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Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)

Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)

Titel: Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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letzten Jahren oft vernommen. »Dann muss ich nicht tun, was du verlangst.«
    Nuriel knurrte bedrohlich. Zahar würde unterliegen, sollte es zu einem Kampf kommen. Nuriel war zu erfahren und viel stärker als er, beinahe einen Kopf größer, mit spitzen Hörnern und riesigen Klauen.
    Zahar ballte die Hände zu Fäusten, sodass sich seine ausgefahrenen Krallen in die Handfläche bohrten. So ruhig wie möglich erwiderte er: »Keine Sorge. Morgen werde ich London verlassen.«
    Nuriel nickte, drehte sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort.
    Kurz darauf trat David zu ihm, seine Kleidung in der Hand. »Ist alles in Ordnung?«
    »Hmm«, brummte Zahar. »Lass uns gehen.« Er wollte nur noch weg. Je eher sie London verließen, desto besser.

***

    Zahar war froh, als sie wieder in Davids Heim waren und niemand ihnen gefolgt war. Da David noch viel zu erledigen hatte, ehe sie aufbrachen, beschloss er, sofort nach ihrem nächtlichen Streifzug ins Bett zu gehen. Zahar blieb bei ihm im Zimmer und schaute ihn einfach bloß an. Er freute sich auf die Reise. Die neue Aufgabe, den Mann zu finden, der das Buch gestohlen hatte, gefiel ihm bereits jetzt. Sein monotones Dasein hatte ein Ende, und Nuriel, der ihn mit Vorliebe piesackte, wäre vergessen. Zwar hatte es Zahar erfüllt, David zu beschützen, aber ein wenig Aufregung ließ ihn fühlen, dass er lebte und gebraucht wurde.
    Als der Morgen dämmerte, begab sich Zahar vor das Bett. Noch ein Mal schlafen, dann ging es los! Es wurde heller, London erwachte und mit ihm seine Bewohner. Dienstmädchen huschten über die Straßen, Kutschen waren auf dem Weg zum Markt. Die Minuten vergingen – und Zahar wurde nicht zu Stein.
    Mehr Helligkeit drang in den Raum. Der Vorhang stand einen Spaltbreit offen. Zahar blinzelte, als erste Strahlen in Davids Zimmer fielen. Staub funkelte in der Säule aus Licht. Zahar streckte die Hand aus und hielt sie ehrfürchtig in die Sonne, die alles in ein goldenes Leuchten tauchte. Wärme kribbelte auf seiner Haut.
    »Bei meinen Ahnen«, wisperte er. Niemals zuvor hatte er das erlebt! Wieso fiel er nicht in den Steinschlaf?
    Hatte das mit David zu tun?
    Zahar wollte ihn wecken, ihm zeigen, was vor sich ging, da spürte er das verräterische Prickeln. Seine Haut glitzerte, wandelte sich. Zahar brachte sich in Position und zog aus reiner Gewohnheit eine Fratze. Sein Herz wummerte heftig.
    Trenne dich von ihm. Er bringt uns in Gefahr , hörte er Nuriels Worte, bevor er zu Stein wurde.

***

    »Ich habe für alles gesorgt, Granny. Tante Abigail wird hier wohnen, solange ich in Paris bin. Sie hat wirklich nichts dagegen.«
    Seine Großmutter saß in ihrem Salon, neben David auf der Couch. Sie hatte die Hände in den Schoß gebettet und drehte an ihrem Ring. Er war das einzige Schmuckstück, das sie trug. Vater hatte den gleichen besessen. Er war aus Silber und stellte eine Schlange dar, die sich in den eigenen Schwanz biss und auf diese Weise einen Kreis bildete. Uroboros nannte man dieses Symbol. Es stand für verborgene Macht, Weisheit und den ewigen Kreislauf des Lebens.
    Tante Abigail lümmelte recht undamenhaft in einem großen Ohrenbackensessel, den Kopf angelehnt, und schnarchte leise. Ihr weißes Haar wirkte ein wenig durcheinander, ihr dunkelgrünes Kleid hingegen sah perfekt aus und besaß keine einzige Falte. Tante Abigail hatte sich schon immer auf Modezauberei verstanden und war eine angesehene Geschäftsfrau der Magiergilde gewesen. Genau wie Granny hatte sie sich jetzt zurückgezogen, zauberte weniger und züchtete lieber Obst.
    »Du weißt nicht, was dich dort erwartet, Junge!«, rief Granny.
    David schielte zu seiner Tante. Sie hörte schlecht und war durch ihr Gespräch bisher nicht aufgewacht. Was auch besser war. Tante Abigail wusste nichts von seinem Vorhaben, sondern dachte, er würde einen ehemaligen Collegefreund in Brighton besuchen. Sie hätte nur auf ihre Schwester eingeredet.
    David wollte Granny jedoch nicht anlügen. »Ich nehme Zahar mit. Er passt auf mich auf.«
    Sie öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder und antwortete erst einige Schweigesekunden später: »Versprich mir, dein Amulett niemals abzulegen.«
    »Es schützt mich vor Dämonen, oder?«, fragte er leise.
    Granny legte die Hand auf sein Knie. »Es ist ein sehr mächtiges Artefakt, das mächtigste, das ich jemals gesehen habe. Dein Vater hat es von deinem Grandpa zur Geburt bekommen. Gregor hatte eine Expedition ins Taurische Gebirge unternommen, als sie auf der

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