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Beiss mich - Roman

Beiss mich - Roman

Titel: Beiss mich - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Voeller
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ich ihren Vorwürfen mit meiner sorgfältig erdachten Ausrede zuvor, »aber ich hatte die schlimmste Migräne aller Zeiten. Ich habe noch angerufen, aber da wart ihr schon weg.«
    »Solveig hat gesagt, bei euch im Haus wäre ein Mord passiert, und dass du nicht weg könntest, weil die Polizei noch vorbeikommen wollte, zur Vernehmung.« Ihre Stimme klirrte nur so vor eisigem Misstrauen.
    »Oh, ja, der Mord, klar, wir mussten uns beide für die Polizei zur Verfügung halten. Aber Migräne hatte ich trotzdem. Ich meine, außerdem .«
    Zu meiner Erleichterung ritt Mama nicht weiter auf etwaigen Diskrepanzen zwischen Solveigs und meiner Ausrede herum.
    »Die Gegend, in der du wohnst, hat mir von Anfang an nicht gepasst«, beschwerte sie sich. »Lauter Halsabschneider und Blutsauger.«
    »Äh … ich ziehe ja bald weg.«
    »Mit Martin?«
    »Ja, sicher.« Ich lauschte dem Klang meiner eigenen Stimme nach. Es tat mir gut, zur Abwechslung einmal zu meinen, was ich sagte.
    Wir unterhielten uns noch ein wenig über die Beisetzung.
    »Du hast nichts verpasst. Bei der Gedenkrede ist die halbe Trauergemeinde eingeschlafen, und die Butter auf den Schnittchen war total ranzig.«
    »Na, so was.«
    »Ich bezahl sie natürlich nicht. Dem Bestattungsunternehmer zieh ich auch was von der Rechnung ab, weil einer der Träger sinnlos betrunken war. Der Hosenstall von dem Kerl war offen, stell dir das vor.«
    »Na, so was.«
    »Und beim Runterlassen des Sarges hat dieser Mensch tatsächlich den Strick durch die Finger flutschen lassen. Der Sarg ist seitlich weggerutscht und stand plötzlich in der Grube wie ein Ausrufezeichen. Kopfunter.«
    »Na, so … WAS ??? «
    Mama schnaufte erbittert. »Sie mussten ziehen und rucken wie die Blöden, bis sie ihn wieder in der Waagerechten hatten!«
    Weiterhin wusste sie zu berichten, dass Karl Faltermeier (?) am offenen Grab geweint hatte, dass Opa im Rollstuhl auf den Friedhof gebracht werden musste und bis zur Aussegnung durchgeschlafen hatte, weil er gestern Abend aus Versehen drei Schlaftabletten genommen hatte – die Dinger sahen so aus wie seine Wassertabletten –, und dass Papas neuer Bademantel bei der ersten Wäsche um mindestens drei Größen eingegangen war und dass man deshalb überlegt habe, ihn dem Sohn von Heike Krummbiegel (?) zu geben.
    Schließlich erfuhr ich noch, dass Lucas nächste Woche mit einer gruppentherapeutischen Behandlung anfangen würde.
    »Es ist eine reine Männergruppe, und der Therapieschwerpunkt bezieht sich auf die Verarbeitung verschiedener Versagensängste nach traumatischem Libidoverlust. Ich habe ihm geraten, auf jeden Fall als therapiebegleitende Maßnahme einen Feng-Shui-Kurs zu machen, denn die äußere Harmonie muss zwangsläufig der inneren vorangehen. Was meinst du dazu?«
    »Auf jeden Fall.«
    Nach dem Gespräch mit Mama wollte ich Solveig anrufen, doch Solveig kam mir zuvor, indem sie just in diesem Augenblick selbst anrief.
    »Gott sei Dank«, sagte sie erleichtert. »Ich habe schon die ganze Zeit versucht, dich zu erreichen, aber du bist wieder nicht drangegangen. Und vorhin war immer besetzt!«
    »Ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Was gibt’s?«, fragte ich argwöhnisch. Ihr Tonfall verhieß keine guten Neuigkeiten.
    »Okay, der Reihe nach. Deine Mutter hat heute Vormittag angerufen, sie wollte wissen, wo du bleibst, die Beerdigung würde gleich anfangen. Na ja, ich habe ihr von dem Mord an Mehmet erzählt. Sie hätte es ja sowieso erfahren, spätestens aus der Zeitung. Sie wollte dich sprechen, aber ich habe gesagt, du würdest noch schlafen, weil du wegen dem Stress letzte Nacht was eingenommen hättest, und dass du davon abgesehen momentan sowieso nicht weg könntest, weil wir uns für die Polizei zur Verfügung halten müssten. War das nicht eine spitzenmäßige Ausrede? Und dabei war ich noch total verschlafen, ich bin von dem blöden Telefongeklingel quasi aus dem Bett gefallen.«
    Ich seufzte. »Ja, toll. Und was war noch?«
    Ein Geräusch kam durch die Leitung, das sich ganz so anhörte, als würde Solveig sich verzagt in die Lippe beißen. »Dieser Bulle war noch mal da.«
    Das hatte ich erwartet. »Ich hab’s dir notiert, hast du’s nicht gefunden?«
    »Doch, natürlich, aber irgendwie … Ich bin geschickter im Improvisieren, wenn es spontan passiert. Ich meine, ich bin aus dem Stegreif besser, wenn ich sozusagen ins kalte Wasser geworfen werde und schwimmen oder untergehen muss. Wenn mir jemand schon vorher eine Marschroute

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