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Being

Titel: Being Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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drehte mich Cooper weg und warf mich zu Boden, doch noch im Fallen sah ich, dass Eddi nicht getroffen war. Sie war schon von Ryan fortgewirbelt und sah jetzt Kelly an – mit ruhigem Blick, die Pistole mit beiden Händen umfasst. Sie feuerte drei kurze Schüsse ab –
pengpengpeng
– und ich bekam noch mit, wie Kellys Kopf zurückflog … und dann geschah es.
    Peng
    Noch ein Schuss.
    Flach und dumpf.
    Endgültig.
    Er kam von der anderen Seite des Zimmers.
    Und ich wusste, was er bedeutete. Das Schweigen, die Stille. Ich spürte es in mir schreien, als ich auf dem Boden lag, voller Entsetzen vor mich hin starrte und darauf wartete, dass sich der Rauch verzog. Ich wusste, was ich sehen würde.

    Sie saß am Boden, die Beine unter ihr zusammengesackt, und lehnte schief an der Wand. Ihre Hände waren im Schoß gekreuzt, die Finger gekrümmt, wie bei einem schlafenden Kind. Die Augen standen offen, sie starrten blind vor sich hin und ein dünnes Rinnsal Blut sickerte aus dem Einschussloch in ihrem Kopf.

    |351| Ich wollte weinen. Nie in meinem ganzen Leben habe ich mich so sehr danach gesehnt zu weinen. Doch ich konnte nicht. Ich konnte nichts anderes tun, als sie anstarren.
    Meine Eddi …
    Ich starrte sie eine lange Zeit an.

    Etwas verließ mich da.
    Etwas versickerte.

    Als ich schließlich auf die Beine kam und zu Ryan hinübersah, saß er immer noch auf dem Sofa, hielt immer noch die Pistole in der Hand, mit der er Eddi erschossen hatte, und schaute immer noch ruhig und gelassen. Als wir uns gegenseitig in die toten Augen blickten, wusste ich, was ich zu tun hatte.
    Ich sah mich im Zimmer um.
    Kelly lag tot am Boden, der Kopf mit der Schusswunde umgeben von einer dunkel werdenden Blutlache. Schon sammelten sich Fliegen am Rand der karmesinroten Lache. Ich beobachtete sie einen Moment lang und fragte mich, ob sie wussten, was sie da taten, dann schaute ich zu Cooper hinüber. Er stand mit dem Rücken zur Wand und zielte mit der Pistole auf mich. Seine Augen waren finster und voller Wut. Er wollte mich töten.
    Der Deckenventilator surrte.
    Die Luft roch nach Tod.
    Feuerwerkskörper krachten leise in der Ferne.
    Ich bewegte mich durch das Zimmer.
    Ryan beobachtete mich. Ich sah, wie er Cooper einen Blick zuwarf und den Kopf schüttelte, dann schaute er wieder auf mich. |352| Ich ging an ihm vorbei und blieb vor Eddi stehen. Einen Augenblick stand ich nur da und schaute auf sie hinab … auf ihr schönes Gesicht, ihre bleiche helle Haut, ihr Haar, ihre verblassenden blauen Augen. Das alles war jetzt nichts. Sie war nichts.
    Sie war nicht mehr Eddi.
    Sie war gar nichts.
    Ich kniete neben ihr nieder und schob ihr Kleid vorsichtig zurecht. Es war im Fallen über der Hüfte aufgerissen. Als ich es ihr über den Beinen glatt zog, glitt ein Blutstropfen von ihrem Kopf und befleckte die weiße Baumwolle. Einen Moment starrte ich auf den kleinen roten Fleck, dann streckte ich die Hand aus und berührte ihn mit der Fingerspitze. Das Blut fühlte sich kalt und klebrig an.
    Ich leckte es vom Finger.
    Sie war jetzt in mir. Sie war für immer bei mir.
    Ich beugte mich vor und küsste ihre kalten Lippen.
    Ich schloss die Augen.
    Ich leckte noch einmal meinen Finger ab und wischte das Rinnsal Blut von ihrer Stirn.
    Dann fuhr ich mir mit der blutigen Fingerspitze durch mein Gesicht – einmal, zweimal, von jedem Augenwinkel zu den Mundwinkeln – und färbte meine Wangen mit Tränen aus Blut.
    Schließlich drehte ich mich zu Ryan um. »Ich kann nicht weinen«, erklärte ich ihm. »Etwas passiert mit mir. Die Türen schließen, die Lichter gehen aus. Ich verschwinde.«
    Er sah mich an, sagte aber nichts.
    Ich fasste hinüber und hob Eddis Pistole vom Boden auf.
    »Tu es nicht, Robert …«, hörte ich Ryan sagen.
    Ich sah auf die Waffe in meiner Hand. Sie war kleiner als die, die |353| sie in ihrem Nachttisch aufbewahrt hatte, und ich fragte mich kurz, wo sie sie versteckt und warum sie mir nie davon erzählt hatte …
    Es war nicht wichtig.
    Ich stand auf, hielt Eddis Pistole gesenkt am Körper und wandte mich wieder Ryan zu. Er hielt seine Waffe nicht auf mich gerichtet, doch sie war in seiner Hand und der Finger lag auf dem Abzug.
    »Es ist besser, wenn du die Pistole weglegst, Robert«, sagte er ruhig. »Sie wird dir nicht helfen. Falls du auf die Idee kommst, sie zu benutzen, wird Cooper dich erschießen.«
    Ich drehte mich um und sah Cooper an. Er hatte sich nicht gerührt. Er stand immer noch da, die Pistole auf meinen Kopf

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