Beobachtet – Das Kellerzimmer Teil 2 (German Edition)
Wie sieht die eigentlich schon wieder aus? Total pickelig!“
Angewidert betrachtete er das Baby auf dem Arm seiner Frau. Das konnte doch nicht sein Kind sein. Julia war viel niedlicher gewesen. Ihm ging Vivien einfach nur auf die Nerven. Schade, dass es kein Junge geworden war, nun musste er Lisa mindestens noch einen Braten in die Röhre schieben. Ohne Sohn würde er später nicht in die Kiste hüpfen.
„Leg den Schreihals jetzt mal ins Bett und mach uns was zu essen. Ich hatte einen anstrengenden Tag und finde schon, dass ein erwachsener Mann vor einen Säugling geht, oder?“
Lisa schämte sich. Dass sie es den lieben langen Tag nicht geschafft hatte, ihrem Mann ein ordentliches Essen zuzubereiten, konnte wirklich nicht wahr sein! Irgendwas stimmte doch mit Vivien nicht! Also ging sie zum Arzt. Drei-Monats-Koliken, meinte der, doch Lisa war sich sicher, dass das nicht alles sein konnte. Sie konsultierte vier Ärzte, bis sie endlich wusste, dass ihr Kind nicht ganz normal war. Eigentlich hatte sie es auch schon selbst geahnt. Vivien konnte einfach nichts. Sie drehte sich nicht, sie trank so langsam, dass sie ohne Flaschenzufütterung verhungert wäre. Sie lächelte selten und der Kopf hing manchmal schlaff zur Seite.
Der Tag, als sie es endlich schriftlich hatte, dass Vivien leicht behindert war, wurde zum schwärzesten ihres Lebens. Ingmar war außer sich vor Wut und meinte, dass man das Kind in ein Heim geben sollte.
„ Lisa, denk doch mal nach! Das wird auch für Julia schlimm! Eine behinderte Schwester, ich bitte dich, da kann man sich auch gleich ein Kreuz auf die Wange malen – seht her, wir sind bescheuert! Und was wird dann aus uns? Du bist doch jetzt schon total kaputt. Wo ist mein kleines süßes Frauchen, hm?“
„ Ich kann das nicht, Ingmar, sie ist doch unser Kind. Und es ist ja auch nur eine leichte Behinderung. Der Doktor meinte, dass sie vielleicht auf eine ganz normale Schule gehen kann, wenn wir sie genug fördern. Lass es uns versuchen, bitte!“
„ Uns schon mal gar nicht! Wenn, dann kümmerst du dich um das Blag!“
Das waren Ingmars Worte gewesen und sie sollten fast die letzten zum Thema werden. Für ihn war Vivien fortan nicht mehr existent. Er bevorzugte Julia bei jeder Gelegenheit und ließ die Kleine komplett links liegen. Auch Lisa distanzierte sich von ihrem Kind. Zwar war sie nicht so gemein wie Ingmar zu Vivien. Doch insgeheim wünschte sie sich, dass ihr irgendwer diese Last abnehmen würde. Natürlich liebte sie Vivien! Aber die Gefühle waren anders als bei Julia. Nicht so bedingungslos, nicht so innig. Vivien war eine Verpflichtung, eine Aufgabe, die ihr täglich das Äußerste abverlangte. Lisa war noch stärker als zuvor bemüht, ihrem Mann eine perfekte Frau zu sein und überspielte sämtliche Missgeschicke, die mit Viviens Krankheit zu tun hatten.
Die Epilepsie verschwieg sie Ingmar anfangs komplett. Gott sei Dank hatte Vivien diese fürchterlichen Anfälle meistens am späten Vormittag und Ingmar bekam davon nichts mit. Er wäre ausgerastet, wenn er gesehen hätte, wie unkontrolliert ein solcher Ausbruch über die Bühne ging. Und welchen Schreck auch Julia immer bekam. Lisa selbst handelte nach einiger Zeit routiniert und distanziert. Sie fühlte sich wie eine ordentliche Krankenschwester, die ihren Job zu erledigen hatte und hinterher die Sauerei wegwischte. Nur die Lust auf Sex, die kam ihr in dieser Zeit völlig abhanden. In ihrem Kopf waren nur noch die Gedanken an Medikamente, an Fütterungszeiten und Kinderlieder, an Heimlichtuereien und an den Wunsch an ein paar Stunden Schlaf ohne Panik, dass sie irgendwas Wichtiges vergessen hatte.
Natürlich war Ingmar nicht begeistert davon. Lisa konnte es verstehen und so gab sie sich ihm willenlos hin, wenn er Lust auf sie hatte. Für dominante Rollenspiele mit ihr in der Führungsrolle war sie inzwischen viel zu müde. Der Sex hatte in ihrer Beziehung schon immer eine so große Rolle gespielt, dass Lisa gar nicht auf die Idee kam, sich zu verweigern. Und Ingmar gefiel es immer besser, dass er nun endgültig die Hosen anhatte. Er besorgte diesen Stuhl. Eines Tages hievte er das schwere Teil ins Kellerzimmer und holte sich dabei fast einen Bandscheibenvorfall. Als der Folterstuhl aufgebaut war, erklärte er Lisa in bemüht sachlichem Ton, was es damit auf sich hatte. Nur in einem dünnen Seidentop bekleidet und zitternd vor Angst stand sie neben ihm und hörte aufmerksam zu.
„Pass auf, Lisa, das ist alles nur
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