Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bel Ami (German Edition)

Bel Ami (German Edition)

Titel: Bel Ami (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy de Maupassant
Vom Netzwerk:
einer Verbeugung:
    »Wie Sie befehlen!«
    »Nun wollen wir hinaufgehen«, sagte sie.
    Er folgte ihr, sie öffnete eine Tür im ersten Stock und Duroy sah im hellen, roten Schein der untergehenden. Sonne auf einem Lehnstuhl am Fenster eine Art Leichnam sitzen, der in Tücher eingewickelt war und ihn anstarrte. Er konnte ihn nicht erkennen, er erriet nur, daß es sein Freund sein müßte.
    Das Zimmer roch nach Fieber und nach Arzneimitteln, Äther und Teer, dem ganzen, undefinierbaren, dumpfen Geruch einer Stube, wo ein Lungenkranker atmet.
    Forestier erhob langsam und mühselig die Hand:
    »Da bist du ja,« sagte er, »du kommst, um mich sterben zu sehen! Ich danke dir!«
    Duroy zwang sich zu einem Lächeln.
    »Dich sterben zu sehen, das wäre auch kein erfreulicher Anblick, diese Gelegenheit hätte ich nicht benutzt, um Cannes zu besuchen. Ich wollte dich nur begrüßen und mich ein bißchen erholen.«
    Der andere murmelte:
    »Setz dich.«
    Und er ließ den Kopf sinken, als wäre er von verzweifelten Gedanken niedergedrückt.
    Sein Atem ging schnell und gepreßt, und manchmal stieß er einen Seufzer aus, als ob er fühlbar machen wollte, wie krank er wäre.
    Seine Frau sah, daß er nicht mehr sprechen würde; sie lehnte sich an das Fenster, wies mit einer Kopfbewegung nach dem Horizont und sagte:
    »Schauen Sie, ist das nicht herrlich?«
    Der von Villen verdeckte Bergabhang senkte sich vor ihnen bis zur Stadt hinunter, die im Halbkreis die Bucht umgab, rechts vom Hafen mit der Altstadt, über der ein alter Wartturm thronte, bis links zur Landspitze de la Croisette gegenüber den Inseln von Lerins; diese Inseln waren wie zwei grüne Flecke, die auf dem tiefblauen Wasser schwammen, und von oben gesehen, schienen sie flach zu sein wie zwei riesige Blätter.
    Und ganz in der Ferne, jenseits der Bucht und des alten Turmes, zeichnete sich auf dem flammend roten Himmel eine lange Reihe bläulicher Berge ab, bald mit runden Gipfeln, bald mit Spitzen, Zähnen und Zacken, die in einen hohen, pyramidenförmigen Berg ausliefen, der mit seinem Fuß mitten in das Meer tauchte.
    »Das ist der Esterel«, sagte Frau Forestier.
    Hinter den dunklen Gipfeln flammte goldenrot der Himmel. Der Glanz war so feurig, daß das Auge es kaum ertragen konnte.
    Duroy empfand unwillkürlich die Pracht dieses Sonnenunterganges. Da er keinen bildlichen Ausdruck für seine Bewunderung fand, murmelte er:
    »O ja, es ist fabelhaft!«
    Forestier hob jetzt ein wenig den Kopf und sagte zu seiner Frau:
    »Ich will etwas frische Luft!«
    Sie antwortete:
    »Nimm dich in acht; es ist spät, die Sonne geht unter. Du wirst dich erkälten, du weißt doch, wie schädlich das bei deinem jetzigen Gesundheitszustande ist.«
    Er machte mit der Hand eine zitternde, schwache Bewegung, die ein Faustschlag auf die Lehne des Sessels sein sollte. Er brummte und sein Gesicht verzerrte sich vor Zorn; es war das Gesicht eines Sterbenden; dabei traten die dünnen Lippen, die eingefallenen Backen und die hervorstehenden Knochen noch mehr hervor.
    »Ich sage dir doch, ich ersticke. Was macht dir das aus, ob ich einen Tag früher oder später sterbe, mit mir ist es doch aus.«
    Sie öffnete ganz, weit das Fenster.
    Der Windzug, der plötzlich hineindrang, umfing sie alle drei wie eine Liebkosung; es war ein milder, weicher, warmer Lufthauch, ein berauschender Hauch des Frühlings, erfüllt von dem Duft der Bäume und Blüten, die dort an der Küste gedeihen. Besonders stark und intensiv machte sich der Harzgeruch und der Duft des Eukalyptus geltend.
    Forestier sog die Luft mit kurzen, fieberhaften Atemzügen ein. Er krallte seine Nägel in die Lehne des Armstuhles und sagte mit zischender, wütender Stimme:
    »Mach das Fenster zu. Das tut mir weh. Lieber will ich in einem Keller krepieren.«
    Langsam schloß die Frau das Fenster. Dann lehnte sie die Stirn an die Scheibe und blickte in die Ferne.
    Duroy fühlte sich unbehaglich. Er hätte dem Kranken ein paar tröstende Worte gesagt, um ihn zu beruhigen, aber ihm fiel nichts Passendes ein und er sagte nur:
    »Es geht dir also nicht besser, seitdem du hier bist?«
    Der andere zuckte verzweifelt und ungeduldig die Achseln:
    »Du siehst ja doch!«
    Und der Kopf sank ihm wieder auf die Brust.
    Duroy fuhr fort:
    »Es ist hier übrigens im Vergleich zu Paris einfach wunderbar. Da ist man noch mitten im Winter. Es schneit, hagelt, regnet, und es ist so dunkel, daß man um drei Uhr schon die Lampen anzünden muß.«
    »Gibt es was Neues

Weitere Kostenlose Bücher