Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
bringe dir was anderes zum Anziehen. Olivia und Alex lassen andauernd Zeug hier rumliegen. Rühr dich nicht vom Fleck.«
Sie lacht. »Na ja, ich kann ja auch gar nicht weg, wenn du meine Kleider mitnimmst. Also ja: Ich bleibe hier.«
Ich kehre mit einer von Olivias Tanzleggings zurück und einem Jerseykleid, das Alex früher oft getragen hat, aber jetzt natürlich schon eine ganze Weile nicht mehr. Schließlich hat sie es hier vergessen und ich spreche ja nicht mehr mit ihr. Ich kann es nicht leiden, dass Mädchen immer überall ihre Sachen verstreuen müssen. Auch wenn sich das heute ausnahmsweise mal als ganz nützlich erweist.
»Ich habe aber leider keine Unterwäsche für dich«, sage ich. Bestimmt merkt sie, dass ich dabei rot werde. Ich habe noch nie mit einem Mädchen über Unterwäsche geredet.
»Ich trage eigentlich auch keine«, entgegnet sie, und mit einem Mal überkommt mich tiefstes, aufrichtiges Mitgefühl für Jay. Sie macht es ihm echt nicht gerade leicht, sie nicht mehr zu begehren. PJ zieht sich im Bad an und kommt dann in mein Zimmer. Die Kleider, die ich ihr gegeben habe, passen ziemlich gut. Aber bei ihrer Figur würde ihr alles passen. Ich habe sie noch nie in figurbetonten Klamotten gesehen. Wenn ich sie nicht kennen würde, würde ich jetzt sicher denken, dass sie nur ein weiteres Möchtegernmodel ist, das sich in Paris tummelt.
»Ich schlage vor, dass wir spazieren gehen, ehe meine Gasteltern nach Hause kommen«, sage ich. »Sonst findest du dich morgen früh noch auf den Titelseiten der Pariser Zeitungen wieder - mit dem Wort TROUVÉE über deinem Foto.«
»Aber wohin sollen wir?«, fragt sie nervös.
»Hast du Lust, einen Best-of-Paris-Spaziergang zu machen? Hier können wir wirklich nicht bleiben.«
»Was ist ein Best-of-Paris-Spaziergang?«
»Ach, nur so was Albernes, das Alex und ich uns mal ausgedacht haben. Weil wir ja beide recht nah am Eiffelturm wohnen«, erkläre ich. »Bevor ich hergekommen bin, war ich irgendwie total heiß drauf, alle Sehenswürdigkeiten von Paris zu sehen, weißt du? Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass diese Sehenswürdigkeiten nicht zu meinem Alltag gehören würden, sondern dass ich sie nur hin und wieder zu sehen bekäme. Aber dann geschieht das Wunder, und ich komme in eine Unterkunft, von der aus ich den Eiffelturm tagtäglich auf dem Schulweg sehen kann. Genau wie Alex. Also haben wir damit begonnen, ab und zu, wenn wir gerade nichts anderes vorhatten, diesen Weg zu laufen: Wir sind zu Fuß vom Place Cambronne aus zum Eiffelturm gegangen, dann über die Pont d'Alma rüber und die Champs-Elysées entlang und von dort weiter zum Jardin des Tuileries und zum Louvre und so weiter. Die übliche Touristenstrecke eben.«
»Ah«, sagt PJ. »Gut, das können wir gerne machen. Aber ich hatte gehofft, anonym zu bleiben.«
»Mädchen, das ist die anonymste Route, die du in Paris überhaupt wählen kannst. Da sind nur wild fotografierende Italiener und Engländer. Die werden dich nie im Leben erkennen.«
PJ zieht Mantel und Schuhe an, und wir gehen aus der Tür. Eine Weile lang laufen wir schweigend nebeneinander her.
Als wir um die Ecke biegen und uns gerade unter die vielen Menschen am Champs-Elysees mischen, saust plötzlich irgendein Touristenkind zwischen PJs Beine und stolpert, sodass seine Tasche zu Boden fällt und lauter Sachen herauskullern. Wir sammeln alles wieder ein und stehen auf. PJ ist völlig aufgelöst. Ich lege den Arm um sie und gehe mit ihr weiter die Straße hinunter. »Alles okay«, versichere ich ihr. »Das war doch nur ein Kind.«
»Ich weiß nicht, Zack. Das war irgendwie komisch.«
»Wir müssen nicht weiterlaufen, wenn du dich dabei nicht wohlfühlst.«
»Nein«, sagt PJ nach einem tiefen Atemzug. »Das habe ich echt vermisst.«
Ich lächle. »Ja, das habe ich mir fast gedacht.«
Es erfüllt mich noch immer mit einem freudigen Gefühl, wenn ich hinter mich schaue und die ganzen Autos sehe, die um das Rondell am imposanten Are de Triomphe herumfahren. Die Champs-Élysées möchte gern eine edle Einkaufsstraße sein, und das ist sie auch, aber dabei spiegelt sie gar nicht so sehr den Pariser Stil wider, als vielmehr das, was die Touristen in Paris zu finden hoffen. Trotzdem liebe ich es immer irgendwie, hier entlangzuschlendern.
»PJ«, sage ich. »Wo wohnst du eigentlich gerade?«
»Ach«, entgegnet PJ. »In irgend so einer Bleibe. Um ehrlich zu sein, hat Alex sie mir vermittelt.«
»Alex weiß also, dass du
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