Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
Dollar hat das College geschluckt, und sie haben dir nicht mal beigebracht, besser zu lügen?»
    Sara nahm ihren Lieblingsbecher aus dem Regal und schenkte sich Kaffee ein. «Vielleicht hättet ihr mich lieber Jura studieren lassen sollen.»
    Cathy kreuzte die Beine und runzelte die Stirn. Sie war eine kleine Person, die sich mit Yoga in Form hielt. Ihr blondes Haar und ihre blauen Augen hatten Sara übersprungen und waren an Tessa vererbt worden. Wäre da nicht die Ähnlichkeit im Temperament gewesen, hätte wohl kaum jemand auf die Idee kommen können, dass Cathy und Sara Mutter und Tochter waren.
    «Na?», sagte Cathy nachhelfend.
    Sara konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. «Sagen wir einfach, Tess war... etwas beschäftigt, als ich reinkam, und belassen wir es dabei.»
    -80-
    «Beschäftigt? Allein?»
    «Nein.» Um ihre Verlegenheit zu verbergen, lachte Sara laut, spürte aber, wie ihr das Blut zu Kopf stieg. «Mein Gott, Mutter.»
    Nach einigen Augenblicken senkte Cathy die Stimme und fragte: «War es Devon Lockwood?»
    «Devon?» Der Name überraschte Sara. Sie hatte nicht genau sehen können, mit wem Tessa im Bett im Clinch gewesen war, aber Devon Lockwood, der neue Gehilfe, den Eddie Linton vor zwei Wochen eingestellt hatte, war der Letzte, mit dem sie gerechnet hätte.
    Cathy mahnte sie, leise zu sein. «Sonst hört uns dein Vater noch.»
    «Was hört ihr Vater?», fragte Eddie, der in die Küche geschlurft kam. Seine Augen strahlten, als er Sara sah. «Da ist ja mein Baby», sagte er und küsste mit lautem Schmatzen ihre Wange. «Warst du es, die ich heute Morgen hab kommen hören?»
    «Das war ich», gestand Sara.
    «Ich hab ein paar Farbproben in der Garage», bot er an.
    «Vielleicht können wir sie uns nach dem Frühstück ansehen und eine hübsche Farbe für dein Zimmer aussuchen.»
    Sara trank ihren Kaffee. «Ich ziehe hier nicht wieder ein, Dad.»
    Sein ausgestreckter Zeigefinger schnellte auf ihre Tasse zu.
    «Das da hemmt dein Wachstum.»
    «Wenn das kein Glück wäre», murrte Sara. Seit der neunten Klasse war sie das größte Mitglied ihrer engeren Familie und hatte sogar ihren Vater um Haaresbreite übertroffen.
    Sara rutschte auf den Hocker, von dem ihre Mutter
    aufgestanden war. Sie beobachtete ihre Eltern, die ihren morgendlichen Gepflogenheiten nachgingen. Ihr Vater ging in
    -81-
    der Küche umher und war ihrer Mutter im Weg, bis Cathy ihn schließlich mit sanfter Gewalt auf einen Stuhl bugsierte. Ihr Vater strich sich die Haare nach hinten und beugte sich über die Morgenzeitung. Seine grau melierten Haare standen in drei verschiedene Richtungen ab, ähnlich auch seine Augenbrauen.
    Das T-Shirt, das er trug, war so alt und zerschlissen, dass sich über den Schulterblättern Löcher gebildet hatten. Das Muster seiner Pyjamahosen war schon vor fünf Jahren verblichen, und seine Pantoffeln lösten sich an den Fersen auf. Dass sie von ihrer Mutter den Zynismus und von ihrem Vater das modische Feingefühl geerbt hatte, würde Sara ihren Eltern nie verzeihen.
    Eddie sagte: «Ich muss sagen, der Observer kann anscheinend gar nicht genug kriegen von dieser Sache.»
    Sara warf einen Blick auf die Schlagzeile der Lokalzeitung von Grant. Sie lautete: «College-Professorin fällt grausigem Mord zum Opfer.»
    «Was steht denn da?», fragte Sara, weil sie sich doch nicht beherrschen konnte.
    Er fuhr mit dem Finger an den Zeilen entlang, während er las.
    «‹Sibyl Adams, eine Professorin am GIT, wurde gestern im Grant Filling Station barbarisch erschlagen. Die örtliche Polizei steht vor einem Rätsel. Polizeichef Jeffrey Tolliver›» - Eddie verstummte und murmelte dann im Flüsterton «dieser
    Hundesohn» - «‹berichtet, dass man allen erdenklichen Hinweisen nachgeht, um den Mörder der jungen Professorin seiner gerechten Strafe zuzuführen.›»
    «Sie wurde nicht erschlagen», sagte Sara. Der Schlag in Sibyl Adams' Gesicht hatte sie nicht getötet. Sara dachte daran, was die Autopsie ergeben hatte, und musste sich unwillkürlich schütteln.
    Eddie schien ihre Reaktion zu bemerken. «Wurde ihr sonst noch etwas angetan?»
    Sara war verblüfft, dass ihr Vater diese Frage stellte.
    -82-
    Normalerweise gab man sich in ihrer Familie alle erdenkliche Mühe, keine Fragen zu stellen, die diese Seite von Saras Leben betrafen. Sie hatte von Anfang an geahnt, dass sie alle sich nicht mit ihrem Zweitjob anfreunden konnten.
    Sara fragte: «Was zum Beispiel?», bevor sie verstand, was ihr Vater meinte.

Weitere Kostenlose Bücher