BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
Peripherie
31. März 3059
Livia Hawke saß in ihrem Büro an Bord der General Gordon und studierte den Bericht auf dem Datenschirm wohl schon zum tausendsten Mal. Zumindest schien es ihr so. Sie hatte ihren Rekruten ein hartes Trainingspensum verordnet, und allem Anschein nach machten sie Fortschritte.
Vor acht Tagen hatten die General Gordon und die Handelsraumer unter ihrem Schutz planmäßig am Rumpf des Händlersprungschiffs angedockt und waren ins System von Gillfillan's Gold gesprungen. Jetzt flogen die drei Landungsschiffe auf den Planeten zu. Noch konnte eine Menge schiefgehen, und Hawke hatte nicht vor, unvorsichtig zu werden. Am Vogelsangkamm hatte sie gelernt, daß selbst ein »Spaziergang‹‹ tödlich enden konnte.
Noch zwei Tage, dann würden sie aufgesetzt haben Sie freute sich darauf, nach Gillfillan's Gold zurückzukehren. Es war die einzige Heimat, die sie derzeit hatte. Aber bis die Händler ihre Geschäfte erledigt hatten und sicher wieder unterwegs waren, würde sie wachsam bleiben.
›König‹ Morrison‹ hatte inzwischen auf allen Welten der Randgemeinschaft zugeschlagen, nur nach Gillfillan's Gold hatte er sich bis jetzt nicht gewagt. Kommandanthauptmann Able war sich aber sicher, daß das nur eine Frage der Zeit war. Wenn Morrison versuchte den Rat der Planeten in Angst und Schrekken zu versetzen und Zweifel an der Fähigkeit der Aces zu säen seinen Regierungsbereich zu schützen, gab es keinen geeigneteren Ort. Gillfillan's Gold war nicht nur der Standort des Söldnerhauptquartiers. Hier hatte auch die Regierung der Randgemeinschaft ihren Sitz.
Das Problem war, daß es schon eine gewaltige Aufgabe war, einen einzigen Planeten zu verteidigen, geschweige denn derer sechs. Kommandanthauptmann Able hatte die drei Bataillone der Aces bei dem Versuch, die lebenswichtigsten Bereiche der Randgemeinschaft zu sichern, gefährlich aufgesplittert. Hawke verdrängte diese Sorgen aus ihren Gedanken und widmete sich wieder dem Studium der Berichte. Gunney Coombs hatte die neuen Rekruten bis an ihre Grenzen und darüber hinaus getrieben. Gymnastik, Nahkampf- und Schußwaffentraining und stundenlange Simulatorgefechte füllten jede wache Minute. Sie hatte auf einem vollen Stundenplan mit minimaler Freizeit bestanden. Ihre Rekruten waren gute Milizionäre, aber jetzt mußten sie sich als Frontsoldaten bewähren. Sie wußte aus eigener Erfahrung, daß manche Milizionäre das einfach nicht packten, und es war besser, sie jetzt gleich auszusieben, als sie später im Gefecht zu verlieren.
Diese Gruppe machte sich bis jetzt wirklich gut, und es beunruhigte sie, Harley Rassors Namen an der Spitze der Bewertungsliste zu sehen. Zu Beginn des Trainings war er ein harter Brocken gewesen, beinahe waghalsig. Aber er hatte sich bei den Übungen gut an die verschiedensten Mechs angepaßt und trotz jener ersten Simulation, die nichts derartiges hatte erwarten lassen, zeigte er eine Begabung für Teamwork. Rassors Werte in Mechführung und Treffsicherheit lagen gute zehn Prozent über denen seiner Kameraden. Im Nahkampf konnte ihn nur ein einziger der anderen besiegen. Wichtiger noch war, daß er bewiesen hatte, aus seinen Fehlern lernen zu können, eine der wichtigsten Fähigkeiten überhaupt für einen MechKrieger.
Das war noch nicht alles. Er teilte einige der körperlichen Merkmale und Eigenheiten seines Bruders. Das hätte sie nicht überraschen dürfen, aber es setzte ihr ständig zu. Es war, als würde Bens Schatten sie verfolgen und sie konstant an den Vogelsangkamm erinnern. Wann immer sie Harley sah, blickte sie in Benjamins Gesicht. Es war wie ein ständiger Vorwurf für die Art und Weise seines Todes.
Einen Punkt gab es allerdings, in dem er sich grundlegend von Ben unterschied: Harley Rassor haßte sie. Es war unübersehbar. Sein gesamtes Auftreten ihr gegenüber schrammte tagtäglich haarscharf an Insubordination vorbei. Aus genau diesem Grund hatte sie ihn heute zu sich bestellt. Sie mußten sich unterhalten, mußten die Spannungen abbauen. Kommandanthauptmann Able hatte ihr verboten, über die Geschehnisse am Vogelsangkamm zu sprechen, aber sie würde versuchen müssen, dieses Verbot so weit wie irgend möglich zu umgehen.
Es klopfte. »Herein«, sagte sie und stand auf. Harley Rassor kam herein und schloß die Luke. Dann nahm er Haltung an. »Schütze Harley Rassor meldet sich wie befohlen, Ma'am!«
»Stehen Sie bequem, Schütze«, forderte sie ihn auf und deutete auf den Stuhl vor ihrem
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