Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
Hubeane wieder auf die Weide, setzte sich zu dem toten Zebra. Das war inzwischen angefault. Hyänen sprangen um den Kadaver. Und als der Junge abends nach Hause kam, sagte er, heute habe er am Hyänenstein gehütet. Die Männer wunderten sich, wie er spreche: gestern vom buntstreifigen Stein, heute vom Hyänenstein. Sie gingen mit ihm aufs Feld, fanden das faulende Zebra. Die Hyänen sprangen davon. Sie schüttelten den Kopf: »Was tust du, Hubeane. Das ist ein Wild, das gut schmeckt. Wenn du es liegen siehst, und es ist gefallen, so mußt du rasch Zweige abhauen, damit es keiner wegnimmt, damit es der Geier und die Hyänen nicht holen. Und dann lauf rasch nach Haus und schreie. Schreie. Wir kommen dann und holen es.« Der Junge spitzte den Mund pfiff dankte. Und wie ein kleiner lahmer Vogel vor seinen Füßen sprang auf der Weide, setzte sich Hubeane auf ein Schaf, den schweren Stecken in der Hand, trieb es mit Gejohl auf das Vögelchen, Motantasana genannt, zu. Das Wild wollte er erlegen. Aber das Schaf wollte nicht rennen. Da trat ihm Hubeane in die Weiche, sprang ab, warf eine kleine Grube auf, versteckte sich hinter Laubwerk, das er abgebrochen hatte, und drang brüllend vor auf das lahme Vögelchen, das in die Grube hüpfte. Hubeane stieß ein Triumphgebrüll aus. Er stand schreiend vor der Grube, schlug blind hinein, schaufelte Erde mit den Händen in das Loch, warf seine Zweige hin, lief nach Hause. Aus vollem Halse johlte er: »Das Wild! Das Wild! Ich hab das Wild getötet. Mit eigener Hand getötet. Kommt. Tragen! Bringt. Tragen!« Die Männer liefen mit Messern an, die Frauen schleppten Körbe, liefen auf den Wiesenplan hinter dem stolz hüpfenden Hubeane. »Hier ist es. Hier liegt es. Unter den Zweigen. Da!« Die Männer arbeiteten, Zweig auf Zweig räumten sie weg. Die Frauen standen mit Tragkörben, warteten freudig. Hubeane johlte, kommandierte: »Alle Zweige weg! Und die Erde müßt ihr wegraffen. Ich habe das Wild in die Grube gescheucht. Es hat mich nicht gesehen. Hinter dem Laub war ich versteckt. In die Grube hab ichs gehetzt, hab es erschlagen und erstickt.« Und von der Erde, die sie wegräumten, fielen Steine um Steine. Hubeane haschte nach jedem Stein: »Das ist es nicht. Das ist es nicht.« Das Vögelchen fiel. Es juchzte tanzte: »Da, es zuckt. Da ist es. Es lebt noch. Nehmt die Messer! Schlagt es tot.« Die Männer ließen die Hände sinken. Sahen ihn an, wie er mit seinem Stecken sprang focht. Sahen sich an. Betrübt schlenderten sie zurück. Die Mutter nahm ihn beiseite: »Kind. Das ist ein Vögelchen. Das ist ja kein Wild. Wenn man ein Vögelchen fängt oder man hat es getötet, so sagt man gar nichts, ruft gar nicht. Man bringt es ganz still abends nach Haus.« Er stand mit gespitzten Ohren: »Ich will es tun, Mutter.«
    Und einmal kam ein großer Lämmergeier aus der Luft, warf sich auf ein junges Tier, Hubeane sah freundlich zu unter seinem Baume, wie der Geier das Tierchen packte und davonflog. Er lachte über das schreiende Lämmchen: »Warum schreit das Lämmchen. Jetzt fliegt es mit dem Vögelchen durch die Luft und schreit noch.« Der Geier kam nachmittags wieder. Strich sehr nahe über Hubeanes Sitz. Da dachte der: »Ich fang ihn.« Machte seinen Gürtel ab, hielt den dicken Stecken in der Hand, schlug zweimal dreimal auf den herunterstoßenden Geier, schlug ihn nieder. Dann band er ihn an seine Jacke. Der Geier an der Schnur fuhr hackend gegen ihn an, zerbiß ihm die Arme, riß ihm die Kleider entzwei. Hubeane kämpfte den ganzen Nachmittag, erschöpfte sich. Er hatte Mühe abends, mit dem Raubtier springend fallend und es niederdrückend, seine Herde nach Hause zu treiben. Die Hunde liefen bläffend um ihn. Kreischend empfingen ihn, der blutete, die Kleider zerrissen hatte, die Frauen am Eingang des Dorfes. Er, immer schlagend, keuchte stürzte: »Es ist nichts. Es ist nichts. Ein Vögelchen. Man darf nicht schreien. Ich hab es angebunden.« Und ließ sich auch nachher nicht davon abbringen, als man ihm sagte, daß der Vogel ein Lämmchen davongetragen und ihn fast umgebracht hatte. »Das Vögelchen?« Hubeane ließ sich staunend verbinden, betrachtete vorwurfsvoll seine Mutter.
    Der Vater hatte seine bösen Streiche über, nachdem Hubeane ihn vor der Dorfgemeinde durch Übermittelung falscher Aufträge, durch Berichte von nie stattgehabten Vorfällen lächerlich gemacht hatte. Er suchte sich Hubeanes zu entledigen. Er nahm ihn auf einer Tigerjagd mit, versteckte ihn, als man

Weitere Kostenlose Bücher