Beichte eines Verfuehrers
offenen Bereich zwischen den Schließfächern hallte das Auf und Ab des weiblichen Geschnatters wider. Ich stand alleine zwischen all den anderen.
Katie hatte mir den Gutschein für einen Tag im Spa zu Weihnachten geschenkt, aber bis heute hatte ich keine Zeit gefunden, ihn einzulösen. An den Wochenenden und abends hatte ich keine Zeit, bis ich mich entschloss, unter der Woche tagsüber dorthin zu gehen. Jetzt fühlte ich mich schuldig, weil ich die Zeit nutzte, in der ich für meine Patienten da sein sollte, um mich selbst verwöhnen zu lassen.
Die fröhliche Mitarbeiterin hatte mir geraten, die Sauna, den Whirlpool und das Dampfbad zu benutzen, solange ich auf meine Massage wartete. Der Whirlpool war so groß, dass zehn Frauen hineinpassten. Das sprudelnde Wasser war eine perfekte Ergänzung zu dem Auf und Ab aus Kichern und vertrauten Erzählungen über Ehemänner und Kinder.
Niemand beachtete mich, aber ich fühlte mich völlig deplatziert. Ich legte den Bademantel ab und hängte ihn an einen Haken, bevor ich mich neben einer breiten, rotgesichtigen Frau ins Wasser gleiten ließ. Sie trug einen Badeanzug mit Leopardenprint.
„Hey“, sagte sie plötzlich. „Kannst du ein Stückchen weiterrücken? Ich halte den Platz für meine Schwester frei, sie ist im Moment noch im Dampfbad.“
Natürlich gab ich nach und rutschte einen Platz weiter, obwohl in dem Whirlpool noch Platz genug war. Die Frau drehte sich zu ihrer Begleiterin, die auf der anderen Seite saß und verfiel wieder in ihre laut schreiende Unterhaltung über die ungewöhnlichen sexuellen Vorlieben ihres Mannes.
„Er schaut sich diese Filme an, die nachts auf dem Kabelkanal kommen“, rief sie, als säße sie daheim an der Kaffeetafel und nicht an einem öffentlichen Ort, wo ihr ein halbes Dutzend Fremde zuhören konnte. „Und dann kommt er auf diese merkwürdigen Ideen!“
Ihre Freundin, eine geliftete Blondine mit dunkelrot lackierten Fingernägeln seufzte dramatisch. „Mein Mann will mich die ganze Zeit berühren. Er will Händchen halten, dicht neben mir schlafen, aber ich will das alles nicht.“
Ich konnte mir das nicht länger anhören. Es war nicht, weil sie irgendwie bösartig über ihre Männer redeten. Beide klangen so, als liebten sie ihre Männer. Zudem zeigten ihre Ehemänner ihnen ja nach wie vor, dass sie begehrt wurden. Sie verfielen nicht in den bitteren Tonfall jener Frauen, die vorgaben, ihre Männer zu lieben und sie im Grunde hassten.
Trotzdem fühlte ich mich mies und völlig fehl am Platz, weil ich alleine da war und jeder jemanden mitgebracht hatte. Hier zu sitzen und ihnen zuzuhören war so, als würde ich mich selbst mit einer Bratpfanne auf den Kopf schlagen – ein dumpfer Schmerz war die Folge.
Nicht mal als ich aufstand und in das leere Dampfbad ging, unterbrachen sie ihre Unterhaltung. Hier konnte ich wenigstens alleine sein, ohne mich wie ein Außenseiter zu fühlen. Die Kacheln waren warm, der Dampf hing schwer in der Luft und umfasste mich wie der Schatten eines Phantoms. Ich setzte mich auf die Bank und atmete tief durch. Die Hitze und Feuchtigkeit umfing mich und anders als in der Umkleide und im Whirlpool war es hier beruhigend still. Düster und einschläfernd, entspannend …
Ich lachte leise, während ich mir die schönsten Worte ausdachte, um diesen kleinen Raum zu beschreiben. So kam es, dass ich sogar ein bisschen euphorisch war, als sie nach mir riefen, da meine Masseurin jetzt Zeit hatte für mich.
Sie stellte sich mir als Marta vor und verließ diskret den Raum, während ich mich auszog und auf die Massagebank unter das Handtuch legte. Ich fühlte mich nicht wohl, denn Marta hatte mir empfohlen, mich nackt auszuziehen für die Massage. Ich fragte mich, wann ich wohl das letzte Mal vor einem Fremden nackt gewesen war.
Sie klopfte leise an die Tür und trat erst nach meiner leisen Bestätigung, dass ich so weit wäre, ein. Sie stellte ein paar Fragen, ehe sie das Licht dimmte. Dann stellte sie sich neben meinen Kopf.
„Sie sagen mir am besten, wenn Sie es stärker oder weniger stark wünschen.“
Ich versprach es ihr und wartete gespannt auf ihre Berührung. Martas starke und geschickte Hände schlossen sich um meinen Nacken und begannen, die Verspannungen herauszukneten. Ich hätte gerne gewusst, warum sie genau wusste, wo und wie sie mich anfassen musste, um Schmerzen zu lindern, die ich schon gar nicht mehr wahrgenommen hatte. Aber zum Glück fand ich nicht die richtigen Worte und schwieg
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