Befreiung der Gesellschaft vom Staat. Was ist kommunistischer Anarchismus?, Die
der Familie mit zentralen Machtbefugnissen aus, machte ihm das Aufpassen auf die Frau in ihrem gesamten Triebleben und der Frau das gleiche Aufpassen auf den Mann in seinem geschlechtlichen Verhalten zur sittlichen Pflicht, erzog zugleich die Kinder im Geiste strenger Unterordnung vom Anfang des Lebens an und erweckte in ihrem Nachahmungsdrang mit dem Vorbilde der väterlichen Machtvollkommenheit von frühauf das Streben, selbst Macht zu erwerben.
Auf keinem anderen Gebiet ist die Abtötung der natürlichen Lebensinstinkte in dem Maße gelungen wie im Bezirk der Geschlechtlichkeit. Selbst bei Anhängern autoritätsfeindlicher Lehren trifft man vielfach die Neigung, dem Recht auf Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Gleichheit im eigenen Familienkreise den Einlaß zu verwehren. Das wird mit der Behauptung erklärt, die Eifersucht sei ein angeborenes, darum unbedingt gültiges Gefühl, in der Liebe naturhaft begründet daher als Stütze der Gegenseitigkeitsbeziehung den Gattenanspruch auf Ausschließlichkeit der Geschlechtsgemeinschaft moralisch rechtfertigend. Aus solcher Sinnesart spricht nichts als völlige Verfangenheit in den autoritären Vorstellungen, wie sie Kirche, Staat und Schule in jahrtausendlanger inbrünstiger Mühe den zur Beherrschung auserkorenen Gemütern eingeflößt haben. Wer auf die Geschlechtshingabe eines anderen Menschen einen Rechtsanspruch erhebt, verlangt die Preisgabe der eigenen Verfügung eines anderen Menschen über sich selbst, will Besitzer einer zweiten Person sein, ist Sklavenhalter; wer umgekehrt den Anspruch eines anderen auf seinen Körper anerkennt, begibt sich notwendig des Rechtes auf sich selbst in allen Lebensbeziehungen und wird Sklave eines Nebenmenschen. Wer aber irgendwo Sklavenhalter oder Sklave sein kann, der kann es überall sein undwird es überall sein. Eifersucht ist Besitzneid, bezogen auf die Liebesempfindungen eines anderen Menschen. Neid wird allenthalben als eine der erbärmlichsten Eigenschaften der Menschen ausgegeben, sofern er sich auf Güter erstreckt, die der Reichtum der Armut vorenthält. Neid gilt also als Schande, wo er der Ungleichheit in der von Menschen veranstalteten Verteilung des sachlichen Eigentums Abbruch zu tun droht. Der Neid hingegen, der der anderen Person aus Eigennutz die selbständige Entschließung über das ureigenste Verhalten in den privatesten Dingen mißgönnt, dieser Neid wird mit dem Heiligenschein einer Liebestugend umkränzt, ihm wird allerorts Ehrfurcht erwiesen, an ihn klammert sich der sonst hoffnungslos verknechtete Unterdrückte mit seiner Herrschsucht und seinem Machtwahn.
Es hat Zeiten gegeben, in denen die Vaterschaftsfamilie unbekannt war. Bevor es einen Staat gab, bevor das Priestertum und die Waffenträger Vorrechte und Macht über die Menschen brachten, galt das Mutterrecht, das der Frau die Wahl ließ, wer jeweils Vater ihrer Kinder werden sollte. Damals erfuhr offenbar die geschlechtliche Eifersucht nicht die Einschätzung eines berechtigten Anspruchs einer Person auf die andere. Ganz allmählich, in langen Uebergangszuständen ist aus der völlig ungebundenen Männer- und Frauengemeinschaft, bei der die Zahl der Gatten und die Dauer der Verbindung im Belieben aller Beteiligten stand, die Familie entstanden, zuerst in der Form, daß die Mutter den Vater ihrer Kinder zur Teilnahme an der Hausgemeinschaft zuließ, dann in Gestalt der Sippenehe, bei der Männer und Frauen innerhalb der Verwandtschaft einander verfügbar waren, schließlich, in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der Eigentumsvorrechte, in Gestalt der Vaterherrschaft. Aber erst mit der Ausbreitung des jüdischen Gottglaubens, wo ja die Vaterautorität deutlich versinnbildlicht ist, erhielt die den zentralistischen Grundgedanken von Kirche und Staat angepaßte Einrichtung der Vaterehe die Weihen der Heiligkeit. Der kommunistische Anarchismus ist schlechterdings als gesellschaftliche Wirklichkeit nicht vorstellbar, ohne daß dem Staat und jeder Art Zentralismus und Ausbeutung durch die Entfernung, ja durch die Aechtung familiärer Macht- und Hoheitsverhältnisse die Grundlage entzogen wäre. Wollen zwei Menschen ihr Leben gemeinsam führen, so ist das Sache ihrer eigenen Uebereinkunft; sobald aus dieser Uebereinkunft ein gegenseitiges oder einseitiges Besitzrecht oder gar Alleinbesitzrecht entsteht, ist im engen Kreise ein Machtzustand geschaffen, der mit unausweichlicher Notwendigkeit andere Personen in Mitleidenschaft zieht, zunächst
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