführungen und Konzerte über sich ergehen, die für Tonleitern geschrieben waren, die Katrina bestenfalls dafür geeignet erschienen, das Heulen läufiger Katzen wiederzugeben. Victor hatte Delikatessen aller Art vorgesetzt bekommen, einschließlich Fugu, aber der Koch hatte ihn korrekt zubereitet, und ihrem Bruder blieb ein qualvoller Tod erspart.
Das alles wäre zu ertragen gewesen, aber Victor schien sich tatsächlich zu amüsieren. Er lächelte viel, selbst wenn er nicht in Omis Begleitung war, und Katrina erkannte sofort, daß es kein ›Erschieß-michbitte-jemand, -damit-diese-Folter-ein-Ende-hat‹Lächeln war. Womöglich war es tatsächlich denkbar, daß er ein Gefühl für die Draconier entwickelte. Deren Respekt und Hochachtung Kriegern gegenüber war sicherlich ein mögliches Fundament für eine derartige Entwicklung. In eine tödliche Falle geworfen, hatte Victor nicht nur überlebt, es ging ihm augenscheinlich prächtig.
Katrina winkte Tormano Liao, den sie in ihr Büro gerufen hatte, damit er die Bilder mit betrachtete, unwirsch zu. »Schalten Sie das ab, Mandrinn. Wenn ich mir das länger ansehen muß, kristallisiert mein Blut. Die draconischen Redakteure müssen Stunden an diesem beschämenden Machwerk gesessen haben.«
Tormano richtete die Fernbedienung auf den Holovidbetrachter und preßte einen Knopf. Der Bildschirm wurde schwarz, und Liao drehte sich zu ihr um. »Auch wenn ich damit Gefahr laufe, Ihnen den Tag zu verderben, aber Ihre Leute halten all das für unbearbeitete Bilder realer Ereignisse, weder redigiert noch inszeniert.«
»Das kann ich kaum glauben. Ohne reichlich Übung wäre Victor nicht in der Lage, so spontan zu sein«, schniefte Katrina. Sie wanderte zu ihrem Schreibtisch und setzte sich, so daß Tormano sich auf der Couch schmerzhaft verrenken mußte, um sie im Blick zu behalten. »Die Bilder wurden unseren Medien von der staatlichen Mediengesellschaft des Kombinats überspielt?«
»Zum Teil. Tatsächlich haben die Draconier den Medien der übrigen Freien Inneren Sphäre einen bisher nie gekannten Zugriff auf ihr Holovidmaterial gestattet. Abgesehen von Besprechungen und Ereignissen, bei denen selbst wir Aufzeichnungen untersagen, erhalten wir alles.« Tormano zuckte die Achseln. »Es ist genug Material, um den weit überwiegenden Teil von Victors Tagesablauf zu rekonstruieren. Falls es Proben für einige dieser Veranstaltungen gibt, schläft er nur zwei Stunden pro Nacht.«
»Es interessiert mich nicht, wieviel er schläft.« Sie kniff die blauen Augen zusammen. »Haben wir irgend etwas darüber, mit wem er schläft?«
Tormano schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich bezweifle, daß man uns in dieser Hinsicht etwas vorspielt. Das draconische Dictum Honorium betont Reinheit und Harmonie vor allen anderen Werten. Omi Kurita hat die Funktion der Wahrerin der Hausehre übernommen, und ihre Einführung in diese Position wird im Kombinat als sehr positives Zeichen gesehen. Die erste Wahrerin der Hausehre im Jahre 2333 trug ebenfalls den Namen Omi Kurita.« »Ich bin sicher, die Dracs finden das alles faszinierend.«
»Bitte gestatten Sie mir, meine Ausführungen fortzusetzen, Archon. Ich komme zu einem Punkt mit Bezug auf das Sexleben Ihres Bruders.« Tormano verschränkte die Finger und legte die Hände auf die Rückenlehne des Sofas. »Die erste Omi Kurita legte die Grundregeln der Ehre fest, nachdem ihre jüngere Schwester auf Befehl des Vaters für die Verletzung der Gebote von Reinheit und Harmonie hingerichtet wurde. Wie es scheint, hatte die junge Shada Kurita einen bürgerlichen Geliebten, von dem sie schwanger wurde, womit sie das Ideal der Reinheit verletzte. Als ihr Vater ihr befahl, den Fötus abzutreiben, weigerte sie sich und verletzte das Ideal der Harmonie. Dafür bezahlte sie mit dem Leben.«
»Was aus Shadas Geliebtem wurde, ist nicht bekannt?«
»Nein, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß er die Tochter des Koordinators überlebte.«
»Ah, dann besteht doch noch Hoffnung, jedenfalls, wenn mein Bruder geil genug wird.« Katrina rollte mit den Augen. »Wie weit sind diese Bilder verbreitet worden?«
Der Capellaner lächelte. »Ein Teil wurde in Nachrichtensendungen gezeigt, aber nicht mehr als kurze Ausschnitte. Ich habe darum gebeten, das gesamte Material zunächst hierherzusenden, mit dem Versprechen, daraus eine Dokumentation anzufertigen. Wir haben ein vorläufiges Drehbuch
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