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Belladonna

Belladonna

Titel: Belladonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Lena.
    «Okay.» Jeffrey hämmerte auf den Knopf. Ein paar Sekunden später läutete die Fahrstuhlglocke, und zusammen fuhren sie hinauf, noch immer schweigsam.
    Lena ergriff das Wort: «Wegen gestern Abend. Die Schießerei.»
    Jeffrey winkte ab und stieg aus dem Fahrstuhl. «Damit befassen wir uns später, Lena.» «Es ist aber doch -»
    Er hob abwehrend die Hand. «Sie ahnen gar nicht, wie wenig mich das im Moment interessiert», sagte er und bediente sich des Geländers an der Flurwand, um sich zu Brad zu hangeln.
    «Hallo, Chief», sagte Brad. Er stand von seinem Stuhl auf.
    «Keiner da gewesen?», fragte Jeffrey und bedeutete ihm, sich wieder zu setzen.
    «Nicht, seit Doktor Linton um ungefähr zwei Uhr heute Morgen», antwortete er.
    Jeffrey sagte: «Gut.» Er stützte sich auf Brads Schulter, als er die Tür öffnete.
    Julia Matthews war wach. Sie starrte mit leerem Blick aus dem Fenster und rührte sich nicht, als sie eintraten.
    «Miss Matthews?», sagte er. Er stützte sich auf das Geländer am Bett.
    Sie antwortete nicht, sondern starrte weiter ins Leere.
    Lena sagte: «Sie hat nicht gesprochen, seit Sara den Tubus herausgenommen hat.»
    Er sah aus dem Fenster, er fragte sich, was wohl ihre Aufmerksamkeit gefangen hielt. Vor ungefähr dreißig Minuten war es Tag geworden, aber außer den Wolken war da draußen nichts Bemerkenswertes zu sehen.
    Jeffrey wiederholte: «Miss Matthews?»
    Tränen liefen ihr übers Gesicht, aber sie sagte noch immer nichts. Er verließ das Zimmer und stützte sich dabei auf Lenas Arm.
    Kaum standen sie vor der Tür, berichtete Lena: «Sie hat die ganze Nacht noch nichts gesagt.» «Nicht ein Wort?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Vom College haben wir eine Nummer für Notfälle bekommen und eine Tante gefunden. Sie hat die Eltern aufgespürt. Sie kommen mit dem ersten verfügbaren Flug nach Atlanta.»
    «Und das ist wann?», fragte Jeffrey. Er schaute auf seine Uhr.
    «Heute gegen drei.»
    «Frank und ich werden sie abholen», sagte er und wandte sich an Brad Stephens. «Brad, Sie haben die ganze Nacht Dienst gemacht?»
    «Ja, Sir.»
    «Lena wird Sie in zwei Stunden ablösen.» Er sah Lena an, als warte er darauf, dass sie protestierte. Als das nicht geschah, sagte er: «Bringen Sie mich nach Hause und danach auf die Wache. Von dort aus können Sie zu Fuß ins Krankenhaus gehen.»
    Jeffrey blickte stur geradeaus, als Lena zu seinem Haus fuhr. Er versuchte sich zusammenzureimen, was in der vergangenen Nacht passiert war. Den Druck in seinem Kopf und die Anspannung im Nacken hätte nicht einmal eine Hand voll Aspirin kurieren können. Er vermochte immer noch nicht die Lethargie abzuschütteln, die von der Betäubung letzte Nacht übrig geblieben war, seine Gedanken wurden ständig abgelenkt. Selbst dann noch, als er sich eingestehen musste, dass all dies gerade drei Türen von dem Ort entfernt stattgefunden hatte, wo er selig wie ein Baby geschlafen hatte. Gott sei Dank war Sara da gewesen, sonst hätte er sich jetzt um zwei Opfer zu kümmern und nicht nur um eines.
    Julia Matthews war Beweis dafür, dass der Mörder abgefeimter und selbstsicherer wurde. Nach einem schnellen Überfall und anschließendem Mord auf der Toilette hatte er jetzt ein junges Mädchen ein paar Tage festgehalten, um sich in aller Ruhe an ihm zu vergehen. Jeffrey war dieses Verhaltensmuster immer wieder begegnet. Serienvergewaltiger lernten aus ihren Fehlern. Sie verbrachten ihr Leben damit, sich zu überlegen, wie sie am besten ihr Ziel erreichen konnten, und dieser Vergewaltiger, dieser Mörder suchte ganz gewiss auch in diesem Moment, in dem Lena und Jeffrey darüber sprachen, wie sie ihn fassen konnten, nach Möglichkeiten, seine Vorgehensweise zu verfeinern.
    Er ließ Lena den Bericht über Julia Matthews wiederholen, um eventuell Unterschiede feststellen und zusätzliche Hinweise ableiten zu können. Aber es gab keine. Lena verstand sich sehr gut darauf, die Dinge so zu schildern, wie sie sie erlebt und vorgefunden hatte, und aus diesem zweiten Bericht ergab sich nichts Neues.
    Jeffrey fragte: «Was ist danach geschehen?» «Nachdem Sara gegangen war?» Er nickte.
    «Doktor Headley kam aus Augusta rüber. Er hat sie zugemacht.»
    Jeffrey fiel auf, dass Lena bei ihrem Bericht über die Ereignisse der Nacht immer von gesprochen und nie den Namen der Frau genannt hatte. Bei der Verbrechensbekämpfung war es oft so, dass man eher auf den Täter sah als auf das Opfer. Jeffrey fand schon immer, dass

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