Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
Vom Netzwerk:
er eine neue Tränenquelle.
    »Kaheena«, weinte er und nahm sie noch fester in den Arm.
    Kaheena streckte mit unsicheren Bewegungen einen Arm aus und streichelte seinen Kopf. » Shouya, shouya , Omar. Shouya, shouya. «
    Und für diesen Augenblick vergaß Benny alles, was er durchgemacht hatte. Er vergaß sogar, was morgen passieren würde, wenn Mohamed Gama ihn erspähte, wie er durch das Tor nach Marhaba hineinging. Und wenn schon? Sie konnten alle in einen See springen. Er hatte richtig entschieden und niemand, der sah, wie diese beiden aneinander hingen, könnte das bestreiten.
    Nichts sprach dafür, dass der Regen aufhören oder die Ratte verschwinden würde. Aber inzwischen gehörte der kleine Nager schon zu ihrer Truppe. Kaheena hatte für diesen Abend offenbar genug geredet und sich auf dem Schoß ihres Bruders zusammengerollt. Was konnten sie tun außer schlafen? Also schliefen sie. Aber es war ein unruhiger Schlaf, in dem man genau weiß, was um einen herum vorgeht. Omar wollte Kaheenas nächste Worte nicht verpassen, und Benny fürchtete, ihr kleiner vierbeiniger Kumpan könnte seine Freunde alarmieren.
     
    Der Morgen brachte ein trostloses Licht mit sich. Mehr aber auch nicht. Der sintflutartige Regen war vorübergehend verebbt, aber am Himmel türmten sich weiterhin regenschwere Wolkenberge auf. Die Kinder waren immer noch durchnässt. Außerdem hatten sie Hunger. Aber wenigstens war die Ratte verschwunden.
    Benny erwachte und fühlte sich wie eine nasse Klorolle.
    Omar jedoch war gut in Form.
    »Asslama Sahbee« , grinste er und boxte seinen Freund gegen den Arm. Das hörte sich an, als schlage man ein Steak auf ein Küchenbrett.
    » Asslama , Smiley.« Benny schüttelte das Wasser aus seinen Ohren.
    » Shuf , Binny.«
    Benny schaute hinüber. Kaheena saß aufrecht in der Ecke. Sie hatte immer noch einen etwas wilden Blick, aber wenigstens waren die Anfälle vorüber.
    »Na, wie geht’s, Kaheena? Äh … Asslama. «
    Kaheema nickte ein wenig traumverloren. Harmony wäre begeistert. Ein zukünftiger Hippie.
    »He, Omar. Ich bin am Verhungern. Ist noch was zu essen da?«
    »Essen? Brot von echtem Schrot und Korn?«
    »Genau. Nam! «
    Oma fischte die Apfelhälfte aus der Tasche. Kaheena schrie auf.
    Benny seufzte. »Ja, mach schon. Gib der Kleinen den Apfel.«
    Kaheena nahm den Apfel und sog gierig daran. Der Anblick des Apfelsafts, der dem kleinen Mädchen das Kinn hinuntertropfte, konnte die knurrenden Mägen der beiden Jungen auch nicht beruhigen.
    »He, Omar?«
    »Nam.«
    »Meinst du der Fettsack unten gibt uns ein paar Fressalien?«
    »Störung.«
    »Ah … Ahmed?«
    » Nam. «
    »Äh … Cornflakes. Lieken Urkorn. Mars.«
    »Arbeiten, ausruhen und spielen?«
    » Nam. Ja.«
    Omar nickte mit dem Kopf, dass es nur so spritzte. » Nam. Morgen, morgen, morgen werde ich dich lieben.«
    »Schon kapiert. Keine Arbeit, keine Knete. Mush behee , mein lieber Omar. Ich habe jetzt Hunger.«
    Omar zuckte die Achseln. »Mafi dinars.«
    Das Wort dinars rief eine Erinnerung in Benny wach. Er hatte immer an irisches Geld gedacht. Dass Omar jetzt die tunesische Währung erwähnte, erinnerte ihn an das kleine Abschiedsgeschenk seines Vaters.
    »Warte mal! Warte! Mal sehen, was wir hier haben.«
    Benny hievte sich aus der Zementkuhle und wühlte in seiner Jacke. Auf einmal fror er. Offenbar hatte er über Nacht seine kleine Suhle aufgewärmt. Benny versuchte, das Zittern seiner Hände so lange zu unterdrücken, dass er sie in die Tasche schieben konnte.
    Wie lange dauerte es wohl, bis sich tunesisches Geld zersetzt hatte? Würden die Händler eine Hand voll tintigen Breis annehmen? Er fand es. Durchweicht und nass, aber erkennbar.
    »Voilà« , frohlockte er und legte die Banknote auf seine Handfläche wie einen Streifen Speck. Zwanzig Dinare. Gott segne dich, Pat Shaw.
    Omar sperrte Mund und Augen auf. Es kam nicht oft vor, dass ein Junge wie er so viel Geld zu sehen bekam.
    »Al-hamdu li’llah!« , japste er.
    »Das kannst du singen«, grinste Benny. Der Gedanke an ein baldiges Essen munterte ihn auf. Omar überwand seine Ehrfurcht rasch. Er zog Kaheena hoch und band sie sich vor den Bauch. Sie sprach jetzt ein bisschen und spielte mit dem Gesicht ihres Bruders. Vorsichtig stiegen sie die glitschigen Stufen hinunter. Alles war von Matsch überzogen. Katzen suchten sich ihren Weg dicht an der Hauswand entlang, um nicht nass zu werden. Omars neuer Chef und Vermieter hockte auf einem Plastiksack für Dünger, den er

Weitere Kostenlose Bücher