Belladonna
Behälter drücken konnte, ohne ihn zu verunreinigen, hab ich das für ihn getan.» Sie seufzte tief.
«Und er beugte sich über das Becken, um sich die Hände zu waschen, und dann hab ich sie ihm eingeseift, und sie fühlten sich so stark und warm an, er ist auch immer so verdammt selbstsicher. Er hat nur aufgeblickt und mich direkt auf die Lippen geküsst, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, als hätte er schon die ganze Zeit gewusst, dass ich bei der Berührung seiner Hände nur an eines hatte denken können: wie es sich wohl anfühlen würde, wenn diese Hände mich berührten.»
Tessa wartete, bis sie fertig war, und sagte dann: «Bis auf das mit der toten Katze war das die romantischste Geschichte, die ich je gehört habe.»
«Na ja.» Sara stand auf und ging hinüber ans Geländer der Veranda. «Er bringt es ganz bestimmt fertig, dass alle seine Freundinnen sich vorkommen, als seien sie etwas Besonderes. Ich denk mal, darauf versteht er sich sehr gut.»
«Sara, du wirst wohl nie verstehen, dass Sex für verschiedene Leute auch verschiedene Bedeutung hat. Manchmal geht es nur ums Ficken.» Sie hielt inne. «Manchmal will jemand nur etwas Aufmerksamkeit erwecken.»
«Meine Aufmerksamkeit hat er nun wirklich geweckt.»
«Er liebt dich noch immer.»
Sara drehte sich um und setzte sich aufs Geländer. «Er will mich nur deswegen wiederhaben, weil er mich verloren hat.»
«Wenn es dir wirklich ernst damit wäre, dass er aus deinem Leben verschwindet», fing Tessa an, «dann würdest du deinen Job im County aufgeben.»
Sara öffnete den Mund, um zu antworten, aber ihr fiel nicht ein, wie sie ihrer Schwester klar machen sollte, dass sie an manchen Tagen eben nur wegen ihrer Arbeit für das County nicht verrückt wurde. Sara ertrug nämlich nur eine begrenzte Anzahl von Halsentzündungen und Ohrenschmerzen, ohne dass irgendwann ihr Verstand aussetzte. Ihren Job als Coroner aufzugeben hieße, auf einen Teil ihres Lebens zu verzichten, an dem sie trotz der makabren Aspekte echten Gefallen fand.
Da sie wusste, dass Tessa das niemals würde verstehen können, sagte Sara: «Ich weiß noch nicht, was ich tun werde.»
Es folgte keine Reaktion. Tessa wandte sich um. Sara folgte ihrem Blick durch das Küchenfenster. Jeffrey Tolliver stand am Herd und sprach mit ihrer Mutter.
Das Haus der Lintons besaß zwei Ebenen und war im Laufe seiner vierzigjährigen Existenz immer wieder umgebaut worden. Als Cathy bei sich Interesse an der Malerei entdeckte, wurde ein Studio mit Toilette hinten an das Haus angebaut. Als Sara sich geradezu mit Besessenheit auf ihre Schularbeiten stürzte, wurde ein Arbeitszimmer mit Toilette und Waschbecken auf dem Boden eingerichtet. Als Tessa an Jungen Interesse zu finden begann, wurde das Kellergeschoss dergestalt umgebaut, dass Eddie aus jedem beliebigen Teil des Hauses in allerhöchs tens drei Sekunden unten bei ihr sein konnte. Zu beiden Seiten des Zimmers gab es Treppen, und die nächstgelegene Toilette befand sich ein Stockwerk höher.
Im Kellergeschoss hatte sich seit Tessas Auszug ins College nicht viel verändert. Der Teppich war avocadogrün, und das Anbausofa besaß eine dunkle Rostfarbe. Ein kombinierter Tischtennis-Billardtisch war Mittelpunkt des Zimmers. Sara hatte sich einmal die Hand gebrochen, als sie hinter einem Pingpongball hergehechtet und gegen den Fernsehapparat geprallt war.
Billy und Bob, Saras Hunde, lagen auf der Couch, als Sara und Jeffrey die Treppe hinunterkamen. Sie klatschte in die Hände, um sie zu veranlassen, sich zu trollen. Die Greyhounds regten sich jedoch nicht, bis Jeffrey leise pfiff. Sie wedelten sofort mit den Schwänzen, als er hinging, um sie zu streicheln.
Jeffrey redete nicht lange um den heißen Brei herum, während er Bob am Bauch kraulte: «Ich hab dich den ganzen Abend telefonisch zu erreichen versucht. Wo warst du denn nur?»
Sara fand, dass ihn das überhaupt nichts anging. Sie fragte: «Hast du schon etwas über Sibyl herausfinden können?»
Er schüttelte den Kopf. «Nach Lenas Aussagen hat sie niemanden regelmäßig getroffen. Damit wäre wohl ein erzürnter Freund ausgeschlossen.»
«Jemand aus ihrer Vergangenheit?»
«Niemand», antwortete er. «Ich werde ihrer Mitbewohnerin heute wohl einige Fragen stellen. Sie hat mit Nan Thomas zusammengewohnt. Du weißt schon, die Bibliothekarin?»
«Ja», sagte Sara. Ihr war, als könne sie sich einen Reim darauf machen. «Hast du meinen Bericht schon bekommen?»
Er schüttelte
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