Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belial

Belial

Titel: Belial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Das Unwetter kam mit einer Wucht, als wollte es die Grenzen zwischen Himmel und Hölle sprengen.
    Es war gegen Abend. Die Welt, ob Himmel oder Erde, erinnerte in der Dämmerung an eine Palette aus Zwischentönen. Aschgraue Wolken bildeten unheimliche Wände am Himmel, die sich aus mehreren Schichten zusammensetzten. Daraus hervortauchende Blitze zerschnitten hell die schraffierten Wolkenberge, und ein grollender Donner kündete das Unheil an.
    Es würde kommen.
    Es war nicht aufzuhalten.
    Und die Menschen würden in einer schrecklichen Angst leben und an das Ende der Welt denken…
    Billy Wilson duckte sich, als er das Haus verließ. Er hörte noch die warnenden und mahnenden Worte seines Klavierlehrers, der die Stunde früher abgebrochen und dem Zwölfjährigen geraten hatte, so rasch wie möglich nach Hause zu fahren, denn am Himmel braute sich ein Unwetter zusammen.
    Billy selbst hatte es nicht gesehen, er war zu sehr in das Klavierspiel vertieft gewesen.
    Sein aufmerksamer Lehrer dagegen war immer wieder zu dem großen Fenster gegangen und hatte hinausgeschaut. Bei jeder Rückkehr an den Flügel war sein Gesicht sorgenvoller gewesen.
    Der Junge war die schmale Steintreppe hinuntergerannt und hatte den Schutz des Hauses verlassen. Das Rad lehnte an der Bruchsteinmauer, die auf der vorderen Seite die Grundstücksgrenze markierte. Er hatte nur wenige Schritte zu laufen, als der erste Windstoß heranfegte, von einem schauerlichen Heulen begleitet. Wie ein wildes Tier packte der Wind den Jungen, und er riß alles mit, was nicht niet- und nagelfest war.
    Bill kam sich vor wie ein Zuschauer, der in das Geschehen nicht eingreifen konnte.
    Da segelte ein Hut quer über die Straße, da fegten plötzlich mehrere Zeitungen hinter dem Hut her, als wollten sie ihn einholen. Da rollten kleine Holzkloben auf die Fahrbahn, die der Sturm von einem größeren Stoß gelöst hatte, und Billy sah mit Schrecken, daß die wilde Bö auch sein Rad nicht verschonte.
    Sie riß es einfach um.
    Das Rad war Billys Heiligtum. Er hatte lange dafür gespart. Als er dieses für ihn wertvolle Kleinod fallen sah, löste sich ein Schrei der Entrüstung aus seinem Mund. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen die erneute Bö an, wobei er sich bis zu seinem Rad regelrecht vorkämpfen mußte, um es zu packen und wieder aufzurichten.
    Er schaffte es. Der Wind wühlte sein Haar hoch, als wollte er jede einzelne Strähne aus dem Kopf reißen. Er ließ die Kleidung knattern und flattern, er peitschte das runde Gesicht des Jungen, es fegte in die Augen hinein und ließ sie tränen.
    Billy hielt sein Rad an der Lenkstange fest umklammert. Es sollte ihm nicht noch einmal umgerissen werden, er würde dafür kämpfen. Wenn er es nicht schaffte, nun gut, dann fielen eben beide um, aber nicht mehr das Rad allein, das war er ihm einfach schuldig.
    Und dann war alles vorbei!
    So plötzlich, wie der Wind aufgetreten war, hatte er sich auch wieder zurückgezogen. Kein Lufthauch mehr, keine Strömung, die Welt hielt den Atem an, und was zuvor von der wilden Bö weggefegt worden war, blieb einfach liegen.
    Der Junge atmete durch. Er schüttelte den Kopf, weil er mit der erneuten Veränderung nicht zurechtkam. Das Haus seines Lehrers stand am Ortsausgang. Um in das Dorf hineinschauen zu können, mußte sich Billy umdrehen. Er tat es auch, weil er die Stimmen der Erwachsenen gehört hatte, die sich diese Bö auch nicht erklären konnten.
    Einige Bewohner hatten ihre Häuser verlassen und waren nach draußen gelaufen. Sie standen auf den schmalen Gehsteigen beisammen, schauten in den Himmel, schüttelten die Köpfe, sprachen miteinander, weil jeder auf eine Erklärung des anderen wartete, doch Antworten bekamen weder die Fragenden noch die Gefragten.
    Die Bö blieb ein Rätsel.
    Jeder, der sie erlebt hatte, war froh, daß es vorbei war.
    Nur blieb eine gewisse Unruhe zurück, die Menschen schauten schon öfter hoch zum Himmel, als würden sie ihm nicht trauen, und auch Billy Wilson verhielt sich so.
    Er stand mit seinem Rad dort, wo der Gehsteig endete. Der Junge dachte daran, daß sein Rückweg bis zum elterlichen Haus noch sechs Meilen betrug, keine lange Strecke für einen geübten Radfahrer wie ihn, die riß er immer auf einer Backe ab, aber die plötzliche Bö hatte ihn doch verwirrt.
    Sechs Meilen nur, trotzdem…
    Billy fuhr an, nachdem er die Mappe mit den Notenblättern mit Hilfe des starken Gummibandes auf dem Gepäckträger festgeklemmt hatte.
    Er fuhr zügig.

Weitere Kostenlose Bücher