Beißen für Anfänger 1: Hexenzirkus (German Edition)
Augenbrauen nachwuchsen), darum umrundete ich ihn, bis ich meine Mutter von hinten am Kleid zupfen konnte.
»Ochsenfrösche«, flüsterte ich. Sie öffnete ein Auge und blitzte mich damit verärgert an.
»Nein, im Ernst, es regnet Ochsenfrösche. Draußen.«
»Es ist eine Plage«, orakelte die Frau neben ihr, ohne die Augen zu öffnen.
»Echt?«
»Ich weiß von den Fröschen, Fran«, raunte meine Mutter und schob mich weg. »Jetzt verkrümle dich. Wir versuchen hier, unsere Energie zu bündeln, um den Ruchlosen zu identifizieren, der die Plage über uns gebracht hat.«
Na toll. Irgendein Ruchloser ließ Ochsenfrösche auf den Markt regnen. Konnte mein Leben
noch
bizarrer werden?
Ein Mann kam herein, der einen mit blauen und roten Pailletten besetzten Overall und ein mit goldenen Metallfäden durchwirktes Schultercape trug. Als er mich sah, blieb er stehen und schwenkte die Hüften.
Damit dürfte meine Frage beantwortet sein.
»Hallöchen, kleine Lady. Der King findet, dass du heute mächtig hübsch aussiehst. Hältst du nach einem Tanzpartner Ausschau?«
»Äh nein, eigentlich nicht. Hast du … na ja … die Frösche bemerkt, Elvis?«
Er guckte sich um. »Jetzt, wo du es sagst … da sind tatsächlich eine Menge von den kleinen Nervensägen. Laute Biester, diese Frösche. Ich mag sie nicht, hm-m.«
Offenbar ließ der Ochsenfroschregen nach, denn ich sah nur noch vereinzelt welche vom Himmel fallen. Die letzten paar hüpften unter lautem Gequake davon und verschwanden in der Nacht. Ich konnte nur hoffen, dass sie alle zum Bach fanden, ehe sie von Autos plattgemacht wurden.
»Schon gut. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest.« Mit dem Vorsatz, zu Imogens Zelt zurückzukehren, war ich schon halb an Elvis vorbei, als ich innehielt und den Ring, den Ben mir geschenkt hatte, an meinem Finger drehte, weil irgendetwas meine innere Fran in höchste Alarmbereitschaft versetzte.
»Kein Problem«, sagte Elvis und strebte auf das Hauptzelt zu. Ich warf einen flüchtigen Blick auf meine Armbanduhr. Es war zwei Minuten vor Mitternacht. Wieso war Elvis hier, wenn er doch vorhatte, Imogen in zwei Minuten an einer Bushaltestelle zu treffen, die fast einen Kilometer weiter die Straße runter lag? Und wo steckte Ben?
»He, Elvis!« Ich rannte ihm nach und achtete sorgsam darauf, nicht mit ihm in Kontakt zu kommen, als er zu mir herumwirbelte. »Willst du dir das Konzert anhören?«
»Aber sicher, mein kleines Fohlen. Möchtest du doch mit mir tanzen?«
»Nein, ich kann nicht. Ich muss etwas erledigen. Ich dachte nur … äh … ich dachte, Imogen hätte erwähnt, dass ihr euch irgendwo treffen wolltet. Irgendwo anders.« Das war lahm, ich weiß, aber es war das Beste, was ich unter den gegebenen Umständen zustande brachte.
Mit verdutzter Miene kratzte er sich unter seiner voluminösen schwarzen Tolle am Kopf. »Imogen treffen? Nö, ich habe nicht vor, woanders hinzugehen als ins große Zelt. Dort sehen wir uns bestimmt. Du bist ganz sicher, dass du nicht mit dem King tanzen möchtest?« Er ließ die Hüften mehrere Runden drehen. »Ich bin ziemlich gut!«
»Nein, danke. Ich habe etwas Dringendes zu tun. Bis dann.«
Abgesehen von meiner psychometrischen Veranlagung verfügte ich nicht über das kleinste Fitzelchen Hellsichtigkeit. Doch während Elvis weiter auf das Hauptzelt zuhielt, wusste ich plötzlich mit absoluter Sicherheit, dass irgendetwas ganz entsetzlich schieflief. Winzige Puzzleteile begannen, sich in meinem Kopf zu einem Gesamtbild zusammenzufügen.
Elvis hatte Imogen diesen Brief geschrieben. Ich wusste es, hatte es gefühlt.
Elvis war besessen von ihr, das war allgemein bekannt. Und ich hatte auch das gefühlt.
Elvis war bestimmt nicht gerade entzückt über einen Bruder, der die Macht besaß, ihn dazu zu zwingen, Imogen in Ruhe zu lassen. Vielleicht würde er sogar so weit gehen, diesem Bruder etwas anzutun.
Elvis war Dämonologe. Dämonen waren nie eine gute Nachricht; es waren böse Wesen. Ruchlos und
verdammt
. Ihr Erscheinen wurde meist durch eine physische Manifestation angekündigt, wie beispielsweise durch …
»
Ochsenfrösche!
« Ich raste zurück zu Imogens Stand. Sie packte gerade ihren Kram in ihre Tasche und unterhielt sich beiläufig mit einem letzten Kunden.
»Wo ist Ben?«, rief ich, sobald ich in Hörweite gelangte.
»Benedikt?« Imogen warf einen Blick zu dem Mann, der mit ihr plauderte. »Er ist losgezogen, um sich um die Angelegenheit zu kümmern, die ich vorhin
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