Berge Meere und Giganten (German Edition)
richtete, mißlang. Am Tage darauf erlag Carceri den Verletzungen, die er beim Einsturz seines Hauses erlitt; die Sprengung hatten Frauen vorgenommen. Schneidig und kühn stellte Guistiniani, ein stählerner gelbblasser Mann, die Verdächtigen vor Gericht. Seine Hand, die die südlichen Stadtschaften nun zwei Jahrzehnte spürten, war nicht weniger hart als die seines erschlagenen Freundes Carceri, um dessen eingefallenes Haus er ein Gitter zog und das nicht berührt werden durfte. Er schlug den Ansturm der Frauen zurück, hielt sie lange im Zaum. Bis er verzweifelnd, in seiner Vereinsamung durchschauert sich zurückzog wie Hunderte seiner Zeit, nach den lockenden Abfallstätten Europas und Amerikas, an die Mittelmeer- und atlantischen Küsten. Es war die Zeit der Frauenbünde, der übermütigen unwiderstehlichen Verbände, der hinsterbenden Mannesgewalt. Die Wut der Frauen verfolgte Guistiniani nach Trabulus an der Großen Syrte.
DER FALL Mailands im Beginn des dreiundzwanzigsten Jahrhunderts löste zuerst in Rom, dann in den angeschlossenen Zentren Südeuropas eine Bewegung aus zur Verschärfung der Bestimmungen für die Verbreitung von Herrschaftsmitteln und Kenntnissen, die die Bildung von sehr kleinen Herrenklassen und einer riesigen beherrschten Schicht nach sich zog. Die Leichen der hunderttausend Farbigen und Mischlinge in der Poebene waren noch nicht in der stummen Erde verwest, da begegneten sich vor der brausenden Nordsee bei Dünkirchen die Männer und Frauen der Länder und Stadtschaften, die London hergefordert hatte. Heimlich kamen sie an der stürmischen herbstkalten Küste zusammen. London wußte, was es vorhatte, die Delegationen wußten es auch bald. Herumgehend in den Spielhäusern, bei Segelfahrten, in Dünenwanderungen, Lagerungen in Picknickzelten kamen sie zu den Resultaten, die sie nicht den Ferntönern anvertrauten. Alle waren in kurzer Zeit von dem furchtbaren Ernst ergriffen, den die Haltung Londons und Neuyorks ausströmte. London pessimistisch wie immer, sah das Ende der westlichen Welt voraus.
Die Männer und Frauen dieser Regierung, die sich hier fordernd bewegten, trugen die Zeichen einer sehr westlichen Einwanderung. Nord- und südamerikanische Indianerstämme hatten sich im vorletzten Jahrhundert bei dem rapiden Nachlaß der weißen Fruchtbarkeit über Kanada und Brasilien ausgedehnt. Als arbeitende Hilfsvölker traten sie vornehmlich bei der angelsächsischen Durchdringung Südamerikas in die Dienste Londons, wogten dann zum Teil nach dem westlichen europäischen Kontinent, zum Teil nach Schottland. Eigentümliche dünne schwarze Bärte, nach vorn stehende runde Backenknochen sahen die südlichen Europäer bei den Herren aus London, straffe Gestalten, die einen trüben schwarzen Blick warfen und an Menschen, mit denen sie redeten, vorbeisahen. Sie sprachen mit sanften hohen Stimmen, ihre Sprache spanisch verwelscht. Sie gaben, die die Erben der Weltbeherrscher waren, zu erkennen, daß sie nicht beabsichtigten, die
Fähigkeit der Nationen und Landschaften durchzuprüfen; verlangten Aufschluß darüber, was man getan hätte, um seine Nachbarn und das Reich nicht zu schädigen. Als im Laufe der Besprechungen am Dünkircher Strand Guistiniani auftauchte, kam es zu der heftigsten Auseinandersetzung zwischen ihm und der Londoner Gruppe. Wie Mailand und die südlichen Städte, die eben erst gerettet seien, es wagen könnten, einen Mann wie diesen aus den unfähigsten Kreisen Mailands herzuschicken. Guistiniani hielt sie mit scharfen Worten nieder. Sie erkannten seine Gefährlichkeit, lernten den Mann bald genauer kennen. Die Londoner Herren gaben ihren weiblichen Kameraden nicht nach, die von Mailänder Freundinnen angestachelt, die Beseitigung des geschmeidigen und eisigen Mannes verlangten. Der Mensch aber war es selbst, der hier Carceris Plan der Sklaverei vortrug. Der Plan war unwiderstehlich. Er schlug bei London augenblicklich ein. Die Kommissionen machten sich den Plan rasch zueigen.
Die Dünkircher Begegnung, für das Geschick des westlichen Völkerkreises von entscheidender Bedeutung, endete nach zwei Wochen mit dem Anspruch der erschienenen Kommissare an ihre Regierungen Senate und tatsächlichen Machthaber, die vorhandene Zivilisation mit allen erdenklichen Mitteln und um jeden Preis zu verteidigen. Sie stellten die Gefährlichkeit des Erliegens irgendeiner örtlichen Machtgruppe, sei sie Nation oder Stadtschaft, fest. Folgerten daraus das Recht der Nachbarstaaten und
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