Berge Meere und Giganten (German Edition)
bei dir?« »Ich will sie rufen, Vater.«
Und da fühlte er sich losgelassen. Eine lange Minute saß er allein. Wehen Hauchen. Sehnsüchtig empfing er die Berührung an seinen Schultern, seiner Stirn, ein langes zitterndes Anpressen an sein Gesicht. »Janina, bist du Janina?« Das antwortete lange nicht, ließ nicht von seinem Kopf, schluchzte: »Ja, ich bin Janina.« »Liebe Janina. Liebe Janina.« »Vater.« »Bist du da, Janina. Bist du wirklich da. Mein süßes Kind.« An seinem Körper neben ihm schwang es, hielt sich fest. »Wo hast du Jourdane gelassen?« »Wir können nur einzeln kommen.« »Komm öfter, Janina.« »Wir sind so oft da, Vater. Du siehst uns nicht, du hörst uns nicht, du fühlst uns nicht.« »Ich fühl’ dich ja.« Da schwankte sein Oberkörper wie ein Mast im Sturm. Sein Rückgrat hielt nicht mehr. Er fiel zurück.
Am andern Morgen ließ er die beiden Frauen, die mit den Töchtern zusammen waren, zu sich kommen. Er war verwandelt, sprach sanft zu ihnen. Sie möchten öfter im Haus bei ihm sein. Aber leise gehen, damit er Jourdane und Janina höre, wenn sie kämen.
Sie kamen öfter. Die zarten abgeschiedenen Seelchen. Lächelnd saß er im Stuhl, bewegte sich nicht. Er streichelte den alten weinenden Frauen die Hände.
Den Werktätigen und Ruhenden, Fabrikherren, Weißen und Farbigen ließ er sagen, daß er zu ihnen sprechen wolle. Marke gab nach kurzem Zögern dem Drängen des Senats nach.
MIT IHM begann die Reihe der Konsuln in Berlin.
Er wirkte klar, allen sichtbar und verständlich. Gelöst wurden die Verbindungen mit anderen Stadtlandschaften und fremden Staaten. Nur die wurden aufrecht erhalten, die der unmittelbaren Erhaltung der Volksmassen dienten. So die für die dynamische Kraft, die, in Skandinavien und den Alpen aus Wasserstürzen für den ganzen Kontinent gewonnen, herströmte. Die Lebensmittelsynthese, – Marke wollte zuerst die chemischen Laboratorien, die großen Pilz- und Organanstalten niederlegen, – vermochte er nicht zu beseitigen, da die Äkker nicht genügten. Aber er trieb massenhaft Menschen aus der Stadt heraus auf die Felder zur Bebauung, drängte auf Entfernung aller Überflüssigen. Sein Konsulat begann mit der Wehrlosmachung der Stadt. Den Mastenwald an der Peripherie zum Fernschutz brach er ab. Alle Apparate, die der Bewaffnung und Verteidigung dienten, zerstörte er. Darauf erfolgte die staunenswerte, das Herz der Stadt zerreißende, Millionen Menschen, Senat und Volk aufs tiefste erschütternde Sprengung der zentralen Schaltanlagen und Kraftsammelstellen, der unnahbar geschützten, für heilig gehaltenen Energiespeicher. Erst als dies geschah, wußte Senat und Volk, daß sie eine Gewalt über sich gesetzt hatten. Die von fernher laufende Kraft wurde schon außerhalb des Weichbildes der Stadt zersplittert; sie lief von mehreren Seiten an; keine Anlage hatte mehr zur Verfügung als ihre Arbeit erforderte. Der Tod stand auf jeden Versuch eigenmächtiger Kraftspeicherung. Als dies geschah, gaben mehrere der stärksten Herrenfamilien ihre Werke selbst aus der Hand, verloren sich unter die Mengen der Ernährten und Arbeitenden. Aus diesen Kreisen Verstörter wuchsen die späteren Feinde des neuen Stadtwesens.
Berlin erstreckte sich über die meilenweite wellige Ebene zwischen dem unteren Elbetal und der Oder. Es überlagerte die lehmige tonige sandige Fläche, die die letzte Eiszeit bereitet hatte, vom roggentreibenden Fläming, dem Lausitzer Wall im Süden bis zu den wiesenreichen seenbestandenen baltischen Landrücken an der Ostsee. Es schloß Sümpfe Wälder Flußläufe in sich ein, Forsten Talzüge, die Baruth-Brücker Niederung, die Duberower Berge, die Kiefern Eichen Birken hochtrieben, das Höhenland der Havel, die dürre Zauche mit dem Schwielow- und Rietzer See. Den Oderbruch und Küstrin erreichte es im Osten. Das flache Rhinluch, das Havelländische Luch umzogen seine Anlagen, Schwedt und Prenzlau im Nordosten, die das sumpfige Höhenland der Uckermark im Nordosten trug, überlief es mit seinen Außenmarken.
Die Stadtschaft hatte zahllose weite Plätze und riesige Straßenkreuzungen. Mächtig wirkte an den großen öffentlichen Stellen das feierliche Bild eines Stiers, der in die Knie gebrochen war. Ein armlanges Messer stak in seiner linken Flanke. Einmal am Vor- und Nachmittag brüllte die Säule, stark wie eine Schiffsirene, täuschend ähnlich in Schrei und gliederlähmender Angst dem Ton eines sterbenden großen Tiers. Sie brüllte
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