Beobachtet – Das Kellerzimmer Teil 2 (German Edition)
lieber Gott, betete Kimberley, bitte, ich mach nie wieder Scheiß, aber lass mich hier raus!
„ Wieso, wo wohnst du denn? Wenn du nicht gleich mit der Flennerei aufhörst, vergess ich mich, ey!“
„ Ich wohne nebenan“, wisperte Kimberley und bemühte sich um Fassung.
„ Hat dich hier einer eingesperrt? Wie kommst du hier rein! Nun sag schon, du blöde Göre!“
„ Es tut mir so leid, entschuldigen Sie bitte! Ich habe den Schlüssel von Frau Suhrhoff gefunden und mir war so langweilig, weil meine Mutter mit Frau Suhrhoff weggefahren ist. Ich wollte nur mal gucken, ehrlich! Bitte tun Sie mir nichts!“
„ Wer ist deine Mutter?“ Der Mann wurde lauter und wütender. Seine Halsschlagader trat hervor und er stellte sich direkt vor Kimberley, die immer noch halb liegend auf dem Folterstuhl hing.
„ Hanna Zielke. Ich wohne drüben. Mir war nur langweilig.“
„ Mal sehen, was ich mit dir mache. Eigentlich kann ich mit dir echt nichts anfangen. Ich frag meinen Kumpel, genau. Also, zieh dich mal eben aus.“
„ Was? Bitte nicht! Bitte, bitte, bitte!“
„ Wenn du nicht gleich die Fresse hältst, kriegste aufs Maul, klar? Also, zieh dich aus, ich pack dich nicht an, ich brauch nur ein Foto. Dann hat mein Kumpel auch was davon.“ Er lachte kurz und böse.
Während Kimberley sich zitternd und schluchzend entkleidete, trieb der Kerl sie zur Eile. Schutzlos stand das Mädchen nackt vor dem Koloss und schaute auf seine Zehenspitzen.
„Setz dich auf den Stuhl, los, hopp. Ja, so, mach die Arme mal breit über die Lehne, die Beine auch. Breiter! Mann, bist du bescheuert oder was? Schön ist was anderes, du bist ganz schön fett für dein Alter.“
Kimberley stellte sich vor, sie wäre ganz in der Nähe, zu Hause in ihrem Bett unter der kuscheligen Decke. Obwohl sie die Augen geöffnet hatte, guckte sie ins Nichts. Der Mann fotografierte sie dreimal. Dann sagte er:
„Keine Mucken machen, sonst gibt’s Ärger.“
Und verschwand. Er ließ Kimberley allein in dem gruseligen Zimmer und ging hinaus. Sie griff nach ihren Kleidern und zog sich hastig an, fiel auf die Knie, rappelte sich wieder auf. Ob er die Tür abgeschlossen hatte? Sie hatte gar nicht hingehört! Vielleicht konnte sie einfach so aus dem Kellerzimmer rausgehen, aber wenn er davor stünde mit einer Axt in der Hand? Also setzte sich Kimberley auf den Stuhl und versuchte die Luft anzuhalten. Am liebsten wäre sie tot gewesen.
Kapitel 16
Dass Lisa seine Blumen in den Müll geschmissen hatte, machte Fredi zuerst traurig und dann zornig. Seine Liebe zu ihr wurde arg strapaziert und langsam wusste er nicht mehr so recht, ob er sich da in etwas verrannte. Bei allem Verständnis für ihre Situation, aber ein Geschenk zu entsorgen, gehörte sich einfach nicht. Bei Blumen war es doppelt schlimm, denn das waren fast Lebewesen. Je länger er darüber nachdachte und je weiter der Tag vorangeschritten war, desto ungehaltener wurde Fredi. Was dachte Lisa eigentlich, wer sie war! Er würde sie zur Rede stellen, dort, wo er sie ganz für sich alleine hatte. Vielleicht war Lisa in einer anderen Umgebung auch aufgeschlossener für ihn.
Sie war mit ihrem Trolley zur Zielke spaziert. Fredi lag auf der Lauer und wartete so lange, bis die beiden Frauen das Haus endlich wieder verließen. Seine Mutter nervte entsetzlich und fragte ihn ständig tausend Sachen. „Soll ich das Spiegelei von beiden Seiten braten oder nur von einer?“ „Was machst du denn dauernd mit deinem Fernglas, Junge? Du brauchst ein anderes Hobby als immer diese Vogelbeobachtung!“ „Komm doch mal zu mir in die Stube, Fredi!“
„ Mutti, sei so gut und lass mich arbeiten. Das ist alles für ein Projekt!“
Diese Antwort schien Annemarie zu gefallen und sie gab Ruhe. Als Fredi Lisa und ihrer Fahrerin folgen wollte, musste es schnell gehen.
„Ich bin noch mal weg, Mutti, ich muss arbeiten!“
„ Um diese Uhrzeit? Junge, was ist denn los mit dir?“
„ Nichts, es ist alles in Ordnung. Ich komme später, tschüss!“
Fredi raste zu seinem alten Kombi und klemmte sich hinters Steuer. Jetzt hieß es aufmerksam sein. Er war ganz in seinem Element und fühlte sich wie James Bond. Die Frauen bekamen nicht ansatzweise mit, dass ihnen Fredi in seinem silberlackierten Wagen hinterherfuhr – und das drei Landkreise hindurch! Hanna Zielke fuhr wie eine typische Frau, blinkte an jeder Milchkanne und schaute ständig hektisch über die Schulter nach hinten. Trotzdem war sie zu blöd, ihren
Weitere Kostenlose Bücher