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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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Inquisiten!“ befahl der Richter, nahm den Maßstab vom Tisch und näherte sich dem Bauer, der heillos zeterte.
    „Ruhig, Weirather! Es geschieht dir weiter nichts! Wir wollen nur wissen, wie dick dein Schädel ischt!“
    „Das braucht Ihr nicht zu wissen, mein Schädel ischt meine Sach', und die Dicke auch!“
    „Ruhig jetzt! Es ischt gleich geschehen!“
    „Ich mag aber nicht! Zu was willst meine Schädeldicken wissen?“
    „Das kann ich dir schon sagen, Weirather! Ich will wissen, ob du mit deinem Dickschädel und dem Arm dazu durchs Fenstergitter durchschlupfen konntest.“
    „Nicht messen, ich bitt'. Lieber sag ich's freiwillig. Ja, durchkrochen bin ich!“
    „Na, also! Dann ischt die Maßprobe nicht mehr nötig! Also zum Protokoll: Inkulpant gesteht zu, durch das vergitterte Fenster eingestiegen zu sein.“
    Weirather stand nun wieder trotzig vor dem Amtstisch, während der Amtsdiener zur Bewachung an der Thüre blieb. Der Richter forderte den Bauer auf, weiter zu erzählen, doch Weirather blieb stumm.
    „Also, du willst nichts weiter sagen. Auch recht. Es wäre aber besser, wenn du dein Gewissen erleichtern würdest durch ein volles Geständnis. Dem Teufel bischt ja decht verfallen infolge des verübten Verbrechens, der Schwarze wird dich bei lebendigem Leib' holen, mein' ich!“
    Verstockt stand der Bauer.
    „Wie du willst! Aktuar, öffnen Sie das Fenster!“ befahl der Richter, der nun mit dem Aberglauben der Gebirgler rechnete und daraufhin eine Probe machen wollte.
    Weirather wurde unruhig, es quälte ihn eine ersichtliche Angst, und kleinlaut fragte er nach dem Grunde des Fensteröffnens.
    „Warum ich das Fenster öffnen ließ, willst wissen? Das kann ich dir schon sagen. Dem Teufel bischt verfallen und der wird jetzt gleich zum Fenster hereinfahren und dich holen beim lebendigen Leib'. Damit der Teufel leichter herein kann, ischt das Fenster aufgemacht worden!“
    Jetzt zitterte der Bauer an Händen und Füßen, bebend und kläglich schrie er. „Loßt 'n nit einer! Ich sag' alles, macht das Fenster wieder zu!“
    „So fang' nur an zu erzählen!“ gebot schmunzelnd der Richter, der seine Rechnung richtig sah. Ehrenstraßer schloß selbst das Fenster, indes der Aktuar sich wieder schreibfertig machte.
    Zögernd, immer den Blick auf das Fenster gerichtet, begann Weirather zu gestehen, daß er sich durch das Gitter zwängte, eine Fensterscheibe mit Pechpflaster verklebte und dann eindrückte, worauf die Fensterriegel leicht zu öffnen waren.
    „Bischt denn nicht gestört worden bei dieser Arbeit?“ fragte der Richter.
    „Gehört hab' ich wohl etwas, wird wohl ein Knechtl zu den Madelen 'gangen sein. Sell war günstig.“
    „Und dann bischt in die anstoßende Kammer, wo die Truhe steht und hast die Truhe mit dem Schraubenzieher aufgesprengt?“
    „Ja, ganz richtig!“
    „Das Geld hast genommen?“
    „Ischt ja decht mein Geld g'wesen!“
    „Das ischt halt Ansichtssache. Wie bischt denn wieder fort?“
    „Gleich nur hinten außi!“
    „Wieso hinten?“
    „Durch 'n Stallgang und Katschaus!“
    „So, so! Das genügt! Man führe den Inkulpaten in seine Zelle!“
    Weirather warf noch einen sorgenvollen Blick auf das Fenster und ließ sich dann widerstandslos abführen.
    Zur Erledigung dieses Falles ist nur noch nötig, den Amareller in Bezug auf sein Schuldverhältnis zu Weirather zu verhören, dann kann der Inkulpat dem Kreisgericht zur Aburteilung überstellt werden. Und das Verhör ergab, daß Amareller wohl etwas über hundert Gulden dem Geizhals schuldig ist, jedoch nicht mehr, und Weirather ein berüchtigter Wucherer sei. Amareller hätte gern gewußt, ob man den Einbrecher und Dieb schon gefaßt habe, doch wurde ihm keine Mitteilung hierüber gemacht. Daß Weirather, von dessen Verhaftung man in der ganzen Gegend sprach, identisch mit dem Dieb sein könnte, hielt selbst Amareller für unmöglich.
    Nun konnte der dickleibig gewordene Akt per Post an das Kreisgericht abgehen, wohin Weirather im Schubwege transportiert wurde.
    „Eine Nummer wieder einmal glücklich erledigt!“ murmelte befriedigt der pflichttreue Richter.

VII.
    Winter ist's geworden im Tiroler Land, weiß die Fluren, wie die stolzen, himmelragenden Berge. Wer den Winter mit seinen Schrecken gründlich kennen lernen will, darf nicht in der Thalung oder im Amtsstädtchen bleiben, sondern muß in die Höhe wandern, wohin kein Postwägelchen mehr führt, sondern nur schlechte Saumwege, die nach grimmigem Schneefall auch

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