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Bergisch Samba

Bergisch Samba

Titel: Bergisch Samba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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mit zwei Schaufeln Liebesgeschichten. »Und wo kommen all die Bücher her?«, fragte ich.
    »Aus Antiquariaten. Wir kaufen auch private Sammlungen auf.«
    Ich legte vier Schaufeln von den historischen Romanen nach. »Gibt's denn da nicht Urheberprobleme? Wenn die Maschine aus bereits vorhandenen Romanen neue zusammenmixt?«
    Der Verlagsleiter zuckte mit den Schultern. Komischerweise hatte er wieder einen Cheeseburger in der Hand. Keine Ahnung, wo der so schnell herkam. »Es gibt sowieso keine neuen Geschichten«, erklärte er kauend. »Jede ist schon mal erzählt worden. Im Grunde macht die Maschine nur, was sonst im Kopf des Autors vorgeht. So kompliziert, wie man denkt, ist das gar nicht. Wissenschaftlich erwiesen! Sie mischt zusammen, was sie kennt. Basta.«
    Ich schippte ein bisschen Krimi nach und wischte mir die Stirn. Täuschte ich mich, oder war es wirklich ziemlich warm hier drin?
    »Das machen Sie sehr gut. Nehmen Sie noch was von der Sachliteratur. Da hinten.«
    »Ach, kann man die auch mit Romanen mischen?«
    »Natürlich! Die Leute wollen ja was lernen, wenn sie lesen. Betrachten Sie sich auch als Experimentator. Je besser Ihre Mischungen sind, desto besser machen Sie Ihren Job.«  
    »Dann versuchen wir's doch mal damit!«
    Ich nahm dem Verlagsleiter den Cheeseburger aus der Hand und warf ihn in die rotierende Öffnung.  
    »Was haben Sie getan?« Der Mann wirkte plötzlich furchtbar aufgeregt.
    »Wieso? Ich denke …«
    »Sie können mir doch nicht einfach mein Mittagessen wegnehmen! Und außerdem …«
    Aus der Mischmaschine kam ein dumpfer Knall, dann spuckte das Ding plötzlich etwas Grünliches.
    »Es ist doch sonnenklar, dass sich Bücher nicht mit Nahrungsmitteln vertragen«, schrie der Verlagsleiter und lief rot an.
    »Das ist mir überhaupt nicht klar. Wieso - das …« Ich hatte keine Zeit, weiterzustammeln. Die grünliche Brühe, die das Gerät auskotzte, war plötzlich überall. Es war unglaublich, wie viel davon in dem Behälter war.
    »Wir müssen hier raus!«, schrie der Verlagsleiter, der mit einem Mal totenblass geworden war. »Schnell!«
    Er packte mich an der Hand. Wir rannten durch die Verlagsräume. Auch die Dame in der Rüschenbluse stöckelte angsterfüllt mit uns mit. Endlich erreichten wir das Treppenhaus. Von irgendwo her kam ein mächtiges Donnern; die Mauern des Gebäudes schienen zu zittern.
    »Sie wird explodieren!«, schrie der Verlagsleiter. »Verdammt, sie wird explodieren!«
    Endlich waren wir auf der Straße. Ich drehte mich um. Die grüne Brühe lief mittlerweile die Hauswand hinunter, es donnerte wieder, und plötzlich kamen Flammen aus dem Gebäude. Ich rannte und rannte, aber ich kam nicht von der Stelle, und irgendetwas schepperte. Meine Hand war an ein paar Flaschen gestoßen, die allesamt umfielen, und auf einmal rannte ich nicht mehr, sondern ich saß - und zwar in meinem Wohnzimmersessel.
    Ich richtete mich auf und befühlte meinen Kopf. Er schmerzte.
    Der Fernseher war an, aber leise gestellt. Eine große Limousine in Silbermetallic rollte gerade gemächlich durch eine menschenleere Landschaft. Die Uhr, die auf dem Fernsehgerät stand, zeigte Viertel nach zwölf. Durch das Fenster drang das graue Licht eines Novembertages ins Zimmer.
    Meine Klamotten waren schweißnass. Als ich aufstehen wollte, rutschte ein Stapel Papier zu Boden. Es waren Zeitungen und einige Notizzettel, übersät mit Zahlen. In der Zeitung hatte ich eine Stellenanzeige umkringelt: »VERLAGSLEKTOR GESUCHT«. Daneben lag ein aufgeschlagener Notizblock. Ich entzifferte ein paar Worte in meiner Handschrift. Der Anfang eines Bewerbungsschreibens.
    Alles klar, dachte ich. Du hast wieder mal deine Krise gehabt.
    Wenn das passierte, schnappte ich mir von einem unerklärlichen Zwang getrieben meine spärlichen Aktenordner und rechnete mir vor, was für ein armes Schwein ich doch war. Dass ich in den vielen Jahren meiner freiberuflichen Detektivtätigkeit gerade mal so viel verdient hatte, dass ich nicht verhungert war.
    Dann kam die Phase der Jobsuche. Ich besorgte mir die Wochenendausgabe einer Zeitung (zufällig fand meine Krise fast immer am Wochenende statt) und arbeitete mich durch die Stellenangebote. Spätestens dabei ging die Krise in das über, was ich »den großen Frust« nenne. Ich stellte fest, wie bescheuert doch all die anderen Jobs waren, und damit ich das auch glaubte, schüttete ich ordentlich Früh-Kölsch in mich hinein. Irgendwann machte es dann »Bumm«, und das Ganze

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