Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes
den dämmergrauen Himmel der Ewigen Stadt. Dann kniete sie sich vor ihr Kruzifix und das Madonnenrelief, die beide über dem kleinen Pult neben dem Bett hingen, und betete noch einmal das Ave Maria .
Kurz nach Öffnung der Stadttore ritten Silvia und ihre Mutter durch die Porta del Popolo, um über die Via Cassia zum Lago Bracciano zu gelangen. Rosella begleitete sie und außerdem eine kleine bewaffnete Eskorte. Der Vater wollte noch ein letztes Mal den Astrologen konsultieren und später nachkommen.
Bald hatten sie Rom hinter sich gelassen und ritten durch den taufrischen Morgen. Bauern mit vollbeladenen Eseln begegneten ihnen, andere trieben Schweine vor sich her. Junge Frauen trugen frisches Gemüse in einem Korb auf dem Kopf. Auch Pilger waren schon unterwegs, zerlumpte Bettler und Gestalten mit gierigen Blicken. Leichter Dunst lag über den Niederungen, aber die Hügel glänzten in einem satten Grün, das durchsprenkelt war von rotem Mohn.
Noch bevor die Sonne im Zenit stand, lagen einige Meilen hinter ihnen. Es war heiß geworden, und nun begegnete ihnen kein Mensch mehr. Silvias Mutter tupfte sich die Schweißperlen von der Stirn, und Rosella schlug vor, im Schatten eines nahegelegenen Wäldchens zu rasten und zu frühstücken. Die Mutter nickte. Die Männer der Eskorte ritten voran, suchten nach einem geeigneten Platz. Zwei ließen sich auf den Boden fallen und schlossen die Augen, die anderen erklärten, sie wollten nach Wasser suchen, hier gebe es zweifellos Quellen. Sie verschwanden hinter den Bäumen. Silvia hörte ihre Stimmen noch eine Weile. Dann schienen sie vom Wald verschluckt. Vögelgezwitscher erklang statt dessen, unterbrochen vom Kläffen des Zwergspaniels, den die Mutter unbedingt hatte mitnehmen wollen. Rosella plapperte, ganz gegen ihre Gewohnheit, aufgeregt vor sich hin, während sie die Tragetaschen des Maultiers leerte und den Proviant aus den Körben holte.
Silvia hatte sich auf den Boden fallen lassen. »Papa wird uns hier nicht finden«, sagte sie zu ihrer Mutter, die, auf dem Rücken liegend, verärgert die Fliegen verscheuchte.
»Doch, doch«, rief Rosella.
»Wie ich ihn kenne, wird dein Vater gar nicht vor heute mittag aufbrechen«, antwortete die Mutter und schloß seufzend die Augen.
Das Hündchen bellte noch immer aufgeregt. Rosella fauchte es an und trat nach ihm, um das Gekläffe zu beenden, aber erst als Silvia es auf den Arm nahm, beruhigte es sich.
Rosella schaute sich um und verschwand dann hinter einem Busch, um, wie sie rief, ihre Notdurft zu verrichten. Aber kaum war sie verschwunden, stieß sie einen lauten Schrei aus. Die beiden gerade noch vor sich hin dösenden Soldaten sprangen auf, griffen nach ihren Waffen. Silvia schaute sich verwirrt um und flüchtete sich zu ihrer Mutter – da stürzten schon drei Männer hinter dem Gebüsch hervor. Verfilzte Haare, Stoppelbart, vor Schmutz starrende Kleidung – doch aus edelsten Stoffen! Für einen Augenblick schien Silvia alles unwirklich, überlaut hörte sie ihren kleinen Spaniel bellen, und schon befand sie sich mittendrin im blutigen Handgemenge. Die beiden Schutzsoldaten versuchten noch zu kämpfen, aber dem einen schlugen die Wegelagerer die Hand ab, bevor er sein Schwert heben konnte, dann rammten sie ihm einen Spieß in die Brust, dem anderen spalteten sie den Kopf. Auch das Hündchen mußte sterben, mit einem Streich schlugen sie es in zwei Teile.
Silvia klammerte sich noch immer an ihre Mutter, die um Erbarmen bettelte und Lösegeld anbot. Einer der Männer riß die beiden auseinander und hielt der Mutter den Mund zu, der andere warf Silvia auf den Boden, und ehe sie sich versah, waren schon ihre Hände und Füße gefesselt. Die Mutter wehrte sich mit erstickender Stimme verzweifelt gegen die keuchenden und schnaufenden Männer. Silvia wand sich auf dem Boden und suchte Hilfe zu erspähen. Vergeblich. Als sie laut »Rosella, Rosella!« rief, drückte ihr einer der Wegelagerer den Mund zu und hielt ihr sein Messer an die Kehle. »Ein Laut noch, und ich rasier dich ab«, spie er ihr ins Gesicht. Die Mutter stöhnte und trampelte, während ihr zwei Männer die Kleider vom Leib reißen wollten. Das Messer schnitt Silvia in den Hals; voller Angst und Entsetzen rührte sie sich nicht mehr. Ihre Mutter lag inzwischen halbnackt auf dem Boden, von einem der Männer im Klammergriff gehalten, während der andere ihre Knie auseinanderzudrücken versuchte.
Der Mann, der Silvia gefesselt hatte, griff nun auch ihr
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