Beobachtet – Das Kellerzimmer Teil 2 (German Edition)
war! Er saß ja nicht nur im Knast, sondern hatte auch von seinem Chef die fristlose Kündigung zugestellt bekommen. Alles entglitt ihm. Lisa würde ihm nicht auch noch entgleiten. Dafür sorgte sein Kumpel Mike. Mike sah draußen nach dem Rechten, und wenn er seine Aufgabe gut erledigte, würde ihm Lisa für eine Nacht im Kellerzimmer gehören. Vielleicht auch nur eine halbe Stunde; Ingmar hatte sich bewusst nicht festgelegt und verdrängte das Thema.
Er räusperte sich und änderte die Tonlage.
„ Mann, Lisa, du bist echt mein kleines Mäuschen. Mach dir nicht so viele Sorgen und geh du mal in deine Klapse. Wenn ich wieder zu Hause bin, ist alles wieder beim Alten.“
„ Ich kann dich erst in drei Wochen wieder besuchen, hat der Anwalt gesagt.“
„ Was sprichst du mit dem Anwalt? Da halt dich mal schön raus, das geht dich gar nichts an. Du verstehst das doch sowieso nicht, meine Güte. Also, mein Schatz, ist wohl auch ganz gut, dass du erst mal unter Aufsicht bist. Ohne mich bist du total kopflos. Ich verlass mich drauf, dass du keinen Scheiß mit irgendwelchen Psychologen in der Klapse machst!“
„ Ingmar, was denkst du denn von mir!“
„ Keine Ahnung. Ich hab echt keine Ahnung, was ich von dir versautem Stück halten soll. Tschüss, ich muss Schluss machen.“
Noch bevor Lisa antworten konnte, tutete es in der Leitung. Mechanisch erhob sich Lisa, stellte das Telefon in die Ladestation, nahm die Blumen aus dem Spülbecken und schmiss sie draußen in den Grünmüll. Ohne sich ein letztes Mal umzudrehen, griff sie nach ihrem Koffer und verließ das Haus. Nicht eine Minute länger konnte sie es allein aushalten. Da ihr nichts Besseres einfiel, ging sie rüber zu Don Fettis Frau, die sie lange nicht mehr so genannt hatte, noch nicht einmal heimlich im Gedanken. Verwundert stellte Lisa auf ihrem kurzen Weg zu Hannas Haus fest, dass sie lieber mit Hanna und Elaine zusammenleben würde, als mit ihrem eigenen Mann.
Kapitel 15
Von der obersten Treppenstufe aus konnte man gut zuhören, wenn die Erwachsenen sich im Wohnzimmer unterhielten. Kimberley setzte sich gemütlich hin und lehnte sich ans Geländer. Die Stimme der komischen Nachbarin und ihrer Mutter drangen gut hörbar nach oben. Kimberley mochte Lisa Suhrhoff nicht. Es war ihr ein Rätsel, warum ihre Mutter sich ausgerechnet mit dieser Frau angefreundet hatte. Immerhin waren in ihrem Haus die schrecklichen Dinge passiert, von denen ihr niemand genau erklärte, was nun überhaupt geschehen war. Alle um Kimberley herum vergaßen offenbar, dass sie kein Baby mehr war. Mama ging ihr eh auf die Nerven, aber auch Papa behandelte sie schon wieder wie ein Kleinkind. Den anonymen Brief mit den ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben hatte Kimberley gefunden und sofort unter ihrem Bett versteckt. Peinlich, was in ihrer Familie alles los war!
Auf dem Sofa ging es ebenfalls peinlich zu. Lisa Suhrhoff heulte schon wieder. Sie musste in ein Krankenhaus für Psychos und Mama würde sie hinbringen! Kimberley traute ihren Ohren kaum. Warum sollte ausgerechnet ihre Mutter diese Irre wegbringen? Kimberley verstand manches nicht, aber am meisten interessierte sie die Frage nach dem mysteriösen Kellerzimmer im Nachbarhaus. Klar, sie hatte davon in den Zeitungen gelesen und auch in der Schule war es wochenlang das Gesprächsthema Nummer Eins gewesen. Doch wie sah so was wirklich aus? Kimberley kam eine Idee...
Leise schlich sie auf Socken zur Garderobe, an der die aufgedonnerte Nachbarin ihren vanillegelben Trenchcoat aufgehängt hatte. Schon beim ersten Griff in die Manteltasche wurde Kimberley fündig – hurra, ein Schlüsselbund! Da war ganz sicher auch der Haustürschlüssel der Suhrhoffs dabei. Schnell huschte das Mädchen wieder nach oben, verschwand in ihrem Zimmer und legte den Schlüssel hinters Tagebuch auf ein Regal. Sobald die beiden Frauen verschwunden waren, wollte Kimberley sich drüben umsehen. Das Zimmer von Julia interessierte sie auch. Hoffentlich würde Mamas Freundin den Schlüssel nicht vermissen!
Aufgeregt wartete Kimberley, bis Hanna und Lisa verschwanden.
„ Kimmy, ich fahr dann jetzt!“, brüllte Hanna nach oben. Sie machte sich noch nicht einmal mehr die Mühe, ihrem Kind ins Gesicht zu schauen, dachte Kimberley bitter. „Ich nehme mein Handy mit. Wenn was ist, ruf bitte an! Bei Papa kannst du dich auch melden! Und werd nicht unruhig, wenn es später wird. Ich bin ein paar Stunden weg! Tschüss!“
„ Tschüss“, antwortete Kimberley
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