Beobachtet – Das Kellerzimmer Teil 2 (German Edition)
wissen konnte, um wen es sich handelte, hatte sie sogar angegrinst, als man ihn in Handschellen an ihr vorbeiführte. Nun saß sie in ihrem kurzen Rock und mit leicht aufgeknöpfter Bluse auf einem grauen Stuhl und starrte die Tür an. Gleich würde Ingmar durch diese Tür kommen. Hoffentlich ging es ihm gut. Sie hatte alles so gemacht, wie er es ihr in dem einzigen Telefonat seit dem Vorfall gesagt hatte: War beim Anwalt gewesen, hatte sich um die Kinder und das Haus gekümmert und nichts von Vivien oder anderen Nebenschauplätzen erzählt.
Endlich, die Tür öffnete sich. Ingmar kam zusammen mit einem düster blickenden Aufpasser in den Raum. Wie blass er aussah! Lisa erschrak und sprang von ihrem Stuhl auf. Ihr Mann wirkte viel kleiner als sonst, nicht so groß und kräftig. Er trug Jeans und sein weißes Lieblings-T-Shirt von der letzten Fußball-WM. Immerhin durfte er sich rasieren. Doch, doch, das war ihr Ingmar. Stumm standen sich die Eheleute gegenüber und sagten kein Wort.
„ Bitte setzen Sie sich hin“, sagte der Beamte monoton und postierte sich vor der Tür.
Lisa traute sich nicht, Ingmar zu berühren und er machte keine Anstalten, sich ihr zu nähern. Vermutlich war es sowieso verboten, dachte Lisa. Das sagten die Beamten im Fernsehen doch immer in solchen Situationen. „Keine Berührungen, bitte.“
„Gut siehst du aus“, lobte Ingmar seine Frau. Und das stimmte. Eben hatte er noch überlegt, den Besuch auszuschlagen. Er hatte diese blöde Kuh eigentlich nicht sehen wollen, denn ihretwegen saß er im Knast. Diese Mistkröte hatte mit Don Fettis Frau gemeinsame Sache gemacht und ihn gnadenlos ausgeliefert. Das würde sie noch bitter bereuen. Sobald er hier raus war, würde er Lisa so lange bestrafen, bis sie um Gnade winselt. Doch jetzt, wo sie so vor ihm saß und ihn anlächelte, da war die ganze Wut wie weggeblasen.
„ Schatz, wie geht es euch?“, fragte er sanft und schob seine Hand über den Tisch.
Dankbar legte Lisa ihre zarten Finger unter die Hand ihres Mannes und er streichelte die vertraute Haut. Tränen stiegen Lisa in die Augen und sie antwortete leise:
„Nicht so gut. Wir vermissen dich so, Schatz. Die Kinder sind erst mal bei Oma und Opa, da sind sie etwas abgelenkt.“
„ Und du? Kannst du schlafen ohne mich? Ich dreh hier noch durch, Süße! Wenn ich mir vorstelle, dass du ganz alleine zu Hause bist, oh Mann!“
„ Letzte Nacht ist bei uns eingebrochen worden!“ Lisas Stimme zitterte und sie versuchte ihre Angst so gut wie möglich zu unterdrücken. Ingmar sollte sich nicht noch mehr sorgen, aber wenn sie ihm nichts erzählte, würde er später alles rausbekommen – und dann wäre er noch wütender.
„ Was? Bei uns?“
„ Ja, aber der Scheißkerl hat wohl nichts mitgenommen. Er stand auf einmal neben meinem Bett, aber ich hab so getan, als ob ich schlafe. Dann ist er wieder abgehauen. Ich hab dann die Bullen angerufen...“
Der Wachmann räusperte sich laut und schickte einen mahnenden Blick zu Lisa. Diese machte sich klein und fuhr fort:
„Die Polizei ist dann gekommen, auch dieser widerliche Fritz, und man sucht jetzt nach dem Einbrecher. Vielleicht haben sie ja Fingerabdrücke gefunden, weiß ich aber nicht. Schatz, ich hatte solche Angst, ich dachte, der bringt mich um!“
Ingmar blieb ruhig. Das wunderte Lisa etwas, aber so war es besser. Selbst hier im Knast fürchtete sie sich vor den Wutanfällen ihres Mannes.
„Du musst einen Sicherheitsdienst beauftragen, damit die Kerle nicht einfach so reinspazieren können. Wie haben die denn eigentlich die Haustür aufbekommen?“
„ Was?“ Sie hatte doch gar nicht erwähnt, dass der Einbrecher durch die Tür gekommen war. Lisa wurde übel.
„ Was was?“ Ingmars Stimme wurde kalt. „Ist die Haustür kaputt, brauchen wir ein neues Schloss?“
„ Ach so, ja ja, die Tür ist aufgebrochen worden. Wir bekommen jetzt eine ganz neue Tür. Fritz hat gesagt, dass das besser ist für unseren persönlichen Schutz. Bezahlen müssen wir das allerdings selbst.“
„ Ey, Lisa, spinnst du? Weißt du, was das kostet! So einen Scheiß bezahl ich nicht; das kann der Staat für uns blechen, verstehst du! Sieh zu, dass du das geregelt bekommst.“
Ingmar war von seinem Stuhl aufgesprungen und schimpfte auf das Häufchen Elend ein. Die Alte war wirklich zu nichts zu gebrauchen!
„Ich möchte wieder in meine Zelle!“, bellte er den Beamten an und ließ seine weinende Frau zurück.
Kapitel 5
Seit Sören ins Hotel
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