Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
wieder in Paris bist?«
»Ja. Jay dachte, sie könnte mir dabei helfen, hier eine Unterkunft zu finden, und er hatte recht. Sie hat etwas für mich aufgetan, genau wie er gesagt hat, aber leider läuft es nicht ganz so, wie ich gehofft hatte.«
Ich schlucke meine Gekränktheit hinunter, dass Jay sich, als er Hilfe brauchte, zuerst an Alex gewandt hat und nicht an mich. »Ah. Also, bei Alex ist eigentlich das Einzige, was man mit einer gewissen Genauigkeit vorhersagen kann, dass sie immer irgendetwas völlig Unvorhersehbares auslöst. Die Welt funktioniert nun mal nicht so, wie Alex sich das vorstellt.«
»Wie meinst du das?«, fragt PJ mich.
»Na ja, zu Beginn des Schuljahres hatte sie zum Beispiel die Idee, wir könnten einen Pakt schließen, dass sich jeder von uns einen Freund angelt. Als wäre das so einfach. Und wenn wir sie dann hätten, wären wir glücklich bis an unser Lebensende. Aber mit jemand auszugehen, sich mit jemandem zu treffen, fühlt sich ganz anders an. Das ist nicht einfach irgendetwas, das man kriegen kann. So wie einen neuen Mantel. Klingt das nachvollziehbar?«
»Natürlich ist das nicht so«, bestätigt PJ. »Mit jemandem zusammen zu sein, den man wirklich, wirklich mag ...«
»Oder liebt...«, werfe ich ein, denn mir ist nicht entgangen, dass sie noch mit keinem Wort erwähnt hat, ob sie Jays Gefühle erwidert.
»... ist ein total überwältigendes Gefühl. Das ist nicht vergleichbar damit, etwas zu kaufen oder etwas zu tun, das man schon immer mal tun wollte. Eigentlich ist es sogar eher paradox. Denn je öfter man jemanden küsst, je öfter man ihn berührt, desto sehnlicher will man es wieder tun.«
»Es ist unersättlich«, sage ich.
»Genau!« Wir lachen beide.
Dabei kann ich sogar fast vergessen, dass das, was sie so sorgsam beschrieben hat, ihre Gefühle für Jay sind. Meinem Jay. Oder meinem früheren Jay. Oder meinem früheren Bild von Jay und mir.
Nachdem ich ein paar abfällige Bemerkungen über die Schlange gemacht habe, die am Riesenrad an der Place de la Concorde ansteht, gehe ich mit PJ die Rue de Rivoli hinunter, an Massen von fotografierenden Menschen vorbei. Aber PJ ist auf dieser belebten Straße so angespannt, dass ich meine Pläne über den Haufen werfe und vorschlage, zum Jardin du Palais Royal zu gehen. Soweit ich gehört habe, gibt es im Park eine Art kleines Festival. Bestimmt ein guter Ort, um sich etwas zu essen zu besorgen. Langsam bekomme ich nämlich Hunger.
»Gut«, sagt PJ. »Da bin ich noch nie gewesen. Das könnte okay sein.«
Die Sonne ist leider schon hinter den Wolken verschwunden, bevor sie untergeht, was echt schade ist, weil es ansonsten ein ziemlich schöner Tag war. Wir betreten den Park durch den Seiteneingang. Normalerweise ist es hier recht ruhig, ein Ort, an dem die Leute aus dem Bankenviertel direkt nördlich von uns mittags sitzen und ihr Essen verzehren. Was für ein Festival die Stadt Paris hier in dieser Woche auch veranstaltet, so scheint es noch nicht richtig losgegangen zu sein: Nur eine kleine Menschentraube umringt eine Live-Akustik-Band. Es gibt ein paar Imbissstände, an denen eine Art Fladenbrot mit einer Bohnenpaste darauf verkauft wird. Aber da es eher nach dreckigen Schwämmen aussieht, verzichte ich dann doch lieber darauf.
»Habt ihr, du und Jay, euch denn irgendwie gestritten oder so?«, frage ich schließlich. Darüber zerbreche ich mir schon den Kopf, seit sie an meiner Türschwelle aufgetaucht ist. Wir setzen uns ungefähr fünfzig Meter von der kleinen Bühne entfernt auf Stühle. Von hier aus können wir die Musiker zwar nicht sehen, aber hören. Dank der roten Lämpchen, die den Park dekorativ verzieren, entsteht eine recht festliche Stimmung. Ich bin froh, dass wir hier heute Abend hergegangen sind. »Wie kommt's, dass du jetzt nicht bei ihm bist?«
»Wir haben uns gestritten. Vielleicht ist sogar Schluss«, sagt PJ und tritt mit ihren schmutzigen Turnschuhen gegen Kieselsteinchen. »Ich bin mir nicht ganz sicher.«
»Alles okay mit dir?«
»Nein«, antwortet sie unglücklich. »Alles hat sich verändert - mein ganzes Leben -, seit er mich zum ersten Mal geküsst hat.«
»Ja, ich weiß, was du meinst«, entgegne ich. Auch wenn André nach dem Abend im La Zèbre in der darauffolgenden Woche jeden Tag angerufen hat, dann nur, um sich nach Olivia zu erkundigen und sich darüber auszulassen, was für eine schlimme Erfahrung es war, als wir Drew bis zu seiner Wohnung gefolgt sind und herausfanden, was für
Weitere Kostenlose Bücher