Beobachtet – Das Kellerzimmer Teil 2 (German Edition)
haste zu verlieren!“
Sie schmiss sich in ein hellblaues Wickelkleid, das sie vor über zwölf Jahren gekauft hatte, und zog sich hohe braune Stiefel dazu an. Die Haare ließ sie offen und schminkte nur ihre Augen stark. Lippenstift brauchte sie nicht – ihr Mund war auch so breit und nicht zu übersehen. Außerdem wollte Elaine Laszlo küssen. Hoffentlich wusste sie überhaupt noch, wie das ging.
Wie Hanna ihr befohlen hatte, erledigte sie Kontrollanruf Nummer Eins.
„ Hi, ich bin’s! Ich fahr jetzt los.“
„ Ich glaub, ich bin aufgeregter als du! Was hast du denn jetzt angezogen?“ Hannas Stimme überschlug sich fast, sie fand das alles einfach nur leichtsinnig.
„ Ein hellblaues Wickelkleid und die Stiefel, die ich dir gezeigt hatte. Sieht ganz gut aus. Gott sei Dank passt das alles noch.“
„ Wie ich dich beneide, du siehst bestimmt granatenmäßig aus, Elaine. Und die Haare, wie trägst du die?“
„ Offen. So, ich düs dann mal. Nachher schick ich dir aber SMS. Wie sieht das denn aus, wenn ich mitten in einer Unterhaltung ständig meine Freundin anrufe?“
Die beiden Frauen kicherten wie zwei Teenager.
„Okay, pass auf dich auf und denk an die Kondome!“
„ Du bist so blöd, Hanna. Ja, mach ich, tschüss!“
Aufgekratzt verließ Elaine ihr Haus und ging zu Fuß in die Innenstadt. Hier wollte sie sich in einem kleinen Lokal mit dem fremden und doch so vertrauten Mann treffen. Die Luft war warm und trocken und Elaine genoss den Spaziergang. Ihr gingen tausend Dinge durch den Kopf, doch am neugierigsten war sie auf das Äußere Laszlos. Hoffentlich würde er wirklich so gut aussehen wie auf seinem Foto. Er wirkte immer souverän und charmant, hatte etwas sehr Beruhigendes an sich. Elaine war total verschossen in diesen Mann. In das Bild dieses Mannes, in seine Worte und klugen Gedanken. Hoffentlich würde sie nicht enttäuscht werden und ein totaler Spinner tauchte auf.
Laszlo hatte einen kleinen Tisch im hinteren Raum des mexikanischen Restaurants reserviert. Elaine betrat den Raum und fragte sich durch. Die junge Bedienung brachte sie zu ihrem Platz, der noch nicht besetzt war. Eigentlich war Elaine ganz froh, dass sie sich erst einmal kurz sammeln konnte. Sie setzte sich so hin, dass sie in den Raum hineinguckte, bestellte einen trockenen Rotwein und wartete. Und wartete. Jedes Mal, wenn sich die Tür öffnete, setzte sie ein offenes Lächeln auf und wurde doch wieder enttäuscht.
Erst nach fünfzehn Minuten kam Laszlo herein. Elaine erkannte ihn sofort, denn er hatte wirklich dunkles und gewelltes Haar und ging direkt auf sie zu. Allerdings war er viel kleiner, als sie angenommen hatte. Und wie George Clooney wirkte er leider auch nicht. Trotzdem, es hätte schlimmer kommen können. Sie konnte gar nicht so schnell denken, da stand er bereits vor ihr und sie erhob sich. Er war etwa drei Zentimeter kleiner als sie und sie duckte sich etwas.
„Hallo“, sagte er und fasste ihr kurz an die Schultern, zog sie schnell an sich.
Huch, was hatte der denn für eine hohe Stimme? Jungenhaft, überhaupt nicht männlich-markant. Elaine erschrak regelrecht und hauchte einen Kuss neben Laszlos Wange.
„Hallo“, antwortete sie, „schön, dich zu sehen.“
Er antwortete nicht, sondern grinste nur und setzte sich. Ich bin zu zynisch, sagte Elaine zu sich selbst, ich muss aufhören damit. Er ist doch nett und sieht ganz gut aus. Allerdings nicht so gut wie auf dem Foto.
„Tut mir leid, dass ich zu spät bin. Du weißt ja, meine Eltern… Das war wieder ein Theater. Aber jetzt sind wir beiden Hübschen ja hier.“
Mühsam tasteten die beiden sich in ein Gespräch hinein. Elaine beschloss, noch zwei weitere Gläser Wein zu trinken, damit sie lockerer wurde. Und tatsächlich, es gelang. Mit jedem Schluck entdeckte sie mehr von dem Laszlo, in den sie sich doch virtuell längst verliebt hatte. Er hatte was. Doch, man musste nur genau hinschauen. Seine Hände zum Beispiel waren sehr gepflegt. Als er zwischen Vorspeise und Hauptgang nach ihrer Hand griff und zärtlich über den Daumen strich, zog Elaine den Arm nicht zurück, sondern ließ es geschehen.
„Ich mag deinen Style, du siehst sehr erotisch aus“, sagte er und schaute ihr tief in die Augen.
„ Danke. Ich weiß gar nicht, was ich nun sagen soll.“
„ Nichts. Oder: Du siehst auch sehr erotisch aus!“, lachte Laszlo und das Eis war gebrochen. Niemals hätte Elaine sich für diesen Mann interessiert, wenn er ihr auf der Straße
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