BattleTech 42: Feuer und Schwert
die Parder vor sich her getrieben hatten, war der Capellaner kaum zu ertragen. Vor der Invasion war Kingston nur selbstverliebt und streitsüchtig gewesen, aber seit dem Ende des Clan-Widerstands wirkte er nachgerade abstoßend. Er schlug Masters auf eine eindeutig als freundliche Geste gemeinte Manier auf die Schulter. Der Ritter-Kommandeur empfand es nur als unangenehm. »Was kann schon so schlimm sein? Ich bin sicher, die Frau General wird Ihnen und Ihren Leuten nichts befehlen, was Ihre ›empfindlichen ritterlichen Gefühle‹ verletzen könnte.«
»Wirklich?«
Masters konnte an Kingstons Gesicht ablesen, daß dieser sich nicht sicher war, ob der Ritter auf seinen Witz einstieg. Mit einem leichten Schaudern, das möglicherweise ein Zeichen von Furcht war, ließ der Capellaner Masters vorbei, aus dem HQ-Wagen und hinaus in die einbrechende Dschungelnacht.
Auf dem Weg rang Masters mit sich über die Befehle, von denen er wußte, daß sie kommen mußten. Sein Schwur als Ritter der Inneren Sphäre verpflichtete ihn, alle Schwachen und Hilflosen zu beschützen, einem besiegten Feind gegenüber Gnade und Mitgefühl zu zeigen. Aber derselbe Schwur verpflichtete ihn auch, die rechtmäßigen Befehle jener zu befolgen, die ihm rechtmäßig vorgesetzt waren. Er wußte seit dem Aufbau der Einsatzgruppe Schlanges, daß deren eigentliches Einsatzziel in der Vernichtung der Kriegerkaste Clan Nebelparders und aller Möglichkeiten des Clans zu militärischen Maßnahmen bestand. Er war bereit und entschlossen, diesen Befehl auszuführen, aber diese Bereitschaft änderte nichts an der Angst, die er in seinem Innern verspürte.
Masters hatte keine Angst um seine persönliche Sicherheit oder die seiner Leute. Er - genau wie seine Truppen - waren Krieger. Es war ihre Aufgabe, im Dienst ihres Lehnsherren ihr Leben zu riskieren. Nein, die Angst, die an seiner Seele nagte, war von anderer, weniger atavistischer Natur. Paul Masters befürchtete, daß die Einsatzgruppe es schwer haben würde, den Geist der Vernichtung wieder unter Kontrolle zu bekommen, wenn er erst einmal gegen die militärischen Möglichkeiten Dianas losgelassen war. Er befürchtete zudem, daß die Vernichtung sich auf die zivilen Viertel der Zielstädte ausdehnen könnte, sogar auf die Zivilisten selbst. Er hatte Angst, daß die Krieger, die nicht nur einen Clan, sondern die Heimatwelt dieses Clans vernichtet hatten, nach ihrer Rückkehr in die Innere Sphäre keine Hemmungen mehr zeigten, Heim und Herd eines Feindes auszulöschen. Masters hatte Angst davor, daß die Saat der Vernichtung, die hier auf Diana gesät wurde, in der Inneren Sphäre Früchte tragen konnte. Die Ritter waren gegründet worden, um das langsame Abgleiten der Menschheit in den Untergang aufzuhalten. Wie konnte er dabei mithelfen, den Prozeß der Selbstzerstörung zu beschleunigen?
Masters nickte schweigend, als er den Posten am Rand des Biwakareals der Ritter passierte. Die Anwesenheit der jungen Soldatin erinnerte ihn daran, daß dieses Gebiet nicht hundert Prozent sicher und er gut beraten war, auf Anzeichen von Gefahr zu achten. Er lächelte sie an und tippte leicht auf das schwarze Nylonholster an ihrer linken Hüfte. Die Ritterin lächelte zurück, als habe sie die Geste ihres Kommandeurs als Versprechen aufzupassen verstanden.
Er ging nur wenige Meter weiter, bevor er stehenblieb und hochsah. Hier und da waren durch das dichte Blätterdach fremde Sterne zu erkennen. Dianas einziger Mond war noch nicht aufgegangen, und er war hier in der Dunkelheit allein mit seinen Gedanken.
Lange Zeit lehnte Masters auf dem linken Unterarm am rauhen, schuppigen Stamm eines Dschungelbaums, ohne die Stechinsekten noch zu bemerken, die hungrig um seinen Kopf surrten. Er sah hinüber zu den warmen, einladenden Lagerfeuern, ohne sie aber wirklich wahrzunehmen. Seine Leute hatten sie entzündet, weniger, um sich warmzuhalten, als weil sie Soldaten waren, und Soldaten hatten schon immer Lagerfeuer entzündet, wann immer Zeit und Umstände es zuließen.
»Was mache ich jetzt?« fragte er laut. »Wie kann ich meinen Rittern ins Gesicht sehen und von ihnen verlangen, ihren Feind auszulöschen? Und wie soll ich mit mir selbst leben, wenn all das vorbei ist?«
Vielleicht lag es daran, daß er die Probleme in seinem Innern hörbar formuliert hatte, daß er die Antwort fand. Vielleicht war die Erklärung auch weit wunderbarer. Sir Paul Masters sollte sich dessen nie sicher sein, aber jedenfalls hatte er seine
Weitere Kostenlose Bücher