Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
auf den feindlichen Schiffsrumpf lenken. Die immense Wucht und Hitze eines solchen Treffers konnte für das ungeschützte Metall verheerende Folgen nach sich ziehen.
Bei der Verteidigung waren in ein Gefecht verwickelte Schiffe vorrangig damit beschäftigt, absorbierte Energie von den Abwehrfelder abzustrahlen. Aufgrund der pseudo-kristallinen Struktur der Felder wurde die eintreffende Energie nicht immer gleichmäßig verteilt, weshalb ein einwandfrei funktionierendes Verteidigungssystem auch stets mit externen Vorrichtungen ausgerüstet war – Verteiler, die die Energielinien des Felds sorgfältig korrigierten, sobald Energie von ihnen aufgenommen wurde, sowie Leiter, die für einen Ausgleich der Energieabsorption innerhalb des Felds insgesamt sorgten. Ein Schiff also, das nur von vorn, von Steuerbord und von oben beschossen wurde, konnte diese Energie umleiten nach Backbord, nach hinten und nach unten, womit sich die Strahlungskapazität des Schiffsfelds deutlich steigern ließ.
Die Aktivitäten dieser Geräte in Verbindung mit permanenten, halb zufälligen Bewegungen eines Schiffs erschwerten eine Analyse der Feldstruktur in ganz erheblichem Maß. Waffenstationen mussten versuchen, die Struktur vorherzusagen, die sich gebildet haben würde, wenn ein Schuss sein Ziel erreichte. Daher setzten die besten Waffenoffiziere neben ihrem Wissen über die Mathematik der Felddynamik ein intuitives Gefühl für die Struktur und den Energiefluss ein, während das Feld auf ihren EM- und gravo-metrischen Anzeigen als konstanter Wirbel dargestellt wurde. Die besten Schützen agierten in gewisser Weise wie in jenen primitiven Zeiten, als ein meisterlicher Belagerer seine Intuition und Erfahrung benutzte, um Scheitelkreis und Entfernung zu berechnen, und er sich mehr auf unbestimmbare Faktoren verließ als auf die primitiven Instrumente, die ihm zu der Zeit schon zur Verfügung standen. Ein guter Captain war in der Lage, seinem Schützen zu vertrauen, auch wenn er dessen unwissenschaftlichen Methoden mit Skepsis begegnete.
»Es dreht bei, Captain«, sagte Chan. Pam Fordyce brütete über der Feuerkontrolle, während zwei Mann ihrer Crew damit beschäftigt waren, das Feld des Eclipse-Schiffs zu berechnen, das ihnen am nächsten war.
»Gut, vielleicht lassen sie dann die Anson für ein paar Minuten in Ruhe.« Die Abwehrfelder des imperialen Schiffs glühten bereits weißlich, was erkennen ließ, dass der Zeitpunkt der Überladung nicht mehr fern war. »Sieht so aus, als hätte die Anson achtern an Backbord einen Hüllenbruch abbekommen. Bei etwa vierzig Grad.«
»Bruch bestätigt, Sir«, meldete sich Chan zu Wort. »Masseradar zeigt an, dass die Anson sich am Sprungpunkt befand, als der Angriff gestartet wurde. Er muss die Felder abgeschaltet haben.«
»Verdammter Narr.« Es war eine übliche Vorgehensweise, »clean« – also ohne Abwehrfelder – zu fliegen, um Energie zu sparen. Wenn jedoch mit einem Angriff zu rechnen war, empfahl sich diese Methode nicht. Tja, aber mit einem Angriff war ja nicht zu rechnen gewesen, sagte Sergei sich. »Waffensektion, feuern Sie. Machen wir mal auf uns aufmerksam.«
»Feuerbereit, Sir«, hörte er Pam sagen. Die beiden anderen Schützen arbeiteten weiter am Feldproblem, und Sergei sah, dass Pam ebenfalls damit befasst war.
»Feuern Sie drauflos.«
Sechs supraheiße Energiekugeln schössen aus den Schächten im Rumpf der Lancaster und jagten durch das All ihrem Ziel entgegen. Sergei kam es so vor, als hätte er den Abschuss gespürt, obwohl er genau wusste, dass Plasmatorpedos keinen Rückstoß erzeugten. Alle sechs erreichten im nächsten Moment ihr Ziel, als die feindliche Eclipse zwischen Heck und ungefähr mittschiffs getroffen wurde.
»Bereitmachen, um das Feuer zu erwidern.«
Die Eclipse hatte sich zwar entsprechend ausgerichtet, um den eingehenden Beschuss besser aufzunehmen, aber ihr Ziel war unverändert die Anson, die sie unablässig mit immer mehr Energie beharkte. Sergei befahl eine weitere Salve, die ebenfalls ins Ziel traf. Gleichzeitig begannen die Felder der Anson immer heller und heller zu glühen.
»Schäden an den Verteilern und Leitern der Anson, Captain«, meldete Chan. »Ich schätze, ihnen bleiben noch maximal fünf Minuten, es sei denn, wir können den Angreifer ausschalten. Aber selbst dann …«
»Steuermann, ein Viertel voraus. Kom, rufen Sie die Anson. Sagen Sie ihnen, sie sollen sofort von hier abhauen.« Er hörte, wie die Nachricht rausging, war sich
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