Belladonna
stellte sich vor, dass Jeffrey sie berührte und wie sich seine Hände auf ihrer Haut anfühlten, als Cathy Linton ihr den Ellbogen in die Rippen stieß. Der Miene ihrer Mutter war zu entnehmen, dass sie genau wusste, was Sara in diesem Moment durch den Kopf ging, und dass es ihr ganz und gar nicht gefiel. Cathy hatte voller Ingrimm die Arme über der Brust verschränkt, und man sah, sie fand sich mit der Tatsache ab, dass ihre Tochter in der Hölle enden würde, weil sie am Ostersonntag in der
Baptistenkirche an Sex dachte.
Es folgte ein Gebet, dann ein weiterer Choral. Nach einer vermeintlich angemessenen Zeitspanne warf Sara einen Blick über die Schulter, um noch einmal nach Jeffrey zu schauen, sah aber, dass er mit dem Kinn auf der Brust eingeschlafen war.
Ebendas war das Problem mit Jeffrey Tolliver: Die Vorstellung, die man sich von ihm machte, war weitaus besser als die Realität.
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Tessa klopfte mit den Fingern auf den Tisch, um Saras Aufmerksamkeit zu wecken. «Sara?»
Sara legte die Hand auf die Brust, denn sie merkte, dass ihr Herz wie gestern Morgen in der Kirche zu stark klopfte. «Was?»
Tessa schenkte ihr einen wissenden Blick, machte aber dankenswerterweise kein Thema daraus. «Was hat Jeb denn gesagt?»
«Wovon redest du?»
«Ich hab gesehen, wie du nach dem Gottesdienst mit ihm gesprochen hast», sagte Tessa. «Was hat er denn gesagt?»
Sara überlegte, ob sie lügen sollte oder nicht. Schließlich antwortete sie: «Er hat mich für heute zum Mittagessen eingeladen, aber ich hab ihm gesagt, dass ich dich treffe.»
«Hättest du doch absagen können.»
Sara zuckte die Achseln. «Wir gehen Mittwochabend aus.»
Es fehlte nur noch, dass Tessa vor Begeisterung in die Hände klatschte.
«Mein Gott», stöhnte Sara. «Was hab ich nur gedacht?»
«Zur Abwechslung mal nicht an Jeffrey», erwiderte Tessa.
«Stimmt's?»
Sara nahm die Speisekarte hinter dem Serviettenständer hervor, wenngleich sie kaum darauf zu schauen brauchte. Sie oder ein Mitglied ihrer Familie hatten, seit Sara drei Jahre alt war, mindestens einmal die Woche im Grant Filling Station gegessen, und die einzige Änderung auf der Speisekarte hatte es gegeben, als Pete Wayne, der Besitzer, zu Ehren von Präsident Jimmy Carter dem Angebot auf der Nachtischkarte
Erdnusskrokant hinzugefügt hatte.
Tessa reichte über den Tisch und drückte die Speisekarte sanft beiseite. «Bist du in Ordnung?»
«Es ist wieder die Zeit», sagte Sara und kramte in ihrer Aktentasche. Sie fand die Postkarte und hielt sie in die Höhe.
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Tessa nahm die Karte nicht, und deshalb las Sara laut von der Rückseite vor: «‹Warum hast du mich verlassen?›» Sie legte die Karte zwischen ihnen auf den Tisch und erwartete Tessas Reaktion.
«Aus der Bibel?», fragte Tessa, obwohl sie es doch genau wusste.
Um Fassung bemüht, blickte Sara aus dem Fenster. Plötzlich stand sie vom Tisch auf und sagte: «Ich muss mir die Hände waschen.»
«Sara?»
Sie tat Tessas Betroffenheit mit einer Handbewegung ab, ging nach hinten und versuchte sich zusammenzureißen, bis sie die Toiletten erreicht hatte. Die Tür der Damentoilette klemmte seit Anbeginn der Zeiten, und daher zog sie mit einem heftigen Ruck an der Klinke. Der kleine, schwarzweiß gekachelte Raum war kühl und fast schon anheimelnd. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, die Hände vor dem Gesicht und darauf bedacht, die letzten paar Stunden des Tages aus dem Gedächtnis zu wischen. Jimmy Powells Laborwerte verfolgten sie noch immer. Vor zwölf Jahren als Assistenzärztin am Grady Hospital in Atlanta hatte sie den Tod kennen gelernt, wenn sie sich auch nie an ihn hatte gewöhnen können. Grady hatte die beste Notaufnahme im Südosten, und Sara hatte ihren Teil an schwierigsten Verletzungen zu Gesicht bekommen, angefangen bei dem Jungen, der ein Päckchen Rasierklingen verschluckt hatte, bis zu dem Teenager, an dem eine Abtreibung mit einem Kleiderbügel aus Metall versucht worden war. Das waren schreckliche Fälle, aber in einer so großen Stadt kamen sie dennoch nicht völlig unverhofft.
Fälle in der Kinderklinik wie die Erkrankung von Jimmy Powell trafen Sara jedoch mit der Wucht einer Abrissbirne. Er würde zu einem jener seltenen Fälle werden, bei denen Sara in ihren beiden professionellen Funktionen würde tätig werden
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müssen. Jimmy Powell, der so gern beim College-Basketball zuschaute und über eine der größten Sammlungen von
Rennwagenmodellen verfügte, die
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