Berge Meere und Giganten (German Edition)
ihre Meinung zurückhalten und denen man vielleicht etwas Zeit lassen muß, sich zu äußern. Es wäre schade, wenn man sie schweigen ließe. Ich wüßte gern zum Beispiel, was Carceri verschweigt.« Carceri grob lachend: »Was denkst du, mein Süßer?« »Daß du lauerst und abwartest, was wir machen werden. Ich bin so gut mit im Spiel wie du. Du machst dir nichts aus mir und den andern, aber allein wirst du auch nicht stehen können.« Carceri knurrte, mit beiden Armen sich von seinem Lager hochstemmend: »Ich mach mir nichts aus den andern. Machen sie sich etwas aus mir? Hab ich nicht vor Jahren gewarnt, als Schiff nach Schiff von Algier von Senegal von Tripolis kam und jedes warf wie eine Kloake diese Menschen über uns aus. Hab ich euch nicht in diesem selben Raum gewarnt. Da kam dasselbe: im äußersten Fall haben wir Waffen! Davon weiß niemand! Die geheimen Geräte! Oh eure geheimen geheimnisvollen Geräte. Ich weiß schon nicht, ob es unter den Bunthemden nicht Leute gibt, die noch andere haben; Gott schenkt sie ihnen im Schlaf, ihr werdet eure Entdeckungen machen.« Sanudo schüttelte den Kopf; Michieli und Faskarini, zwei stolze schnauzbärtige Gesichter, richteten sich von den Lagern auf neben Carceri, warfen sich Blicke zu. »Wir sollten« Sanudo streichelte resigniert seinen kranken Arm, »keine Schiffe mehr zulassen, vielleicht die Schiffe versenken? Du hattest sonderbare Pläne, von denen du nicht deutlich sprachst. Wir leben schließlich nicht im alten Mittelafrika. Wir haben es mit Menschen zu tun.« Carceri sprang auf, die Arme hoch: »Da ist es! Wir haben es mit Menschen zu tun. Seid mir recht zahm. Caressiert sie, damit sie euch Zucker aus der Hand fressen. Seht, nicht mal das tun sie. Wie füttern sie genug. Sie wollen mehr. Sie wollen uns gar nicht. Sie wollen einfach nichts, als uns weghaben. Nun tut ihnen doch den Gefallen. Sie sind Menschen. Man wird ihnen doch ihren Willen nicht nehmen. Und wir sind doch Klügere. Der Klügere gibt nach.« »So gehts nicht weiter.« Michieli, der kleine Schwarzbärtige, sprang auf: »Wohin soll das. Sprich was du meinst. Warum sollen wir nicht die Mittel anwenden, die wir haben.« »Das sag ich ja auch« der dicke prustende Mann mit dem verschwollenen Gesicht. »Das sagst du nicht. Du sagst, die Waffen seien lächerlich, sinnlos. Du willst nicht auf den Busch klopfen.« »Das werde ich auch nicht. Den Gefallen tue ich ihnen nicht.« »Also« Michieli brüllte vor ihm, die Hände fuchtelnd vor der Stirn, »was ist denn das für ein Hin und Her. Die Waffen, die du hast, wendest du nicht an. Die Mittel, die du hast, willst du anwenden. Was ist das für ein Unsinn, Carceri. Wir sind hier keine Kinder.«
Nach einem Schweigen,während er den springenden Schwarzbärtigen fixierte, hob der listige Carceri die breiten Schultern, seufzte offen apathisch, ließ sich seinen langen Mantel raffend auf sein Lager fallen, flüsterte mit Guistiniani. Die Säule strahlte sehr weiß, gab Tageslicht. Sanudo blickte zu Carceri hinüber: »Ich sehe, Carceri ist seiner alten Ansicht, dies und das hätte geschehen müssen. Einen Vorschlag, was jetzt geschehen soll, macht er nicht. Ich bin ein alter Mann, Carceri. Ich bin nicht aus europäischem Geschlecht wie du. Es ist noch nicht gar so weit her, einige Handvoll Jahrzehnte, da waren meine Väter Läufer Kameltreiber Dattelpflanzer Brunnensucher wie die draußen, die uns in der Hand haben. Mir würde es leichter sein, müßte es doch leichter sein, vor ihnen zu kapitulieren. Es wäre nicht einmal eine Kapitulation. Ich könnte mir den Weg zu ihnen leicht machen. Aber so geht es doch nicht. Etwas hab ich inzwischen gelernt. Es ist mir einiges ins Blut übergegangen. Ich bin entschlossen, ihnen nicht zu überlassen, was wir und die vor uns geschaffen haben. Und wenn ich sie zwischen den Fingern zerreiben müßte.« Carceri widerwillig und scheinbar schlafsüchtig: er wolle nicht weiter diskutieren. Er hätte gesagt, was er sagen könnte. Guistiniani schwieg auf die Blicke, die ihm Carceri zuwarf. Carceri wollte ersichtlich mit den andern nicht mitmachen. Sanudo wurde aufgefordert, alle Zuverlässigen rasch mit den Waffen vertraut zu machen. Man wollte noch in der Nacht, die Verwirrung bei dem siegreichen Gesindel bringen werde, vorgehen. Sanudo beschwor den liegenden Ravano della Carceri sich an dem Werk zu beteiligen. Der lehnte stumm wie Guistiniani ab.
Sie benutzten, etwa zweihundert der Herrenschicht, in der Nacht die
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