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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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erhielt das Dekret, inhaltlich der Ernennung zum k.k. Landesgerichtsrat mit Versetzung in dieser Diensteigenschaft an das Strafgericht in Innsbruck. Vom letzten Gefangenaufseher bis herauf zum Gerichtsadjunkten kam die Beamtenschaft, um dem verehrten Chef zu dieser hochehrenden Auszeichnung die Glückwünsche zu überbringen, und gerührt dankte Ehrenstraßer für diese freundliche Aufmerksamkeit. Zugleich fügte er aber bei, daß er in seiner Diensteseigenschaft im liebgewordenen Städtchen zu verbleiben wünsche und daher auf die Beförderung Verzicht leisten werde. Die Beamtenschaft staunte, doch freute sie sich, daß der allverehrte Vorstand dem Gericht erhalten bleiben würde.
    Während sich die Kunde vom Verzicht mit Blitzesschnelle im Städtchen verbreitete, schrieb Ehrenstraßer an das Präsidium die Bitte um Belassung in seiner bisherigen Stellung, in welcher er absterben möchte.
    Als einer der ersten Gratulanten aus dem Städtchen erschien Ratschiller, den Ehrenstraßer humorvoll bat, mit einem Schwiegervater, der „nur“ Bezirksrichter zu sein und bleiben wünsche, gütigst zufrieden sein zu wollen.
    „Ich tauge nicht mehr in die Stadt und will Bezirksrichter bleiben!“ fügte Ehrenstraßer hinzu.
    „Und wir können darob nur glücklich sein!“ versicherte Franz.
    Wenige Tage darauf erhielt Ehrenstraßer einen Brief, der ihn unfähig zu jeglicher Arbeit machte. Der alte Richter zitterte schon beim Anblick der Handschrift und die Lektüre machte ihn weinen. Bianca gratulierte zur Beförderung und gestand reumütig ein, schlecht gehandelt zu haben. Der Verzicht auf die Versetzung nach Innsbruck habe ihr die Augen geöffnet, das Herz gerührt und demütig bitte die bisher Verblendete um die Erlaubnis zur Rückkehr an die Seite des Mannes, den sie so schwer gekränkt und nicht verstanden habe. Willig werde sie alles fürder ertragen, auf jegliches Vergnügen verzichten, wenn ihr nur das heißersehnte Glück einer Verzeihung werde, wenn sie zurückkehren dürfe. Eine Stunde später trug der elektrische Funke die Worte nach dem Süden: „Alles verziehen! Kommt sofort! Dein Gatte!“
    Glücklich vereint, wurde Hochzeit gehalten, zu der sich auch die hinkende Doktorin mit ihrem Gatten einfand. Ehrenstraßer blieb Bergrichter, bis zum 70. Geburtstage seine Pensionierung unter Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes erfolgte. Und von Jung und Alt verehrt, verlebte Ehrenstraßer im kleinen, trauten Städtchen den Abend seines Lebens glücklich und zufrieden, genannt der Bergrichter.

Fußnoten:
    [1] Vergl. das geniale Werk von Prof. Dr. Groß: „Handbuch für Untersuchungsrichter.“ Im Gebirge existiert ein Brauch, daß Burschen mit rotverhängten Laternen in die Schlafstuben der Dirnen schleichen und die derbsten Scherze verüben. Es wird behauptet, daß das rote Licht die Leute eher schlafen mache, als daß es dieselben aufwecke.
    [2] Einem Josef Aspdin in Leeds (England) gelang es bei seinen Versuchen, die natürlichen hydraulischen Mörtelbildner, Purzolan- und Roman-Cement, durch künstliche zu ersetzen, unter Beobachtung eines bestimmten Mischungsverhältnisses und einer entsprechend hohen Temperatur beim Brennen ein Produkt zu erhalten, das sich als ganz hervorragendes hydraulisches Mörtelmaterial erwies. Aspdin benannte es „Portland-Cement“, weil es, wenn es in Wasser erhärtet, einem vorzüglichen Baustein jener Gegend, dem „Portlandstone“ in Farbe und Haltbarkeit auffallend glich. Vergl. Dr. . Schoch, Die moderne Aufbereitung und Wertung der Mörtel-Materialien.
    [3] In den Alpenländern deutscher Zunge bis hinein nach Niederbayern sagt das Bauernvolk „Okta“ für Notar.
    [4] Dieser Aberglaube ist heute noch im Bergvolk verbreitet, man glaubt an die unfehlbare Wirkung, doch bringe solcher Frevel, weil ein Bund mit dem Teufel, einen schweren Tod mit sich. Der Betreffende könne erst dann sterben, wenn ein Priester die Hostie wieder aus der Hand herausschneide, in welchem Moment die Schußsicherheit verloren gehe und der Bund mit dem Teufel wieder aufgehoben werde. Näheres hierüber bei Dr. Höfler , Volksmedizin und Aberglaube, 1888.
    [5] Allgemein wird am Amtstag in Streitfällen eine sog. „mündliche“ Vorladung des Gegners verlangt; diese „mündliche“ Vorladung ist aber eine schriftliche, die jedoch nicht wie alle übrigen Ladungen durch das Gericht, sondern durch die Klagspartei zuzustellen ist. Ein Erscheinen auf solche „mündliche“, i.e. schriftliche Ladung zum

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