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Bauernopfer

Bauernopfer

Titel: Bauernopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Peter
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Bakterien und Viren einzuteilen.
    Gegen 07.00 Uhr waren die meisten Kollegen eingetroffen und der Tag nahm seinen Lauf. Die ersten Telefone klingelten. Auf dem Gang breitete sich Kaffeeduft aus, und in den Büros wurden Witze gerissen und kleine Geschichten vom Wochenende erzählt. Einige diskutierten lautstark über die zurückliegenden Bundesligaspiele, andere riefen flapsige Bemerkungen über den Gang hinweg von einem Büro zum anderen. Dann, Viertel nach sieben, hetzten die Kommissariatsleiter über den Flur, um sich zur Frühbesprechung im Büro des Dienststellenleiters zu versammeln und anschließend die Neuigkeiten in ihre Kommissariate zu tragen. Viele Kollegen hatten es sich angewöhnt, eine Kleinigkeit mitzubringen, um während der Morgenbesprechung zu frühstücken. Auch Charly hatte sich unterwegs eine Butterbrezel besorgt und saß nun zusammen mit den anderen Beamten vom K1 in dem schmalen Aufenthaltsraum, den irgendwer mit kürbisförmigen Teelichtern und Hexen-Fensterbildern halloweenmäßig dekoriert hatte. Hier warteten sie auf ihren Kommissariatsleiter, den Ersten Kriminalhauptkommissar Klaus Barsch. Wenn Barsch, so wie heute, lange auf sich warten ließ, war das für gewöhnlich ein schlechtes Zeichen. Denn entweder war übers Wochenende viel geschehen, was dann jede Menge Arbeit bedeutete, oder der Dienststellenleiter hatte so viele schwerwiegende Entscheidungen gefällt, dass die Erläuterung seiner geistigen Ergüsse den Zeitrahmen massiv sprengte.
    Charly hatte die Meldungen vom Wochenende im Kopf. Außergewöhnliche Fälle waren nicht darunter. Sein eigener Fall, bei dem offiziell noch unklar war, ob es sich um einen Selbstmord oder um ein Tötungsdelikt handelte, war eigentlich das Spektakulärste, was vorgefallen war. Darum war Charly auch überzeugt, den Fall nicht selbst weiterzubearbeiten. Wahrscheinlich würde Barsch einen der erfahrenen Ermittler daransetzen, und Charly könnte entweder zuarbeiten oder sich um irgendwelche anderen Kleinigkeiten kümmern.
    Mit mehreren Bogen Papier in der Hand betrat Barsch schließlich das Kaffeezimmer. Das Kaffeegemurmel erstarb und alle sahen ihn neugierig an. Barschs Gesichtsausdruck machte seinem Namen wieder einmal alle Ehre. Ihm folgte der KPI-Leiter, ebenfalls mit einer Miene, die nichts Gutes verhieß. Barsch nahm seinen Platz am Kopfende des langen Tisches ein. Die Kollegen rückten zusammen und schafften Platz für den Dienststellenleiter, der sich stöhnend rechts neben Barsch auf den frei gewordenen Stuhl fallen ließ. Der Chef hieß Konstantin Xaver Garn. In seiner Unterschrift kürzte er seinen Xaver ab und legte Wert auf ein elegant geschwungenes X, weshalb die Kollegen ihn ab und zu »Garn-X-Conny« nannten. Wenn über ihn gesprochen wurde, nicht mit ihm.
    »Zunächst kurz zum Tagesgeschäft«, begann Barsch die Besprechung, nachdem Garn endlich die richtige Sitzposition gefunden hatte. Dann verlas er die Kurzberichte, in denen es um einige Einbrüche in Firmen und Wohnungen, um kleinere Betrügereien, um zwei Sterbefälle in Krankenhäusern, um einen bisher unbekannten Exhibitionisten und um den Wohnungsbrand von gestern Abend ging. Auch der Eintrag, den Charly gestern Nacht erstellt hatte, wurde ohne besondere Betonung verlesen. Dann folgte eine Pause. Charly wollte sich gerade zu Wort melden, als Barsch weitersprach: »Und dann haben wir noch einen Fall. Der ist heute Nacht um 03.00 Uhr angelaufen. Die Kollegen vom Nachtdienst waren bis heut früh damit beschäftigt und konnten daher keinen Eintrag mehr in der Lagemeldung machen.« Das erklärte, warum Charly nichts davon gelesen hatte.
    »Die 16-jährige Kiara Bierschneider wurde kurz nach drei von ihrem Vater ins Klinikum gebracht«, fuhr Barsch fort. »Sie hat mehrere Schnitt- und Stichwunden. Lebensgefahr besteht aber nicht. Ihrem Vater gegenüber hat sie angegeben, es habe ein unbekannter, völlig in schwarz gekleideter Mann, gegen zwei Uhr an der Haustür geklingelt. Als sie öffnete, habe er sie in den Hausgang gedrängt und mit den Worten ›Deine Mutter hat mein Leben zerstört, dafür wirst Du jetzt büßen‹ auf sie eingestochen. Sie sei irgendwann bewusstlos geworden und im Gang liegengeblieben, wo sie ihre Eltern fanden, als sie von einem Empfang nach Hause kamen.« Barsch legte eine rhetorische Pause ein und blickte in die Runde.
    »Ach, geh …«, entfuhr es Charly. Doch Barsch brachte ihn mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen.
    »Gibt es eine Beschreibung von

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