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Bauernsalat

Bauernsalat

Titel: Bauernsalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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besonderen Schwung zu holen für den jetzt anstehenden Berg. Ich selbst bemerkte den Anstieg erst, als sich meine Oberschenkel noch doller meldeten. Schon nach wenigen Metern kam ich ins Keuchen. Lange würde ich nicht mehr durchhalten, dazu war meine Kondition zu schlapp und der Gang zu hoch. Mein Gehirn schaltete daher auf den letzten Versuch. Meine Beine kämpften – was pathetisch klingt, aber nicht treffender beschrieben werden könnte. Ich kam an Reineke heran. Schon waren mein Vorder- und sein Hinterrad auf einer Höhe. Auch Reineke keuchte. Das hörte ich ganz genau. Trotzdem versuchte er mich abzudrängen. Doch die Wendigkeit meines Crossrades kam mir hier zupaß. Ich gab noch einmal mein Letztes und schaffte es beinah, mit Reineke auf eine Höhe zu kommen. Jetzt mußte irgend etwas passieren. Ich hatte ihn beinahe eingeholt, aber ich mußte ihn jetzt wie auch immer vom Rad kriegen, sonst würde ich gleich kollabieren. In einem Sekundenfilm kamen mir meine Kindheitserinnerungen aus der Cowboyserie Bonanza in den Sinn. Wie locker hatte es doch immer ausgesehen, wenn Little Joe sich in vollem Galopp von seinem Pferd auf das des Ganoven gehechtet und ihn damit zur Strecke gebracht hatte. Ich konnte keine Sekunde länger nachdenken. Ich sprang einfach, in voller Fahrt. Noch während ich flog, dachte ich, wie schade es doch war, daß Alexa mich jetzt nicht sehen konnte. Und als ich landete, bemerkte ich, was mich grundlegend von Little Joe unterschied. Der Junge hatte sich kein einziges Mal verletzt.

41
    Mein Arm mußte gegipst werden. Falls Elle und Speiche trotzdem nicht gerade stehen blieben, sollte ich operiert werden. Ein Draht sollte dann eine gerade Heilung garantieren. Seitdem der Arm ruhig gestellt war, tat er kaum noch weh. Außerdem spielte ich die Sache herunter, um meinem Image als unverstandener Held weiter genüge zu tun.
    Es war alles so chaotisch abgegangen. Nachdem ich Reineke angesprungen hatte, war der mit voller Wucht aufs Gesicht gefallen. Er mußte sich ziemlich weh getan haben, aber trotzdem wehrte er sich noch beträchtlich. Bei mir schmerzte der Arm wie verrückt, aber ich hatte den Vorteil, auf Reinekes Körper gelandet zu sein, und so konnte ich ihn einigermaßen in Schach halten. Wenige Minuten später war Steinschulte dann in vollem Lauf herangestürmt. Er hatte vom Wagen aus Verstärkung angefunkt Just als er zum Haus zurückkam, hatte er plötzlich Reineke und mich vorbeirasen sehen. Er war uns mit dem Auto gefolgt, um Schlimmeres zu verhindern, hatte aber mit dem Auto auf dem unwegsamen Feldweg schon bald keine Chance mehr gehabt, war ausgestiegen und uns zu Fuß gefolgt. Steinschulte hatte Handschellen dabei, die er Reineke anlegte.
    Im Grunde genommen war es ein Scheißgefühl gewesen, ihn so abziehen zu sehen. Er war ein gebrochener Mann, verfolgt von den Bildern seiner Kindheit, die ihn zu einem Mörder hatten werden lassen. Reinekes Wunsch, den Schmuck zurückzubekommen, war wahrscheinlich dem Wahn entsprungen, dadurch irgend etwas wieder rückgängig machen zu können. Irgend etwas gutzumachen, was er seiner Familie immer schuldig geblieben war. Nicht willentlich, sondern weil die Verhältnisse es nicht anders zugelassen hatten. In Reinekes Gedanken war Franz Schulte-Vielhaber einer der Verursacher, die seine ganze Not herbeigeführt hatten. Einer der wenigen, an die Reineke sich noch hatte wenden können, aber gleichzeitig einer, der über ihn nur höhnisch gelacht hatte.
    All das ging mir durch den Kopf, als ich Steinschulte und Reineke den langen Weg bis zur Straße folgte. Ein Weg, auf dem keiner von uns sprach, weil jeder für sich die Situation so bedrückend fand. Wir gingen an Steinschultes Wagen vorbei. Offensichtlich wollte der Kommissar Reineke lieber in dem Streifenwagen unterbringen, der inzwischen angekommen sein mußte. Als wir uns der Straße näherten und das erste Licht den Feldweg beleuchtete, kam uns plötzlich Max entgegen.
    Er warf nur einen kurzen Blick auf Christoph und Reineke und kam dann auf mich zu. Einen Augenblick sahen wir uns an, dann fiel er mir wortlos in den Arm. Ich schrie vor Schmerzen. Max fuhr erschrocken zurück. Dann warf er einen Blick auf meinen Arm, an dem mein Hemdärmel locker herumschlockerte. Max schob ihn vorsichtig hoch.
    »Oh Scheiße!«, sagte er dann. »Das sieht aber ziemlich kaputt aus!«
    Tatsächlich konnte man den Bruch von außen gut erkennen. Alexa, die sonst hartgesotten war, hielt sich die Hand vor den Mund, als

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