BattleTech 50: MechWarrior Trilogie
Schreibtisch. »Bitte, setzen Sie sich.«
Harley nahm Platz und saß ihr so steif gegenüber, als stünde er noch immer stramm. Das würde nicht einfach werden. Sie ließ sich langsam auf ihren Platz sinken, und wieder starrte ihr aus Harleys Gesicht Benjamin entgegen.
»Schütze Rassor, Sie haben sich seit Ihrer Ankunft hier bemerkenswert entwickelt. Sie haben die Spitzenposition in den Gefechtsbewertungen. Meinen Glückwunsch.«
»Danke, Ma'am«, erklärte er steif und sah über sie hinweg, an ihr vorbei, wohin auch immer, nur nicht zu ihr.
Hawke faltete die Hände und legte sie vor sich auf den Schreibtisch, um sich zu sammeln. »Schütze Rassor«, stellte sie mit einer gewissen Förmlichkeit fest. »Ich habe Sie hierher bestellt, um zu sehen, ob es uns gelingt, ein paar unserer Probleme aus der Welt zu schaffen.«
»Keine Probleme, Ma'am.« Sein Tonfall war knapp und korrekt.
»Schütze Rassor«, versuchte sie es noch einmal, und wählte ihre Worte mit Überlegung. »Seit Sie hier bei den Aces sind, spüre ich Ihre Feindseligkeit. Ich würde sagen, wir wissen beide, woher sie kommt.«
Harleys Wangen röteten sich leicht. »Ich weiß nicht, was Sie meinen, Ma'am.«
»Ihr Bruder Benjamin hat unter mir gedient.«
»Ja, Ma'am.«
»Er ist unter meinem Befehl gefallen.«
»Ja, Ma'am. Das ist er, Ma'am.«
»Und Sie geben mir die Schuld für seinen Tod.«
Diesmal antwortete er erst nach einer kurzen, aber spürbaren Pause. »Ich weiß nicht, Ma'am.« Etwas von der Verbissenheit in seiner Stimme war verklungen, aber nicht viel.
Irgendwie drängte es Livia Hawke, Harley zu sagen, wie sehr sie Benjamin geliebt hatte. Sie wollte ihm erzählen, daß ihre Nächte eine einzige Folter waren, in der sie schweißgebadet aufwachte und sich fragte, ob sie tatsächlich verantwortlich für seinen Tod gewesen war. Sie wollte ihm deutlich machen, daß auch sie einen furchtbaren Verlust erlitten hatte.
Aber sie konnte es nicht. Sie war eine Offizierin. Er war ein ihr unterstellter Soldat. Es wäre unangemessen gewesen, über etwas Derartiges mit ihm zu sprechen. Bei seinem Bruder hatte sie diese unsichtbare Linie überschritten, und dafür zahlte sie jetzt einen hohen Preis.
»Um ehrlich zu sein, Schütze, habe ich meine Aktionen am Vogelsangkamm auch in Frage gestellt. Ich habe mir die Begegnung noch einmal vorgenommen, habe jedes Quentchen an Daten überprüft, das wir von diesem Gefecht besitzen, alles, was wir wußten, alles, was wir gesehen haben, alles, was wir gehört haben alles, was dort geschehen ist. Ich habe nach etwas, irgend etwas, gesucht, was ich hätte tun können, um das Ergebnis anders ausfallen zu lassen. Ich habe nichts gefunden. Mit dem Wissen, daß ich damals besaß, hätte ich nichts anders machen können.« Es hatte eine Weile gedauert, aber schließlich hatte sie eingesehen, daß Kommandanthauptmann Able recht gehabt hatte.
»Dann dürfen wir wohl beide dankbar dafür sein, daß Sie nicht noch einmal vor dieser Entscheidung stehen«, stellte Harley kalt fest.
Sie ignorierte seinen Sarkasmus. »Als ich sah, daß Sie den Aces zugeteilt werden sollten, habe ich versucht, Sie aus der Liste zu streichen, Harley. Wie es scheint hat Ihr Vater Einfluß bei Kommandanthauptmann Able.«
»Mein Vater war derjenige, der wollte, daß ich mich zu den Aces melde.«
»Warum?« Hat eure Familie noch nicht genug Opfer gebracht?
»Die Wahrheit bedeutet uns viel. Ich bin hier, um herauszufinden, was wirklich mit Benjamin geschehen ist.«
»Ich war da.«
»Ja, Ma'am, das weiß ich. Sie waren die einzige Überlebende.«
Da war sie, die unausgesprochene Anschuldigung »Schütze, wollen Sie behaupten, ich hätte etwas mit dem Hinterhalt zu tun gehabt, in dem Ihr Bruder ums Leben gekommen ist?« Sie kannte die Antwort bereits. So hatte Kommandanthauptmann Able es gewollt, aber es schmerzte sie um so mehr zu wissen, daß auch Bens Bruder sie für schuldig hielt. Ihre eigenen Schuldgefühle lasteten schon schwer genug auf ihr.
»Nein, Ma'am«, gab er kühl zurück. »Ich stelle nur fest, daß Sie allein den Hinterhalt überlebt haben. Nicht mehr und nicht weniger Es gibt andere, die der Ansicht sind, daß Sie möglicherweise Ihre eigene Kompanie verraten und in den Hinterhalt geführt haben, um sie abschlachten zu lassen.«
»Glauben Sie dieses Gerede auch, Schütze?«
Harley zuckte leicht die Schultern. »Ehrlich gesagt, Oberleutnant, bin ich mir nicht sicher. Ich bin erzogen worden, selbst die Wahrheit herauszufinden, bevor ich ein
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