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Bei null bist du tot

Bei null bist du tot

Titel: Bei null bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johanson
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irgendetwas über ihn erzählen?«
    »Nicht viel. Immer wenn er sich erinnerte, überfielen ihn Krämpfe, und er fing an, vor Schmerzen zu schreien. Ein kleines posthypnotisches Geschenk von Reilly. Inzwischen geht es ihm besser, aber seit jenem ersten Monat habe ich es nicht noch einmal versucht, ihn nach Reilly zu fragen. Ich will abwarten, bis er wieder gesund ist. Wenn das überhaupt passiert.«
    »Schließlich haben Sie sich mit Trevor zusammengetan. Warum?«
    »Ich war einer von denen, die Dupoi benachrichtigt hat, als er versuchte, Trevor hereinzulegen. Jeder in Herkulaneum wusste, dass ich interessiert war, und Dupoi dachte, ich hätte genügend Geld, um den Preis hochzutreiben.« Er verzog das Gesicht. »Ein großer Irrtum. Aber von Dupoi habe ich genug über Trevor und seine Geschichte erfahren, um zu dem Schluss zu gelangen, dass wir die gleichen Ziele haben könnten – und die nötigen Kontakte, um Reilly aufzuspüren.« Er sah Jane direkt in die Augen. »Und? Fürchten Sie sich jetzt vor Jock?«
    Sie drehte sich kurz zu Jock um. »Ein bisschen schon.«
    »Dann hab ich’s wohl vermasselt. Ich dachte, Sie würden es verstehen.«
    »Zweiundzwanzig Morde zu verstehen ist schwer.«
    »Wenn er ein Killer im Auftrag Ihrer Regierung gewesen wäre, würden Sie das akzeptieren. In manchen Kreisen würde man ihn als Helden feiern.«
    »Sie wissen genau, dass dieses Argument nicht zieht. Es tut mir Leid für ihn, aber ich begreife einfach nicht, wie Reilly ihn dermaßen für seine Zwecke gefügig machen konnte.« Sie straffte die Schultern. »Also werde ich es auch nicht versuchen. Ich werde einfach akzeptieren, dass es passiert ist.«
    »Heißt das, Sie wollen sich von ihm abwenden?«
    »Ach, Sie können mich mal. Er ist schließlich nicht mein Problem.« Was würde sie tun? Jock berührte und beschäftigte sie, seit sie ihn das erste Mal gesehen hatte. Diese Horrorgeschichte schockierte sie, gleichzeitig empfand sie tiefes Mitleid mit dem Jungen. »Ich weiß noch nicht, was ich tun werde.« Aber wie auch immer sie sich entschied, sie musste den Tatsachen ins Gesicht blicken. Sie überquerte den Turnierplatz und ging entschlossen auf Jock zu.
    Er schaute sie mit großen Augen an, als sie näher kam. »Er hat dir von mir erzählt, stimmt’s? Und jetzt willst du mich nicht mehr zeichnen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil ich ein Scheusal bin«, sagte er schlicht. »Jetzt siehst du es, nicht wahr?«
    Zum Teufel noch mal. Wieder empfand sie dieses herzzerreißende Mitleid. »Du bist kein Scheusal. Du hast nur scheußliche Dinge getan. Aber du wirst nie wieder so etwas tun.«
    »Vielleicht doch. Er hat gesagt, ich bin so. Dass ich nichts anderes tun kann.«
    »Wer? Reilly?«
    »Manchmal glaube ich ganz fest, dass er Recht hat. Es ist so einfach, und ich muss nicht nachdenken.«
    »Nein, er hat nicht Recht. MacDuff wird dir das bestätigen.«
    Er nickte. »Das sagt er mir auch immer.«
    »Und ich sage es dir auch.« Sie schaute ihm in die Augen. »Also hör auf, dummes Zeug zu reden, und vergiss dieses Arschloch.« Sie wandte sich zum Gehen. »Wir treffen uns in einer Stunde im Hof. Ich muss die Zeichnung fertig stellen.«
    Sie hatte ihm nur den kleinen Finger gereicht und sie konnte immer noch einen Rückzieher machen. Als sie den Pfad um die Burgmauer herum erreichte, drehte sie sich noch einmal um. MacDuff hatte sich auf den Felsen neben Jock gesetzt und redete schnell und leise auf den Jungen ein. Jock nickte, aber er konnte den Blick nicht von Jane abwenden.
    Und dann lächelte er. Ein Lächeln voller Trauer, Wissen und Hoffnung, verdammt.
    Sie seufzte. Sie hatte keine Wahl.
     
    »Ist dir jemand gefolgt?«, fragte Reilly Chad Norton, als der ihm das Päckchen reichte.
    »Nein. Ich war vorsichtig, aber mir ist niemand gefolgt, und ich habe die Schachtel auf einen Peilsender hin untersucht. Alles okay.« Norton schaute Reilly Lob heischend an.
    Reilly wusste nicht recht, wie er sich entscheiden sollte. Lob oder Schelte? Das war stets ein heikler Balanceakt bei den Subjekten, die er sich für tägliche Arbeiten im Haus hielt. Man hätte meinen sollen, es wäre eine leichte Aufgabe, doch Nähe konnte den Befehlseffekt abstumpfen lassen. In diesem Fall war wohl eine Mischung angebracht. »Du hast zu lange gebraucht. Du hast mich warten lassen.«
    Norton erstarrte und Reilly sah die Panik in seinen Augen. »Ich wollte mich beeilen, habe mich aber nicht getraut zu rasen. Sie haben mir gesagt, ich soll auf keinen

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