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Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes

Titel: Berger, Frederik - Die Geliebte des Papstes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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selbst waren private Rachefeldzüge an der Tagesordnung, und nachts herrschte ohnehin das Recht der schnellsten Dolche. Jeden Morgen fischte man Tote aus dem Tiber. Und gleichzeitig wurden unschuldige Menschen eingekerkert, gefoltert und hingerichtet. Wer sich nicht freikaufen konnte, hatte schlechte Karten. Wer dagegen Dukaten klimpern ließ, dem war der Mord schon verziehen, bevor er ihn überhaupt begangen hatte. Und die Kassen des Papstes brauchten immer Geld.
    Alessandro ging unruhig in der Zelle auf und ab. Wahrscheinlich beruhte alles auf einem Mißverständnis. Oder auf einer Verleumdung. Bald kämen seine Mutter und sein älterer Bruder Angelo und holten ihn heraus. Im Notfall mußten sie einige Dukaten hinlegen. Und dann würde er hocherhobenen Hauptes vor den Heiligen Vater treten: Er hatte das höchste Gut einer Jungfrau gerettet! Und dabei zwei Verbrecher persönlich den Orkus hinabgeschickt. Noch jetzt zitterte seine Hand, wenn er daran dachte. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er getötet, er, ein Mann der Kurie, der die niederen Weihen bereits empfangen hatte, der einmal, wenn es nach seiner Mutter ging, Kardinal werden sollte … Signora Ruffini hatte er nicht mehr retten können, er fand sie in ihrem Blut, nackt, mit verdrehtem Kopf und klaffender Wunde. Aber ihre bezaubernde Tochter hatte er vor Schändung und Schande bewahrt, die erwachende Rose, die reine Lilie, mit ihren dunkelbraunen, leicht schräg stehenden, ach so verwundeten Augen, wenigstens sie … Er hatte sich als Mann bewährt – und dafür saß er nun im Kerker.
    In der Nacht hatten ihn die sbirren aus dem Stadtpalast der Farnese geholt, über den Campo de’ Fiori geschleppt, wo noch die am Abend zuvor Gehenkten baumelten, und zum Torre di Nona gebracht. Er tobte und beschimpfte den Bargello, aber der lachte nur. Vom Heiligen Vater persönlich sei die Festnahme angeordnet, erklärte er schließlich, der Skriptor Farnese sei nicht zur Niederschrift eines wichtigen breve erschienen, ohne Entschuldigung, und dies nun schon zum wiederholten Male. Es war ein höhnisches, widerliches Lachen, gleichzeitig fast gutmütig, und gerade dieser väterliche Ton steigerte Alessandros Wut noch. Aber es nützte nichts. Die sbirren schleppten ihn über die Engelsbrücke in die Burg der Päpste, in das alte Mausoleum des Hadrian, übergaben ihn dem Kastellan, der ihn mit den Worten »Die Fledermäuse schwirren bald zurück« begrüßte. Mit den Händen ahmte er ihren zackigen Flug nach. »Pst, pst!« machte er und legte einen Finger auf die Lippen. Dann ließ er Alessandro die Fesseln abnehmen und winkte ihn zu sich.
    »Hat sie dich drangekriegt?« flüsterte er ihm ins Ohr.
    Alessandro schaute ihn verständnislos an und wollte aufbrausen.
    Der Kastellan winkte ab. »Vorzugsbehandlung«, flüsterte er, »ein sauberes Bett, regelmäßige Leerung des Eimers, anständiges Essen und genug Wasser.« Dabei rieb er Daumen und Zeigefinger aneinander. »Bei entsprechender Bezahlung, versteht sich, aber Madonna wird sich schon großzügig zeigen.« Er grinste und betrachtete Alessandro, der sich kaum hatte anständig ankleiden können. »Der Heilige Vater will persönlich vorbeischauen und Euch die Leviten lesen. Erst kauft die Familie ein Amt, dann füllt der Herr Sohn es nicht aus – bleibt einfach weg, unentschuldigt. Die Ungläubigen hätten dich dafür gehängt. Aber Seine Heiligkeit ist ja so gütig!« Alessandro trat an eine Schießscharte und schaute nach draußen. Rom lag im frühen Tagesschimmer, rosig eingebettet, als würde es wach geküßt. Die ersten Straßenhändler und Wasserträger hörte er schon brüllen.
    Nein, es war ein schlechter, elend langer Traum. »Meine Kinderchen kehren zurück. Da, siehst du sie?« Der Kastellan wies auf schwarze Schatten, die unters Gebälk krochen. Mit plötzlich veränderter Stimme brüllte er nach den Wachen: »Satansbrut ihr! Führt ihn in seine Zelle, reicht ihm Wasser und Brot und verriegelt die Tür!«
    Wie ohnmächtig war Alessandro in einen kurzen Schlaf gesunken. Jetzt lag er auf seinen Strohsäcken und starrte auf die Balken, über die langsam und suchend ein Insekt kroch. In dem Stadtpalast der Farnese schlief er unter einem samtenen Baldachin, und auch in Capodimonte oder in einer der anderen Burgen der Familie gab es anständige Betten, die vor Ungeziefer schützten, das sich gern nachts von der Decke fallen ließ. Und gegen Wanzen wurde ein Pulver gestreut. Duftkräuter zerrieben. Morgens

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