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Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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das Tier umzingelt hatte, in einem ausgehöhlten Termitenhügel, hoffte, der Tiger würde gejagt in den Hügel stürzen und Hubeane zerreißen. Das gereizte Tier wurde gegen den Hügel gedrängt. Der Vater brüllte scheinbar entsetzt: »Hubeane, Hubeane! Der Tiger!« Hubeane kam nicht. Auch der Tiger war in dem großen Bau verschwunden. Die Männer drangen nach einiger Zeit unter Getrommel gegen den Bau vor. Über und über mit Erde bedeckt zeigte sich da in der Öffnung des Baus Hubeane. »Der Tiger ist nicht drin, ich habe gewartet, daß er hereinkommen würde. Hab ihm auf der anderen Seite ein Loch gegraben. Und wie er hereinstürzte, sah er das Loch. Flitz, schoß er gegen das Loch. War hinaus.« Er gab dem Vater und den anderen dankend die Hand: »Wie habt ihr schön gebrüllt. Hättet ihr nicht so gebrüllt, wäre er in der Höhle geblieben und hätte mich gefressen.«
    Der Vater ließ nicht nach. Trieb ihn aufs Feld, verkleidete sich als Fuchs, der Hubeane angriff. Aber Hubeane riß aus, lockte, ließ den nachsetzenden Fuchs in eine Mistgrube. Wie der Fuchs drin zappelte, rief Hubeane die Leute zusammen, schlug von oben auf das Tier ein: »Ein Teufel!« Bis die Männer den halberstickten Mann mit Stangen herauszogen und der Sohn ihn streichelte: »Es war ein Teufel, seine Haut schwimmt da, er hatte dich verschluckt. Nächstes Mal schlage ich ihn ganz tot.«
    Um die Zeit des Vollmonds kam das Ende. Da stellte der Vater, der sich vor Wut nicht halten konnte, eine Leiter an die Hütte, in der Hubeane schlief, blickte durch ein Loch in den finsteren Raum herunter. Ein gelbes riesiges Mondgesicht hatte sich der Vater vorgebunden, das verhüllte seinen Kopf und die ganze Brust. In den Händen hielt er verborgen ein Bündel Speere. Grimmig war der Vater; mühsam stieg er die Leiter hinauf, noch lahm von den Schlägen des Sohnes. Er murrte drohend: »He! Da unten! Herauf! Herauf! Hubeane!« Der richtete sich zitternd im Stroh auf: »Wer ist da.« »Der Mond vom Himmel. Willst du nicht kommen, mich anbeten.« »Der Mond. Zu mir! Oh ich fürchte mich. Ich will ihn nicht sehen.« »Komm, daß du mich siehst.« Und wie Hubeane aus dem Stroh langsam ankroch, sauste die erste Lanze gegen ihn. Er fuhr kreischend zurück. Der Mond dröhnte: »Her zu mir! Willst du mich anbeten! Das sind meine Strahlen. Meine Strahlen. He! Heran. Sonst verschlucke ich dich.« »Ich fürchte mich nicht vor dir, guter Geist. Gewiß nicht. Ich komme gleich. Ich hole mir nur einen Schirm, weil deine Strahlen so brennen.« »Sie brennen nicht. Komm heran.« Der Vater lauerte, lugte herunter, sah den Sohn nicht. Er blies durch ein Horn herunter, drohte: »Auf! Auf! Steh auf, Hubeane!« Da fühlte er die Leiter unter sich zittern. Sie schwankte. Und wie er sich umdrehte, hielt ihn einer an den Armen fest, umschlang ihm von rückwärts den Brustkorb. Der Vater schrie: »Hilfe! Hilfe!« »Schrei nicht, lieber Mond. Die Leute bekommen Angst.« »Hubeane.« »Du kennst mich bei Namen, lieber Mond. Du siehst alle, kennst alle Menschen aus unserem Dorf, alle Hühner, alle Hunde. Ich hab meinen Schirm nicht finden können. Kann dich nur von hinten betrachten; von vorn brennst du so. Geh solang in meine Hütte, bis ich meinen Schirm habe.« Und hob den um sich schlagenden Mann auf der Leiter hoch, stürzte ihn durch das Loch in die finstere Hütte, riß ihm im Fall das Lanzenbündel aus der Hand. »Jetzt will ich Licht machen, lieber Mond, damit du meinen Schirm suchen kannst. Du liegst auf dem Gesicht. Ich leuchte.« Und schleuderte Speer auf Speer senkrecht herunter, raffte Steine, schmetterte sie durch das Loch in die Hütte: »Hier neue Strahlen. Sieh jetzt! Kannst du sehen. Noch nicht. Noch nicht.«
    Er holte sich vom Nachbarhaus eine Strohmatte, kehlte ächzte die Leute zusammen: »Der Mond ist in meiner Hütte. Ihr sollt ihn verehren. Nehmt einen Schirm mit. Die Strahlen sind scharf.« Verwundert liefen sie aus den Häusern, mit Laternen und Fackeln. Hubeane winkte vor der Hütte: »Nehmt einen Schirm mit. Er liegt drin auf dem Gesicht. Der Mond. Durch das Loch ist er vom Himmel in meine Hütte gefallen. Wenn er sich umdreht, brennt er.«
    Und wie sie in die Hütte eindrangen, an Hubeanes Possen gewöhnt, doch ängstlich, lag da angespießt, von Steinen zertrümmert auf dem Gesicht ein Mann in einer großen Mondmaske. Sie machten den Blutbegossenen los, wandten ihn um. Der Tote war Hubeanes Vater, die Brust durchbohrt, der Schädel zerbrochen. Hubeane

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